Schloss Heeren kocht mit märchenhaftem Weihnachtsmarkt und „brennendem Herz“ auf der Rock-Bühne
von Katja Burgemeister | Fotostrecke >>>
Kamen-Heeren-Werve. Die komplette Bühne qualmte wie ein riesiger Drachenschlund. Der Mikrophonständer ließ sich nur mit Handschuhen greifen, sonst wären den Sängern von „Burning Heart“ die Hände festgefroren. Und direkt daneben war die Gräfte des rosa angestrahlten Wasserschlosses vollständig vereist. Ein Winterwunderland sondergleichen hatte am Wochenende das Schloss Heeren für seinen Weihnachtsmarkt zu bieten. Der erste, der über zwei Tage ging. Und der erste, der vom Schloss und Britta Timm in Eigenregie gestemmt wurde.
Randvoll war der Innenhof der historischen Vorburg, als die Lokalmatadoren von „Burning Heart“ aufspielten – in dicken Winterjacken, Mützen und Handschuhen. In den zweistelligen Minusbereich waren die Temperaturen da längst gesackt. Nicht allerdings die unbändige Feierlust der Heerener. Die tanzten und klatschten sich warm, sangen die aktuellen und etwas zurückliegenden Charthits enthusiastisch mit. Und sie sorgten für reißenden Absatz am Stand der Rotarier, die heiße Getränke mit allen möglichen Sorten Schuss am Fließband zubereiteten.
Das war der Höhepunkt des ersten Tages, der auch jenseits der Bühne einiges zu bieten hatte. Vor allem lokales Kunsthandwerk in allen Varianten. Schmuck mit Heerener Lokalcholorit, Häkel- und Strickbegeisterung, heitere kleine Kunstwerke auf Holz oder ein neues leuchtendes Leben für antike, ausgediente Objekte. Tedddybären, Engel, glasierte Drachen: Hier konnte jeder noch in fast letzter Minute finden, was auf dem Gabentisch noch fehlt.
Spannend waren aber auch die Seitenblicke. In einem Nebenraum hatten etwa die Freimaurer ihrer sonst nur für die „Brüder“-Mitglieder vorbehaltenen Räume geöffnet. Seit gut einem Jahr logiert die Johannisloge „Phoenix zu den Drei Lichtern“ im „Orient Kamen auf Schloss Heeren“ mit aktuell 14 aktiven Brüdern. Nach jahrhundertealten Riten werden die Zusammenkünfte zelebriert, deren Details streng gehütet werden und längst eigene Mythen bilden. Entstanden aus den Dombauhütten des Mittelalters und dem Kult der Tempelritter, widmen sich „die Suchenden“ in dieser Gemeinschaft der eigenen Charakterbildung, philosophischen Themen und dem Anspruch der Humanität. Das alles mit faszinierenden Requisiten, die wie aus einem Geschichtsbuch anmuten.
Weniger Euphorie verursachte hingegen das mechanische Rentier, das vergeblich auf mutige Teams für die Dorfmeisterschaft wartete. Vor allem mutige Kinder wagten sich auf den Rücken des künstlichen Tieres, das mit jeder Umdrehung immer mehr in Wallung geriet und ausnahmslos jeden irgendwann in die weichen Luftkissen abwarf. Dabei wurde immerhin jedem Akteur ganz ordentlich warm. Nikolaus und Kasperletheater warteten am Sonntag mit Überraschungen. Hübsch machten sich auch die flugs organisierten eigentlichen Erdbeerverkaufsstände als Weihnachtsbuden. Wer allerdings die noch verbliebenen Erdbeer-Angebote tatsächlich hätte kaufen wollen, der hätte mindestens Tiefkühlkost mit nach Hause genommen.
Das Schloss bot einmal mehr die märchenhafte Kulisse – zufällig unterstützt vom gewaltigen Aufmarsch der lokalen Landwirte, die mit weihnachtlich geschmückten Treckern auf dem Weg durch den Nordkreis auch in Heeren-Werve Station machten und nebenbei auf diverse politische Brisanzen aufmerksam machten. Fotostrecke >>>