von Maria-Luise Steffan
Kamen. Seit Sommer 2013 ist Kamen Mitglied im Westfälischen Hansebund. Die Gästeführer-Gilde Kamen vertrat ihre Heimatstadt auf dem Hansetag am 7. und 8. September in Rüthen. Im Mai dieses Jahres wird sie auf zwei Hansetagen ebenfalls die Kamener Interessen wahrnehmen, auf dem Westfälischen Hansetag in Soest am 10./11. Mai und dem „großen“ Hansetag in Lübeck vom 22. - 25. Mai. Anläßlich dieser beiden Hansetage wird die Gästeführer-Gilde Kamen eine Reihe von Artikeln über die Hanse und Kamens Rolle darin veröffentlichen.
Heute beginnen wir mit einem Beitrag von Maria-Luise Steffan, der Ersten Vorsitzenden der Kamener Gästeführer-Gilde.
Der Kaufmann de Camen
Die Stadt Kamen war vom 13. bis zum Beginn des 15. Jh. eine blühende Stadt mit hoher Wirtschaftskraft, die nach Hamm an 2. Stelle in der Grafschaft Mark stand. Da bei der Eroberung des deutschen Ordenslandes viele Westfalen, unter ihnen auch Männer aus Kamen, beteiligt waren, ist es nicht verwunderlich, dass die Kamener Hansen ihre Hauptgeschäftsfelder in den östlichen Ländern hatten. Sie waren dort so angesehen und erfolgreich, dass sich einige in Lübeck und in den Städten, in denen die Hanse Niederlassungen unterhielt, verheirateten und dort das Bürgerecht erwarben. Beispielhaft ist hier die Geschichte des in Kamen geborenen Kaufmanns Claus de Camen. Er war der Führer einer aus Kamen eingewanderten und sich von dorther ständig ergänzenden großen Sondergruppe unter den Lübecker Stockholmfahrern, dem „Kamener Kreis“.
Nordeuropa und die Hansestädte um 1400
In der ersten Hälfte des 14. Jh. nach Lübeck eingewandert, war sein Hauptgeschäftsfeld der Handel auf der Linie Stockholm, Reval, Gotland. Er war übrigens nicht der erste Kamener in Lübeck; er war vermutlich in Anlehnung an die Kamener Johann Metelerer und Arnold Suderland, die beide in Lübeck Ratstitel erwarben, emporgekommen. Claus wird in den Zolllisten als der Befrachter der meisten zwischen Lübeck und Stockholm laufenden Schiffe genannt. Er kann als der hervorragendste Repräsentant eines hansischen Buttergroßhändlers gelten. Der Wert seiner ausgewiesenen Ostseebutterausfuhr, die fast ausnahmslos auf Flandern zielte, belief sich 1368 auf mehr als 1200 Mark und 1369 auf etwa 1000 Mark. Abgesehen von der Butter bildeten schwedische Metalle die Hauptartikel seines Handels. Unbedeutend waren dagegen seine Bezüge an Tran und Häuten. Die geringen Mengen an Pelzwerk, die nach Flandern gingen, stammen vielleicht aus Reval und nicht aus Schweden. Der West-Osthandel Claus de Camens beruhte wie aller Großhandel dieser Jahre auf dem Geschäft mit flandrischem Tuch. 1368/69 bezog er außerdem nicht geringe Mengen Öl aus Flandern. In den Jahren 1368/70 erscheint der Name Claus de Camen gelegentlich im Schonen-Handel. Ab 1379 gehörte er für einige Jahre zu den führenden Großimporteuren von Heringen. So durchsichtig der in Zolllisten festgehaltene Handel ist, so sehr bleiben die meisten sonstigen Nachrichten über diesen Kaufmann leider zusammenhanglos. In den 1370er Jahren finden wir ihn als Partner eines Lübecker Schiffers. Zusammen mit seinem Verwandten Arnold Sparenberg kaufte er 1371 ein außerordentlich wertvolles Schiff. Aus den Auf- und Ausbaujahren seines Unternehmens in der 1360er Jahren wissen wir, dass er schon 1364 ein Haus in der Fischerstraße in Lübeck kaufen konnte, das er bis zu seinem Tode bewohnte. Anderen Haus- und Grundbesitz, der teilweise aus Verpfändungen von Schuldnern stammte, verkaufte er bald wieder. Über die persönlichen Verhältnisse Claus de Camens wissen wir nur sehr wenig. Er war verheiratet mit Gerdeke, der Witwe des Lübecker Bürgers Albert Mentße. Sie verstarb 1387. Claus de Camen war 2 Jahre zuvor gestorben, im Frühjahr 1385, ohne ein Testament zu hinterlassen. Es wird vermutet, dass er wie viele ehemalige Kamener sehr spendenfreudig war und manch Lübecker Taler zum Ausbau der gotischen St. Severinskirche (1380 erbaut) in Kamen verwendet wurde.
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