-Anzeige-

Anzeige

„Darf ich…“ wegen Teilnahme an der Anti-Corona-Demo fristlos entlassen werden?

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in "Darf ich?"

darf ich500Titel "Darf ich?" enthält Datei: #166484651 | © pixelkorn / Fotolia.comDer Fall des Basketballspielers Joshiko Saibou

von Julian Eckert

Bonn/Berlin. Der Basketball-Proficlub „Telekom Baskets Bonn“ hat kürzlich seinen Spieler Joshiko Saibou fristlos entlassen, nachdem dieser am Wochenende an der Anti-Corona-Demonstration in Berlin teilgenommen hatte. Jetzt wird der Fall wohl vor dem Arbeitsgericht landen. Wir fragen: „Darf ich…“ wirklich wegen einer Demo-Teilnahme gekündigt werden?

Der Verein „Telekom Basktes Bonn“

Der Bonner Profi-Basketballverein zählt zu den erfolgreichsten deutschen Mannschaften und war achtmal Finalteilnehmer in der Basketball-Bundesliga. Im vergangenen Sommer wechselte der 1990 in Berlin geborene Nationalspieler Joshiko Saibou zu dem Bonner Club und erhielt einen Vertrag, der eigentlich bis Sommer 2021 laufen sollte. Eigentlich, denn der Spieler wurde vom Verein im August 2020 fristlos gekündigt.

Teilnahme an Anti-Corona-Demonstration

„Ich habe gestern einen Anruf bekommen, dass mir fristlos gekündigt wurde, weil ich privat an einer Demonstration in Berlin teilgenommen habe“, erklärte Saibou auf seinem Instagram-Account. Für ihn sei dies eine unglaubliche Sache, da er zwar Basketballspieler, aber „in erster Linie ein Mensch“ sei mit dem „Recht auf eine freie Meinung“. Sein ehemaliger Arbeitgeber begründet die Entlassung mit „Verstößen gegen Vorgaben des laufenden Arbeitsvertrags als Profisportler“. Club-Geschäftsführer Wolfgang Wiedlich sagte, dass die Vereine der Basketballbundesliga derzeit akribisch an Hygienekonzepten für Zuschauer in der nächsten Saison und Arbeitsschutzrichtlinien für die Aktiven arbeiteten. Deshalb könne man ein „permanentes Infektionsrisiko, wie es der Spieler Saibou darstellt, weder gegenüber seinen Arbeitskollegen in unserem Team noch gegenüber anderen BBL-Teams im Wettkampf verantworten“, so Wiedlich. 

Während Virologen in Massenveranstaltungen wie Demonstrationen insbesondere bei Missachtung von Abstands- und Maskenvorschriften die Gefahr der Masseninfizierungen sehen, stieg die Zahl der Neuinfizierten am Donnerstag auf 1.045 - der höchste Wert seit Mai.

Saibous Meinung zur Corona-Pandemie

Die Unstimmigkeiten zwischen Spieler und Basketballclub bestanden nach Medienberichten wohl nicht erst seit dem Wochenende, an dem in Berlin die Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen mit 17.000 Teilnehmern stattfand, an der auch Saibou teilgenommen hatte. Bereits im Mai diesen Jahres hatte Saibou ein Video veröffentlicht, in dem er seine Sicht zur Corona-Pandemie erläuterte. Bereits damals hatte sich Wiedlich im Namen des Vereins von Saibous Aussagen distanziert. Auch Saibous Freundin Alexandra Wester, ebenfalls Profisportlerin, war neulich aufgefallen, als sie über Instagram ein englischsprachiges Video veröffentlichte, in dem sie vor einem „Impfzwang“ warnte, von Anwälten und Ärzten sprach, die wegen „Einsatzes für Menschenrechte in Gefängnispsychiatrien“ landeten und von einer „Horrordroge“ erzählte.

Bei der in Berlin stattgefundenen Demonstration am vergangenen Wochenende waren Saibou und seine Freundin mit dabei und - das wirft ihm der Bonner Basketballverein vor - Saibou soll sich dabei nicht an die bekannten Schutzregeln gehalten haben. Saibou selbst hatte Bilder von der Demo in sozialen Netzwerken geteilt, auf denen er ohne Maske zu sehen war. Zuvor hatte er bereits Aufnahmen von sich und seiner Freundin geteilt, auf denen er in der Bahn oder im Fitnessstudio zu sehen war - jeweils ohne Mund-Nasen-Schutz.

Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit verletzt?

Der Basketballverein wirft Saibou nicht vor, seine persönliche Meinung geäußert oder an einer Versammlung teilgenommen zu haben. Diese Grundrechte stehen schließlich auch nicht zur Disposition eines Arbeitgebers. Der Verein rügt vielmehr, dass Saibou seiner vertraglich vereinbarten Sorgfaltspflicht seinem eigenen Körper gegenüber nicht genügt habe. Niemand will Saibou offenkundig daran hindern, seine persönliche Meinung kundzutun. Er muss sich dabei nur an die geltenden Vorschriften - wie z.B. Tragen der Mund-Nase-Bedeckung - halten, auch wenn er persönlich diese inhaltlich kritisieren mag. Wer gegen die Anschnallpflicht im Auto ist, darf schließlich auch nicht ohne Gurt fahren.

Kann eine Demo-Teilnahme zur fristlosen Kündigung führen?

Diese Frage ist unter Juristen umstritten. Während einige die Verletzung der arbeitsvertraglichen Sorgfaltspflicht bei Profisportlern als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung ansehen, verlangen andere zunächst eine Abmahnung. Dafür sprechen, dass das Verhalten eine sofortige fristlose Kündigung rechtfertigen kann, könnte folgender Aspekt: Mit der Teilnahme an einer Großdemonstration ohne Tragen einer vorgeschriebenen Mund-Nase-Bedeckung oder Abstandhalten setzt sich ein Sportler bewusst nicht nur selbst einer potenziell tödlichen Infektionsgefahr aus, sondern gefährdet Mitspieler, sportliche Gegner, Fans und den Start bzw. Betrieb der gesamten Basketball-Bundesliga. Vereins-Sportmanager Michael Wichterich sagte jüngst, dass ohne Rückkehr in den Spielbetrieb dem Verein das Aus drohe. Wer in der Sache nun Recht bekommt, dürfte wohl bald ein Arbeitsgericht entscheiden: Saibous Ex-Verein rechnet damit, dass der Fall dort landen wird.