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Bundes-Notbremse gilt ab Samstag - das sind die Regeln

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in "Darf ich?"

darf ich500Titel "Darf ich?" enthält Datei: #166484651 | © pixelkorn / Fotolia.comvon Julian Eckert

Update: Der Kreis Unna hat inzwischen bestätigt, dass die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der „Bundes-Notbremse“ ab dem morgigen Samstag (24.04.) vorliegen. Damit gelten die in unserem Artikel beschriebenen Regeln ab morgen.

Berlin/Unna. Die sogenannte „Bundes-Notbremse“ kommt. Da der Kreis Unna seit Wochen über dem Grenzwert von 100 liegt, gelten die Verschärfungen voraussichtlich bereits ab dem morgigen Samstag (24.04.). Wir haben den Überblick...

Fast 28.000 Neuinfektionen binnen eines Tages in Deutschland, über 5.000 COVID-Patienten auf Intensivstationen, knapp 1.600 Corona-Tote innerhalb der vergangenen Woche - die Pandemie ist in Deutschland nicht rückläufig. Dazu die Sorge vor immer neuen Mutationen. Die jüngst in Indien aufgetretene Mutation B.1.617 sorgt für eine dramatische Lage im Land. Indien verzeichnete alleine gestern fast 315.000 Neuinfektionen. Das gefährliche an der auch bereits in Deutschland nachgewiesenen Mutation ist, dass einerseits der menschliche Immunschutz - bspw. aufgrund einer Impfung - unterlaufen werden könnte und sie sich andererseits noch schneller ausbreiten könnte, als die britische Mutation. In Indien wurden binnen vier Tagen 1 Million neue Corona-Patienten aufgenommen, das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Privat-Hospitale bunkern Medienberichten zufolge Beatmungsgeräte, die in den öffentlichen Kliniken Mangelware sind. Landesweit arbeiten die Krematorien rund um die Uhr.

77 % halten Maßnahmen für nicht ausreichend oder angemessen

Mit einer sogenannten „Bundes-Notbremse“ sollen die Neuinfektionen, Todeszahlen und Intensivpatientenzahlen in Deutschland deutlich nach unten gebracht werden. Doch sind die beschlossenen Maßnahmen dafür die richtigen? Einer aktuellen repräsentativen Umfrage von Civey zufolge halten 60,1 Prozent der Bevölkerung die beschlossenen Maßnahmen für eher bzw. eindeutig nicht ausreichend. 17,1 Prozent halten sie für angemessen. 7,7 Prozent sind der Meinung, die Maßnahmen seien eher übertrieben, 15,1 Prozent halten sie für eindeutig übertrieben. Fest steht: Die Regeln kommen. Nach dem Beschluss des Bundestages passierte die Gesetzesänderung zum Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestern auch den Bundesrat, wurde vom Bundespräsidenten unterzeichnet und noch gestern im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit tritt das Gesetz heute (23.04.) in Kraft.

Inkrafttreten im Kreis Unna

Viele der Bundes-Maßnahmen sind an den Inzidenzwert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in 7 Tagen geknüpft, der an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten werden muss. Ausweislich des neuen § 77 Abs. 6 IfSG werden bei der Zählung der drei aufeinanderfolgenden Tagen die Tage vor dem Inkrafttreten des Gesetzes mit berücksichtigt. Für den Kreis Unna bedeutet das: Am Montag dieser Woche (19.04.) lag der Inzidenzwert bei rund 222, am Dienstag bei 219 und am Mittwoch bei 231. Damit gilt der Bundes-Lockdown „ab dem übernächsten Tag“, also ab dem morgigen Samstag (24.04.).

Und das sind die bundesweit geltenden Regeln:

Ausgangsbeschränkungen in der Nacht

Zwischen 22 Uhr und 5 Uhr in der Nacht darf die eigene Wohnung grundsätzlich nicht verlassen werden, wenn die kreisweite 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Bis Mitternacht ist die im Freien stattfindende körperliche Bewegung alleine erlaubt. Ausnahmen von der Ausgangsbeschränkung gelten nur in den folgenden Fällen:

    • Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum
    • Berufsausübung
    • Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts
    • Unaufschiebbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger
    • Begleitung von Sterbenden
    • Versorgung von Tieren
    • oder aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken

Insbesondere gegen die Ausgangsbeschränkungen wurden bereits rechtliche Schritte vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Juristen zufolge könnten die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen insbesondere aus dem Grund vom Verfassungsgericht gekippt werden, da sie einen starken Eingriff in die persönliche Freiheit darstellen, andere Bereiche wie etwa die berufliche Tätigkeit allerdings kaum eingeschränkt wurden. Das Verfassungsgericht könnte hier Juristen zufolge ein Ungleichgewicht zwischen privaten Beschränkungen und Beschränkungen der Wirtschaft monieren. So ist zum Beispiel in Unternehmen, anders als in Schulen, keine Testpflicht vorgeschrieben.

Kontaktbeschränkungen

Weiter eingeschränkt werden auch die zulässigen Kontakte. Neu ist, dass die Kontaktbeschränkungen nun auch ausdrücklich innerhalb der eigenen Wohnung gelten. Bisher waren dies nur Empfehlungen. Die Kontaktbeschränkungen waren bisher lediglich in öffentlichen Bereichen rechtlich verbindlich. Mit der „Bundes-Notbremse“ gilt nun: Bei einer kreisweiten 7-Tage-Inzidenz über 100 dürfen sich Angehörige eines Haushalts nur mit einem weiteren Menschen treffen, inner- oder außerhalb der Wohnung. Kinder bis 14 Jahren werden nicht mitgezählt.

Einzelhandel, Restaurants und Freizeitbetriebe

Bei kreisweiter 7-Tage-Inzidenz von über 100 muss der Einzelhandel, abgesehen von Geschäften des täglichen Bedarfs (Supermärkte, Drogerien, etc.), grundsätzlich schließen. Im noch offen bleibenden Einzelhandel für den täglichen Lebensbedarf müssen Kunden mit einer FFP2-Maske oder einer medizinischen Maske Mund und Nase bedeckt halten. Die Anzahl der Kunden innerhalb des Geschäfts muss reglementiert werden. Für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche ist ein Kunde pro 20 Quadratmeter zulässig. Für die über 800 Quadratmeter hinausgehende Verkaufsfläche ein weiterer Kunde pro 40 Quadratmeter.

Liegt die kreisweite 7-Tage-Inzidenz zwischen 100 und 150, bleibt Click&Meet mit einem negativen Corona-Test erlaubt. Ab Inzidenz über 150 gilt diese Ausnahme nicht mehr. Im Kreis Unna ist Click&Meet demnach aktuell ab morgen nicht mehr erlaubt. Erste Einzelhändler im Kreisgebiet haben Maßnahmen ergriffen und bereits vereinbarte Shopping-Termine am morgigen Samstag wieder abgesagt.

Zulässig bleibt, ohne Rücksicht auf Inzidenzzahlen, Click&Collect. Der Händler muss in diesem Fall aber Maßnahmen ergreifen, um eine Ansammlung von abholenden Kunden zu vermeiden. Restaurants und Freizeitbetriebe dürfen nicht öffnen. Die Abholung oder Lieferung von Speisen bleibt erlaubt. Eine Ausnahme gilt für Zoos und botanische Gärten, die mit einem negativen Corona-Test besucht werden dürfen.

Friseure und körpernahe Dienstleister

Friseure und Fußpfleger dürfen offen bleiben. Erforderlich ist allerdings, dass eine FFP2-Maske oder eine vergleichbare Maske getragen und ein negativer Corona-Test vorgelegt wird, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Andere körpernahe Dienstleistungen dürfen nur zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken in Anspruch genommen werden.

Schulen und Kitas

Bei kreisweiter 7-Tage-Inzidenz von über 100 ist Wechselunterricht vorgeschrieben. Liegt der Wert über 165, ist nur Distanzunterricht erlaubt. Wo Unterricht in Präsenz stattfindet, gilt eine zweimal wöchtentliche Testpflicht. In Kitas ist die Regelbetreuung ab einer 7-Tage-Inzidenz von über 165 nicht mehr erlaubt, es kann nur eine Notbretreuung geben.

Home-Office-Pflicht

Das Infektionsschutzgesetz sieht künftig inzidenzunabhängig eine Home-Office-Pflicht vor. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten Home-Office anzubieten. Nur bei Vorliegen von „zwingenden, betriebsbedingten Gründen“ muss der Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office nicht anbieten. Neu ist auch: Die Beschäftigten müssen ein Angebot des Arbeitgebers für Homeoffice annehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.

FFP2-Maskenpflicht im ÖPNV

In Bussen und Bahnen müssen FFP2-Masken oder vergleichbare Masken (z.B. KN95-Masken) getragen werden. Diese Pflicht gilt auch in zum ÖPNV gehörenden Einrichtungen, also bspw. innerhalb von Bahnhöfen oder an Bahngleisen. Diese Pflicht gilt auch innerhalb von Taxen.

Sport

Liegt die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über 100, ist Sport im Freien nur noch alleine, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes erlaubt. Kinder bis 14 Jahren dürfen in Gruppen von höchstens fünf Kindern gemeinsam Sport treiben.

Touristische Übernachtungen

Die Zurverfügungstellung von Übernachtungsmöglichkeiten zu touristischen Zwecken ist untersagt.

Beerdigungen

Maximal 30 Personen dürfen an einer Beerdigung teilnehmen, wenn die kreisweite 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt. 

Geltungsdauer der Regeln

Der Kreis Unna muss am heutigen Tage noch darüber informieren, dass die Voraussetzungen für die „Bundes-Notbremse“ im Kreisgebiet vorliegen. Erfolgt diese Information - was zu erwarten ist - gelten die Regeln ab morgen (24.04.). Die „Bundes-Notbremse“ tritt spätestens nach dem 30. Juni 2021 außer Kraft.