Methler: Taxifahrer trifft auf "menschliche Litfasssäule" - Freispruch

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. An und für sich geht es eher beschaulich zu in der Spielstraße am Rande von Methler, nahe der Grenze zu Dortmund-Husen. Am Abend des 8. Juni allerdings wurde Anwohner Markus K. (Namen geändert) dann doch sauer auf den Taxifahrer Stefan T.: Wo Schritttempo Pflicht ist, sei T. "gefühlt" 60 km/h gefahren. Und er habe auf ihn - K. zu gehalten. K. habe zur Seite springen müssen, um nicht überfahren zu werden, heißt es in einer Anklage der Staatsanwaltschaft. Denn Markus K. hat Anzeige erstattet.

Die Aussagen, die es jetzt im Amtsgericht zu hören gab, hätten widersprüchlicher kaum sein können. Stefan T., Taxifahrer seit 20 Jahren, nannte die Vorwürfe von Markus K. "an den Haaren herbeigezogen". Es sei so gewesen: K. habe ihm auf der engen, kurzen Straße, die gar keine Beschleunigung auf Tempo 60 erlaube, im Weg gestanden - "wie 'ne Litfasssäule". Stefan T. sagt, er habe angehalten - woraufhin K. auf Dach und Scheibe des Mercedes geschlagen habe. Und Markus K.? Der bekräftigte nochmal den Inhalt seiner Anzeige und der Anklageschrift. Er habe T. an jenem Abend bloß drauf hinweisen wollen, dass in der Straße eben ein gemächliches Tempo zu herrschen habe, und deshalb die Hand gehoben. T. sei an ihm vorbei gebrettert, habe schließlich gestoppt und ihn beleidigt. "Ich habe gedacht, das kann alles gar nicht sein."

Die Anklage gegen Stefan T. spricht von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr sowie Nötigung. Beides traf nach Ansicht des Richters wohl nicht zu, egal, welchem der beiden Männer man nun eher glaubt. Denn nach den Schilderungen des Geschehens in der Verhandlung scheint klar: T. hatte das Taxi nicht gezielt auf Markus K. zu gelenkt; er wollte ihn auch nicht von der Straße vertreiben. Konsequenz: Stefan T. wurde von den Vorwürfen freigesprochen.
Fest stand allerdings für Richter und den Vertreter der Staatsanwaltschaft: T. war deutlich schneller als die erlaubten sieben Kilometer pro Stunde. Wieviel schneller konkret, das ist offen.

Markus K. sagte nach der Verkündung des Freispruchs, ihm sei es nicht so sehr darum gegangen, den Taxifahrer verurteilt zu sehen. Vielmehr sollte der seine Fahrweise überdenken. Die Hoffnung bleibt, dass das Verfahren genau das bewirkt hat.

"Fahrerflucht" ins Kamener Rathaus: 500 Euro Buße

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Markus H. (47, Name geändert) hatte am 17. November 2022 einen Termin im Kamener Rathaus. Als er wieder raus kam, stand auf dem Parkplatz neben seinem 3er-BMW die Polizei. Und seitdem sieht sich H. mit dem Vorwurf konfrontiert, Fahrerflucht begangen zu haben. Fest steht: Sein BMW rammte beim Einparken einen Seat. Folge war ein Schaden von rund 2.300 Euro. Die Frage ist: Hatte H. den Unfall bemerkt, bevor er ins Rathaus verschwand? Er selbst beteuert: Nein, habe er nicht. Jetzt beschäftigte der Fall das Amtsgericht.

Es gibt ein Gutachten. Darin steht: Ob H. das Unfallgeschehen akustisch wahrnehmen konnte, sei fraglich - spüren müssen hätte er dagegen auf jeden Fall etwas. Allerdings: Den Verteidiger H.s erinnerte das Papier "an Textbausteine". Es sei völlig realitätsfremd, eine bewusste Unfallflucht zu unterstellen. Ein Zeuge erklärte seinerzeit, H. sei nach dem Crash noch minutenlang telefonierend in seinem Wagen sitzen geblieben. Es folgte die "Flucht": zu Fuß ins Rathaus. Und nach einigen Minuten kam H. dann eben wieder heraus.

Der Schaden am Seat ist längst reguliert.
Und auch den juristischen Rest erledigte der Richter nun flott: Das Verfahren wird eingestellt, sobald H. 500 Euro Buße an "Sternenland e. V." überwiesen hat. Das ist ein Verein, der trauernden Kindern bei der Bewältigung eines schweren Verlustes hilft.

Frisch operiert - und erst mal Ärger mit der Polizei

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Ein Mittwoch im September vorigen Jahres - für den Kamener Thomas H. (46, Name geändert) war es ein denkbar ungünstiger Tag, sich mit der Polizei oder sonst wem anzulegen. Frisch operiert, war er einige Stunden vorher aus dem Krankenhaus entlassen worden, als es in der Wohnung seiner damaligen Lebensgefährtin hörbar Ärger gab. Eine Streife rückte an, ausgelöst durch den Anruf einer Nachbarin. Thomas H. soll die Beamten beleidigt und bedroht haben, außerdem habe er gegen ihre Beine getreten - so steht es in der Anklage, über die jetzt im Amtsgericht verhandelt wurde. Und es steht noch mehr drin: Vor einer Praxis für Radiologie in Unna habe H. ein Portemonnaie an sich genommen, das eine Frau dort verloren hatte. Darin lag eine Girokarte der Sparkasse, mit der H. wenig später ein T-Shirt für knapp 20 Euro in einem Unnaer Sportgeschäft erstand.

Teils ließ H. im Prozess seinen Anwalt sprechen, teils tat er das selbst. Zu der Sache mit der Geldkarte: Nur diese Karte - und nicht etwa ein komplettes Portemonnaie - habe er gefunden und mitgenommen, um sie später bei der Polizei abzugeben. Im Sportgeschäft habe er sie versehentlich statt seiner eigenen Sparkassenkarte benutzt. Die PIN sei nicht abgefragt worden. Die Karte der Frau warf er später weg, sagt er.

Was den Vorfall in der Wohnung der "Ex" betrifft: Bewusst geschlagen oder getreten habe er die Polizisten nicht. Er habe Alkohol intus gehabt, dazu starke Schmerzmittel. Seine Hände habe er gerade mal bis auf Schulterhöhe heben können. Die Beamten schilderten vor der Richterin eine aggressionsgeladene Atmosphäre; H. sei "von Grund auf anti Polizei" gewesen.

Was sie nicht mit Sicherheit bestätigen oder ausschließen wollten: Ob sie von Beginn des Einsatzes an über H.s Gesundheitszustand Bescheid wussten? H. sagt: Ja, er und die Frau hätten darauf aufmerksam gemacht. In einem Fortsetzungstermin soll seine frühere Lebensgefährtin angehört werden.

Ausgerastet beim Polizeieinsatz: Haft auf Bewährung

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Eigentlich ist der Kamener Jakub H. (31, Name geändert) ein ganz umgänglicher Kerl. Das ändert sich, wenn er Alkohol getrunken hat. Und das spiegelt sich in den Anklagen wider, über die das Amtsgericht jetzt verhandelte. Unter anderem war H. bei einem Polizeieinsatz voriges Jahr vor seiner Wohnungstür ausgerastet. Die Ausgangslage: Ein Nachbar in dem Mehrfamilienhaus hatte die Beamten wegen einer Ruhestörung gerufen. Als die Streife anrückte, war H.s Freundin allein in der Wohnung. Ein Polizist klopfte an - ein bisschen zu energisch, sodass eine mit Plastikfolie beklebte Scheibe in der Tür zu Bruch ging. Ärgerlich, aber kein Drama - für sowas gibt's eine Entschädigung. Doch die junge Frau verständigte per Handy ihren Freund. Der kam zurück und ging laut Anklage mit Stößen, Schlägen, Tritten und Beleidigungen auf die Polizisten los. Er soll auch gespuckt haben, begleitet von dem Hinweis: "Ich habe Corona!" Im Treppenhaus war es eng - es bestand die Gefahr, dass jemand stürzt und ein Stockwerk tiefer landet. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, um die Lage zu befrieden. So weit der Hauptanklagepunkt. Bei anderen Gelegenheiten hatte Jakub H. ein Schaufenster in der Kamener Innenstadt eingeschlagen sowie Stress gemacht, als er am Markt einen Platzverweis bekommen sollte, nachdem er sich in einen Polizeieinsatz eingemischt hatte.

In der Gerichtsverhandlung stritt H. die Vorwürfe keineswegs ab. Er hielt sich zurück - und ließ seinen Verteidiger die Sachlage erklären. Was die Aggression während des Polizeieinsatzes bei ihm zuhause angehe, seien wohl Missverständnisse über das Geschehen vor seinem Eintreffen ein Auslöser gewesen. Die Freundin könnte bei der Schilderung am Telefon übertrieben haben. Und in puncto "demoliertes Schaufenster" habe wohl schlicht Alltagsfrust unter Einfluss von Alkohol seinen Ausdruck gefunden. In Sachen "Markt" schließlich wurde das Verfahren eingestellt - wegen Geringfügigkeit: Eine rechtliche Würdigung hätte aufs Urteil auch keinen Einfluss mehr gehabt.

Dieses Urteil lautete: zehn Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Jakub H. muss als Auflage 800 Euro an die Landeskasse zahlen und Kontakt zur Suchtberatung aufnehmen. Die Bewährungsfrist dauert drei Jahre. Erst im Juni 2024 läuft eine solche Frist aus einer früheren Verurteilung auf Bewährung ab. H. hatte sie wegen gefährlicher Körperverletzung bekommen - ebenfalls zehn Monate. Und wegen Beleidigung und Drogenbesitzes hatte es schon Geldstrafen gegeben.

Ein positiver Aspekt: H. hat einen festen Job bei der Müllabfuhr.

"Tourist" auf Klau-Urlaub bei Brumberg

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Der Mann, der im April dieses Jahres im expert-Elektrofachmarkt Brumberg an der Kämerstraße herumlief, war mit einem Touristenvisum nach Deutschland gekommen. Der Georgier Dimitri T. (44, Name geändert) nahm Videokameras, Kopfhörer und Navis für fast 900 Euro mit - allerdings ohne zu bezahlen. Zwei Monate vorher hatte er schon bei Berlet in Hamm Modems für 700 Euro in seine Jackentasche gesteckt. Nach dem Vorfall bei Brumberg schickte ihn ein Richter am Amtsgericht Unna erst mal in U-Haft. Da war er bis zu diesem Mittwoch.

Im Kamener Amtsgericht wurde nun über die Diebstähle verhandelt. "Er weiß, dass es ein Fehler war", erklärte T.s Anwalt. Nach den vier Monaten in der JVA wolle sein Mandant möglichst wieder in seine Heimat zurück. "Gelohnt" hat sich der Knastaufenthalt insofern, als im Fröndenberger Justizkrankenhaus erfolgreich eine OP an T.s Hämorrhoiden durchgeführt wurde. Eigenem Bekunden zufolge geht es T. inzwischen wieder gut.

"Sie waren zum Klauen hier", umriss der Vertreter der Staatsanwaltschaft kurz und bündig den Zweck von T.s Einreise nach Deutschland. Sein Vorschlag: elf Monate Haft - dann Abschiebung. Der Verteidiger führte allerhand Milderungsgründe an: Die geklauten Sachen wurden zurückgegeben, es gab ein Geständnis, die Zeit in U-Haft habe ihre Wirkung auf den bislang nicht vorbestraften Mann gehabt.

Der Richter entschied: neun Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung. Ob T. das Gerichtsgebäude später als freier Mann verlassen durfte, entschied sich erst nach Telefonaten im Anschluss an den öffentlichen Prozess. Grund: ein durch die Akten geisternder Haftbefehl des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten wegen eines Raubdeliktes.

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