Hansemarkt-Wochenende verging wieder wie im Fluge - Veranstaltung traumhaft, Umsätze mit Note "befriedigend"
von Alex Grün
Kamen. Und schon sind sie wieder weg, die Spielleute und Gaukler, die Ritter und Handwerker, die fahrenden Kaufleute und die reisenden Marktbeschicker. Wie im Flug verging das Hansemarkt-Wochenende, als wäre alles nur ein kurzer Traum gewesen. Traumhaft war die Veranstaltung allemal wieder, die Erfolgsbilanz der Fahrensleute indessen eher durchwachsen.
Gut besucht war die 14. Ausgabe des Hansemarktes ohne Zweifel, die Veranstalter schätzen die Besucherzahlen auf 15.000 bis 20.000. "Etwas weniger als im letzten Jahr, aber insgesamt ordentlich", sagt Jörg Höning vom Fachbereich Kultur, der von städtischer Seite für die Veranstaltung verantwortlich zeichnete. Wäre der Samstag nicht so tropisch warm gewesen, wären sicherlich noch mehr Besucher gekommen, ist Höning überzeugt. Trotzdem ist man seitens der Veranstalter zufrieden, denn der Sonntag hat vieles wieder 'rausgehauen, was am Samstag an Umsatz flöten ging - dafür sorgte nicht zuletzt auch der Verkaufsoffene Sonntag, der zeitgleich in die City lockte. Auch von dem Umstand, dass Teile des Hansemarktes in die Fußgängerzone gelegt wurden, hätten alle profitiert, so Höning. Denn ab 13 Uhr waren Sonntagsbummler und Hansemarkt-Fans gleichzeitig auf den Beinen und sorgten auch außerhalb des alten Marktes für eine rappelvolle Innenstadt.
Das Hitze-Problem vom Samstag war unter den Marktbeschickern in aller Munde. Auch Hans Poos, der mit seinem nostalgischen Foto-Atelier angerückt war, verzeichnete erst am Sonntag einträgliche Umsätze. Mit seiner antiquarischen Calumet-Plattenkamera erzeugt der Profi-Fotograf, der ein Studio in Gelsenkirchen betreibt, Bilder im Design des 19. Jahrhunderts - nur schneller geht's bei ihm, innerhalb von zehn Minuten halten seine Kunden, die sich vorher aus Poos' antikem Kleiderfundus bedienen, die "gefakten", sepiafarbenen Bilder im Historien-Look in Händen. Das Innenleben seiner Kamera ist zwar weitgehend digitalisiert, die Grundtechnik basiert jedoch wie zur Kaiserzeit auf dem Gebrauch von Belichtungsplatten. Für den Niederländer, der einige Jahre in Kamen lebte und zum zweiten Mal dabei war, ist seine alte Heimat nach vielen Jahren des Umherreisens durch alle Bundesländer mittlerweile wieder eine feste Anlaufstelle, der Hansemarkt 2025 steht schon jetzt auf seinem Terminplan. Auch Poos, der mit seinem Nostalgie-Studio auch auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt vertreten sein wird, machte das drückende Wetter am Samstag für den etwas schlappen Hansemarkt-Start verantwortlich.
Tahssin Aziz, der an seinem Basar-Stand orientalische Waren wie Schmuck, Lampen oder Parfüm sowie ägyptische Figuren im Sortiment hatte, sieht das ähnlich. Mit dem Sonntag sei er ganz zufrieden, der Samstag sei dagegen weniger einträglich gewesen - wahrscheinlich aufgrund der hohen Temperaturen, wie auch Aziz vermutet. Das Hitze-Problem hatte Kevin Grimmer an seinem Stand "Speisekammer" gleich doppelt. Denn einerseits vertrieben die hohen Temperaturen die Kundschaft, andererseits musste er hinter seiner heißen Reibekuchen-Friteuse sozusagen in doppelter Hitze schwitzen. Dafür hat er auf dem nächsten Weihnachtsmarkt als einer der wenigen einen warmen Arbeitsplatz.
Die Hitze am Samstag war das eine, einen weiteren Hemmschuh für den Umsatz sehen andere in der Inflation: "Umsatzmäßig ist das heute kein Vergleich mehr zu den Anfängen", bedauert Silke Brenner, die den Hansemarkt seit 2009 mit ihren Wurstwaren bereichert. Auch Hans Günther von der "Räucherei" ist seit vielen Jahren Stammgast in Kamen und bestätigt diesen Eindruck. Beide waren im Großen und Ganzen trotzdem zufrieden und wollen im nächsten Jahr wieder dabei sein - "allein schon, weil die Atmosphäre hier immer so toll ist", wie Silke Brenner treffend bemerkt. So sieht es auch Wolfgang Triller, der etwas abseits auf der Südseite des Marktes seine exklusive Wunslauer Keramik feilbot - kein Allerweltsprodukt, sondern von insgesamt nur 35 Manufakturen handbemalt, handgeformt und feuerfest gefestigt, mit weltweiter Fangemeinde, und dementsprechend teuer. Die Energiekrise habe das Produkt zusätzlich verteuert und für verhaltenen Absatz gesorgt, erklärt Triller. Das war auch in Kamen nicht anders, der Umsatz, den er an diesem Wochenende gemacht habe, haue ihn nicht um, trotzdem werde er auch künftig Stammgast bei dieser charmanten Kamener Veranstaltung bleiben, sagt Triller.
Ein erfreulicher Anblick waren spielende Kinder am Marktbrunnen, was angesichts der üblichen Zustände in dieser Ecke des Marktes ansonsten keine Selbstverständlichkeit ist. Am Wochenende kam das einzige Gebrüll, das man auf dem alten Markt hörte, von den Hansemarkt-Rittern, wenn sie in ihren Schaukämpfen aufeinander losgingen. Nicht zuletzt die verstärkte Präsenz von Ordnungsdienst und Polizei trug wohl ihren Teil dazu bei. Stör- oder Notfälle gab es trotz der brütenden Temperaturen am Samstag nicht, man habe lediglich das ein oder andere Pflaster kleben oder einen Wespenstich versorgen müssen, berichtet Rettungssanitäter Andreas Tarne vom DRK-Ortsverein Kamen. Auch die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes konnten auf Anfrage keinerlei nennenswerten Vorfälle vermelden. Es habe lediglich einen Fall für die Helfer gegeben: Ein volltrunkener Mann aus der sogenannten Trinkerecke war am Sonntagnachmittag kollabiert und musste stabilisiert werden - ansonsten war "Ruhe im Karton".
Insbesondere für die kleinen Besucher sei die Veranstaltung ein echtes Highlight gewesen, schwärmt Fachbereichsleiter Jörg Höning. So viele Familien mit Kindern wie in diesem Jahr habe er lange nicht auf dem Hansemarkt gesehen. Die zahlreichen Mitmachangebote und Aktionen lockten die kleinen Nachwuchs-Handwerker tatsächlich in Scharen auf den alten Markt. "Umsatz hin oder her, am Ende war es eine runde Veranstaltung, die für die Stadt einfach schön war", sagt Höning - und hat damit eindeutig Recht. Zumal sie mit einigen Parallelveranstaltungen konkurrieren musste, wie dem Stadtfest in Unna, dem Schützenfest in Methler, der Beer Pong-Stadtmeisterschaft in der Stadthalle oder den Spielen von Borussia Dortmund und der Nationalelf. Mitunter gab es aber auch kritische Stimmen: Tobias Leidecker, der mit seinen Kindern über den Markt schlenderte, war etwas enttäuscht über die Getränkeauswahl: Am Stand der Markt-Taverne habe es kein Metbier gegeben, auf das er sich eigentlich gefreut hatte. So musste er mit einem Kirschbier Vorlieb nehmen. Insgesamt sei die Veranstaltung für ihn und seine Familie aber stets eine willkommene Abwechslung und "praktisch vor der Haustür", wie er sagt. Also, um es mit der Band "Torfrock" zu sagen: Nächstes Jahr bitte wieder "Met, bis keiner mehr steht!"
Archiv: 14. Kamener Hansemarkt bei strahlendem Sonnenschein eröffnet
Hansemarkt geht heiter weiter - Verkaufsoffener Sonntag startet um 13 Uhr