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Der zweite Lockdown kommt - neue Maßnahmen ab Montag

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in "Darf ich?"

darf ich500Titel "Darf ich?" enthält Datei: #166484651 | © pixelkorn / Fotolia.comvon Julian Eckert

Kamen/Düsseldorf/Berlin. Die Bund-Länder-Beratungen am heutigen Mittwoch (29.10.) haben Verschärfungen bei den Corona-Regeln ergeben. Angesichts der täglichen Rekordwerte bei Neuinfektionen kommt es zu einem zweiten Lockdown. Merkel sprach von einem „schweren Tag, auch für politische Entscheidungsträger.“ Die neuen Regelungen sollen ab kommendem Montag (02.11.) gelten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in ihrer Pressekonferenz von „einer sehr ernsten Lage.“, die aktuell in Deutschland herrsche. Millionen von Menschen hätten mit Sorge auf die heutigen Beratungen geschaut. Diese Menschen habe man immer im Blick gehabt, einschließlich ihrer Gesundheit und ihrer wirtschaftlichen Lage. „Das Tempo der Verbreitung ist besonders hoch. Wir erleben einen exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen“, so die Kanzlerin. Auch die Zahl der intensivmedizinisch betreuten Patienten habe sich in den letzten zehn Tagen verdoppelt. „Heute wird unser Gesundheitssystem noch mit dieser Herausforderung fertig. Aber wenn es mit dem Tempo weitergeht, ist das binnen Wochen nicht mehr möglich.“ Daher müsse man handeln, „und zwar jetzt, um eine nationale Gesundheitsnotlage zu verhindern.“

Nachverfolgung durch Gesundheitsämter

Das wichtigste Instrument sei dabei die Nachverfolgung von Kontakten zu Infizierten durch die kommunalen Gesundheitsämter. Dies sei aber bereits aktuell nicht mehr überall möglich, da die Gesundheitsämter teilweise schon an ihre Belastungsgrenzen kommen. „Für 75 Prozent der aktuellen Neuinfektionen wissen wir nicht mehr, woher sie kommen“, so Merkel. Die Zahl der Neuinfektionen müsse sich daher jetzt erst stabilisieren und dann wieder deutlich sinken, damit die Nachvollziehbarkeit der Kontakte durch die Gesundheitsämter wieder erfolgen könne. Im März habe man dies bereits einmal durch die Bürgerinnen und Bürger, ihre Vernunft und ihr solidarisches Handeln, aber auch durch staatliche Maßnahmen, erreicht. Dies hätte im Sommer freiere Monate erlaubt. Jetzt gelte es wieder, Kontakte und die Neuinfektionen deutlich zu reduzieren.

„Nationale, befristete Kraftanstrengung bis Ende November“

Merkel nannte die neu beschlossenen Maßnahmen eine „nationale, befristete Kraftanstrengung bis Ende November.“ So lange sollen die neuen Maßnahmen gelten. Merkel und die Ministerpräsidenten seien sich bewusst, dass dies harte, belastende Maßnahmen für das gesamte Land seien. Man habe aber mit dem Blick auf die politischen Prioritäten gehandelt und daher neue Maßnahmen beschlossen. Diese gelten im gesamten Bundesgebiet.

„Effektive Corona-Bremse: Gemeinsam, einheitlich und konsequent“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nannte in seiner Pressekonferenz die heute beschlossenen Maßnahmen eine „effektive Corona-Bremse“. Es handele sich um präventive Maßnahmen, um irgendwann einen Notstand zu verhindern. „Damit unserem Gemeinwesen so wenig Schaden wie möglich beigefügt wird, müssen wir unsere sozialen Kontakte jetzt auf ein Minimum reduzieren.“ Das wichtigste Mittel sei, dass die Kontakte nachverfolgt durch die Gesundheitsämter nachverfolgt würden. Durch das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen seien die Gesundheitsämter bereits an den Grenzen der Belastbarkeit. Heute liege der NRW-weite Schnitt der Neuinfektionen bei 121 pro 100.000 Einwohnern in 7 Tagen. Nur bei bis zu 50 Neuinfektionen könnten Gesundheitsämter allerdings die Nachverfolgung sicherstellen.

Kontaktbeschränkungen

In der Öffentlichkeit dürfen sich nur noch die Angehörigen eines Hausstand und maximal eines weiteren Hausstandes treffen. Diese Zahl darf 10 Personen nicht überschreiten. Verstöße werden geahndet. Die Maßnahmen zu den Kontaktbeschränkungen sollen auch im privaten Raum beachtet werden.

Reisen

Merkel wies dringend darauf hin, auf private Reisen wann immer es geht, zu verzichten. Alle nicht unbedingt notwendigen Reisen sollten unterbleiben. Dementsprechend werden Übernachtungsangebote im Inland für touristische Zwecke untersagt.

Schließungen von Kultureinrichtungen, Gastronomie & Co.

Theater, Opern und Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Schwimmbäder, Saunen, Thermen, Spielhallen, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten, Freizeit- und Amateursportbetriebe, Sportsanlagen und ähnliche Einrichtungen der Freizeitgestaltung müssen ab Montag bis Ende November geschlossen werden. Alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.

Gleiches gilt für Gastronomie- und Schankbetriebe, Kneipen und ähnliche Einrichtungen. Diese müssen ebenfalls schließen. In Restaurants sind nur noch Abholungen oder Lieferungen möglich.

Betriebe der Körperpflege werden geschlossen, Friseure bleiben geöffnet. Dienstleistungsbetriebe sollen ebenfalls eingeschränkt werden, wobei ausdrücklich der Groß- und Einzelhandel nicht betroffen ist. Der Einzelhandel bleibt geöffnet, wobei aber nur einer Person pro 10 Quadratmeter Ladenfläche Zutritt gewährt werden darf.

Unterstützung für die Wirtschaft

Wegen der weiteren Maßnahmen gebe es eine „außerordentliche Wirtschaftshilfe“ für betroffene Unternehmen. Diese sollen bis zu 75 % ihres ansonsten üblichen Umsatzes (Vergleichszeitpunkt: November 2019) vom Staat erhalten. Dies gilt für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Für größere Unternehmen wird wegen des europarechtlichen Beihilferechts die Unterstützung etwas geringer ausfallen, wobei Details noch diese Woche verkündet werden sollen.

Homeoffice und Altersheime

Es soll wo immer es geht, mobile Heimarbeit ermöglicht werden. Besuche in Senioren- und Altersheimen sollen weiter ermöglicht werden. Bereits im Vorfeld kritisierte unter anderem FDP-Chef Christian Lindner die neuen Maßnahmen als „nicht wirklich geeignet, die Pandemie zu bremsen.“

„Harte und bittere Maßnahmen - aber es geht um Menschenleben“

Michael Müller, Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, führte aus, es sei ihm „sehr schwer gefallen, die heutigen Beschlüsse zu fassen.“ Ihm sei bewusst, dass sie zu Zumutungen und Einschränkungen für viele Menschen führen. Im Sommer habe man ein Stück Normalität schon wieder genossen, all dies war möglich in den letzten paar Monaten in der Hoffnung, dass es so weitergehen könne. „Aber so geht es nicht weiter. Wir sind wieder an einem Punkt, an dem wir harte und bittere Maßnahmen treffen müssen. Wir wollen für unser Land das Beste. Wir wollen und müssen Menschen helfen - es geht hier um Menschenleben. Wenn wir jetzt zugucken, werden wir vielen Menschen aber nicht helfen können.“

„Vier-Wochen-Therapie für Deutschland“

Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident, wies darauf hin, dass „all die Prognosen eingetreten sind, die wir seit Wochen befürchtet haben.“ Insbesondere die Einschätzungen der führenden Wissenschaftler hätten sich bestätigt. Dazu habe die Unvernunft einiger weniger geführt. Daher habe man heute abwägen müssen: „Nichtstun oder konsequent jetzt handeln.“ Für letzteres habe man sich entschieden. „Je länger wir warten, desto schwieriger wird es.“ Es gelte, Entscheidungen in Krankenhäusern über Leben und Tod zu verhindern. Die steigenden Zahlen hätten gezeigt, dass das bisher Geltende nicht reiche. „Die Maßnahmen sind zwar kurzfristig hart, aber langfristig das mildere Mittel.“ Abschließend sagte Söder: „Wir verordnen Deutschland eine Vier-Wochen-Therapie und hoffen, dass die Dosis richtig ist.“