Kranzniederlegung und Kunst als Erinnerung an die Kamener Synagoge
Kamen. (wol) Unruhige Zeiten machen auch den geschichtlichen Blick zurück besonders bedeutsam: Solchen Andrang wie diesmal und das quer durch alle Altersgruppen erlebte das traditionelle Gedenken zum Jahrestag des Auftakts der Judenverfolgung am Standort der Kamener Synagoge wohl noch nie. Die Kranzniederlegung fand aber auch ein besonderes Nachspiel. Im Haus der Stadtgeschichte hängt ab jetzt ein Gemälde des verlorenen jüdischen Gebetshauses.
Bürgermeisterin Elke Kappen bewegte mit ihrer einleitenden Ansprache an der Maibrücke spürbar. 86 Jahre sei es her, dass auch in Kamen die Judenverfolgung sichtbar wurde. Einige Kamener Juden überlebten die folgenden Jahre durch Flucht. Aber schon damals nahmen einige Länder Emigranten nicht auf, erinnerte die Bürgermeisterin. Kamen nehme schon durch seine Partnerschaft mit der israelischen Stadt Eilat besonders Anteil daran, wie es aktuell den Menschen dort geht. Diese Anteilnahme aber beziehe sich auf die Menschen dort, nicht auf das politische Handeln des israelischen Staates, unterschied sie deutlich. Dass die geopolitische Lage den Boden wieder fruchtbar mache für Gewalt und Ausgrenzung, sorge sie.
Gemeinsam mit ihren beiden Stellvertretern Manfred Wiedemann und Rainer Fuhrmann legte Elke Kappen einen Kranz an der Gedenktafel am ehemaligen Synagogenstandort nieder. Einen weiteren fügten im Namen des Fördervereins der Partnerschaft zu Eilat Marlene Labbe, Gökcen Kuru und Ralf Eisenhardt nieder. Viele Bürger, vom SPD-Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek bis zu Kamener Schülern stellten brennende Kerzen dazu. Auch die Verwaltungsspitze der Stadt war komplett vertreten.
Im Anschluss folgte ein ganz besonderer Akt im Haus der Stadtgeschichte. Der Künstler Alexander Dettmar malt sei den 90er Jahren Gemälde verloren gegangener Synagogen, stellt solche Arbeiten auch international aus. Durch Zufall sei er einmal an den Platz einer Synagoge gelangt, an die dort nichts mehr erinnerte. Das hat er in den Folgejahren in vielen Fällen geändert. Für seine Gemälde tauchte er ein in die Architektur der verschwundenen Synagogen, in ihre Geschichte und ihre religiöse Bedeutung.
Auch sein Bild der Kamener Synagoge entstand nicht als Auftrag sondern im Rahmen seines ganz persönlichen Projektes, in das er viel Kraft steckt. In Kamen wuchs die Idee, dieses Gemälde zu erwerben und in Kamen auszustellen. Die Kulturstiftung der Sparkasse ermöglichte den Kauf, aber auch der Förderverein des Museums unterstützte die Idee sofort.
Alexander Dettmar kam selbst nach Kamen zur Übergabe und nahm gleich auch am Gedenktag des Pogroms teil. Er habe sich sofort in Kamen verliebt, so sympathisch sei er hier aufgenommen worden, erzählte er dabei. Auch ihn habe beeindruckt, wie viele Kamener sich für das Gedenken eingefunden haben. Auch ihm selbst war während seiner Ansprache im Haus der Stadtgeschichte anzumerken, wie sehr auch heute noch der Schrecken des Nationalsozialismus berührt, den er mit Zitaten aus dem Abschiedsbrief von Stefan Zweig wachrief.
Der Kamener Historiker Klaus Goehrke machte in einem Vortrag zusätzlich deutlich, dass der Schrecken und Terror jener Zeit auch in Form von teils tödlich endender Zwangsarbeit an Kamen keineswegs vorübergegangen ist. Das Gemälde der Synagoge bietet nun einen neuen Weg der Erinnerung.