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Prozess um Kopfstoß: Nase lädiert - aber 2.000 Euro reicher

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Florian H. (Namen geändert) hat im April durch einen Kopfstoß seines Rivalen Marvin K. einen Nasenbeinbruch erlitten. "Es war alles voller Blut." Dafür verließ er jetzt das Kamener Amtsgericht 2.000 Euro reicher, als er reingegangen war. Denn diesen Betrag händigte Marvin K. ihm als eine Art Wiedergutmachung und Schuldanerkenntnis aus. Für Marvin K. hatte das den Vorteil, ein mildes Urteil zu bekommen: eine Geldstrafe von weiteren 2.100 Euro - die er aber nur zu zahlen braucht, wenn er in den kommenden zwei Jahren nochmal ähnlichen Mist baut.

Zu dem Kopfstoß war es am Abend des 10. April in der Nähe des Heerener Holzes gekommen. Freundlich untertrieben lässt sich sagen: Florian H. und Marvin K. mochten/mögen sich nicht besonders. Das hat mit einer Frau zu tun. Florian H. ist mit ihr zusammen - Marvin K. war es früher. Zusätzlich kompliziert wird das Ganze durch gemeinsames Wohneigentum von Marvin K. und jener Frau. Es gab also allerhand Gründe, aneinander zu geraten. Und eben das passierte an jenem Sonntag.

Florian H. und seine Freundin - Marvin K.s Ex - führten gerade ihren Hund spazieren, als zufällig Marvin K. mit seinem Wagen vorbei kam. "Er hat mich beleidigt und uns verfolgt", sagt Florian H. - anders stellt Marvin K. die Sache dar: Er habe Florian H. für eine Reihe von Nachrichten und Beleidigungen über Fake-Accounts zur Rede stellen wollen, aber H. habe ihn ausgelacht. Den Kopfstoß gibt K. zu.

Die Nase seines Widersachers musste operiert werden; Florian H. war fünf Wochen krank geschrieben. In dieser Zeit schluckte er Schmerztabletten. Bisher hat er keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen Marvin K. geltend gemacht - möglich also, dass noch weitere Zahlungen auf K. zu kommen.

Mutter gestresst, Polizist beleidigt: Geldstrafe

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Serap M. (31, Name geändert) war sowieso schon im Stress am Morgen des 15. Februar. Und vor einer Bergkamener Grundschule geriet sie obendrein in eine Situation, die zu einer Anklage wegen Beleidigung eines Polizisten führte: "Der ist doch bescheuert", soll sie über den Beamten gesagt haben.

Verhandelt wurde über den Fall vor dem Kamener Amtsgericht. Gegen einen Strafbefehl über 1.000 Euro hatte Serap M. Einspruch eingelegt. Als Aushilfe bei einer Textilkette verdient die alleinerziehende Mutter pro Monat knapp die Hälfte dieser Summe.

Freundlich und zurückhaltend schilderte sie nun dem Richter, was los war an jenem verkorksten Morgen. Die Lehrerin ihres Sohnes hatte angerufen wegen eines fehlenden Coronatests, der bitteschön zügig nachzureichen sei, sonst könne der Junge nicht bleiben. Also fuhr Serap M. los, um sich vor der Schule mit dem Kleinen zu treffen und den Test nachzuholen. Dabei parkte sie ihr Auto so, dass der Polizist Anstoß nahm. Er habe sie angeschrien, sagte Serap M.: "Ich habe mich erniedrigt gefühlt." Und da sei ihr eben das Wort "bescheuert" rausgerutscht - allerdings in anderem Zusammenhang: Es sei ein "bescheuerter Tag". Den Polizisten habe sie dabei nicht mal angesehen, sondern andere Leute angeschaut.

Das Vorstrafenregister der jungen Frau ist leer. Ihre Anwältin versicherte glaubhaft, Ausrasten sei "nicht ihre Art". Das Urteil: eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 10 Euro - also nur noch ein Fünftel der ursprünglichen Summe. Der Richter erklärte: Mit einer frühen Entschuldigung an den betroffenen Polizisten wäre wohl sogar eine Einstellung des Verfahrens möglich gewesen. Diese Möglichkeit hatte Serap M. allerdings in den vergangenen sieben Monaten nicht genutzt.

"Bloß geblubbert" bei der Corona-Kontrolle: Anklage für falsche Verdächtigung

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Der 23-jährige Florian H. (Name geändert) ist ein freundlicher Kerl. Sein Vergehen bestand nach den Worten seines Verteidigers darin, dass er "bloß geblubbert hat" - erst gegenüber der Polizei, dann auch als Zeuge vor Gericht. Genau dort fand er sich deshalb jetzt als Angeklagter wieder.

Angefangen hatte der Schlamassel im Mai 2020 in Witten. Damals galten Corona-Regeln, die heute - Massenveranstaltungen sind längst wieder üblich - schon fast surreal anmuten. Florian H. hatte sich mit ein paar Freunden getroffen, im Freien. Sie waren zu viert. Das war zu viel. Die Polizei wurde aufmerksam. Florian H. hatte vorher zuhause etwas Hochprozentiges getrunken. "Ich weiß nicht mehr, was ich der Polizei gesagt habe." Dieses Gesagte drehte sich um den angeblichen Marihuanabesitz eines Bekannten. Es war - wie sich zeigen sollte - völliger Blödsinn. Im Gerichtsprozess um das vermeintliche Drogendelikt vor dem Amtsgericht in Kamen behauptete Florian H. dann, gar nichts dergleichen von sich gegeben zu haben. Auch auf mehrfaches Nachfragen und den Hinweis auf die Strafbarkeit einer Falschaussage blieb er dabei.

Es tue ihm leid, dass er solchen Mist gebaut habe, erklärte er beim jüngsten Gerichtstermin. Dieser Termin war beim Kamener Jugendrichter, weil H. zum ersten "Tatzeitpunkt" vor knapp zweieinhalb Jahren noch keine 21 Jahre alt war. Deshalb sprach auch ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe über den formal erwachsenen Florian H. - er hatte so viel Positives zu berichten, dass sich H.s Anwalt schon scherzhaft seiner Aufgabe beraubt sah: ein "sehr, sehr sympathischer Mensch", ist mustergültig in seiner Ausbildung im Pflegebereich, unterstützt seine Eltern, die von Transferleistungen leben. Und: Florian H. sei sehr sorgenvoll, "fast zusammengebrochen" unter der Last des gegen ihn laufenden Verfahrens. Vorstrafen: natürlich nicht vorhanden.

Und dabei bleibt es. Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt - endgültig wird es das, sobald Florian H. 1.000 Euro Buße an den gemeinnützigen Verein "Sternenland" gezahlt hat. Er kümmert sich um trauernde Kinder und Jugendliche, die den Verlust eines Angehörigen zu beklagen haben.

A 2: Geisterfahrer mit Filmriss

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Etwas weniger Glück am frühen Morgen des 20. März - und der 23-jährige Erol T. (Name geändert) läge womöglich heute auf dem Friedhof: So drastisch drückte es der Kamener Amtsrichter aus. Der junge Mann war an jenem Tag betrunken in einem Mini-Cooper auf der A 2 bei Bergkamen unterwegs, und zwar als Geisterfahrer. Mit knapp 1,7 Promille im Blut hatte er auf dem Seitenstreifen gewendet und war zurückgefahren. Und es lag wohl an der blitzschnellen Reaktion eines entgegenkommenden Polo-Fahrers, dass nichts Schlimmes passierte: Der Mann im Polo wich aus, lediglich die Seitenspiegel berührten sich.

"Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen für meine verantwortungslose Tat", sagte T. im Gerichtssaal. Er habe einen klassischen Filmriss gehabt. Mit Freunden habe er in der Nacht vor dem Unfall in einer Dortmunder Disco gefeiert. Was zwischen dem Verlassen der Discothek und dem Zusammenstoß mit dem Polo passiert sei, wisse er nicht. Ein Freund habe ihm später gesagt, er sei nicht er selbst gewesen. Der Verdacht sei schon aufgekommen, jemand habe ihm etwas ins Glas getan.

Für die Filmriss-Geschichte und völlige Desorientiertheit spricht nach Ansicht von T.s Verteidiger, dass sein Mandant den Wagen wendete, obwohl er schon in unmittelbarer Nähe einer Abfahrt war. Um in die gewünschte Richtung - das heißt: nach Hause - fahren zu können, hätte er also bloß kurz die Autobahn verlassen müssen und auf das waghalsige Wendemanöver verzichten können.

Seit dem Vorfall ist T. seinen Führerschein los - umso unangenehmer, als er vorher im Autohandel beschäftigt war. Das hat sich natürlich fürs erste erledigt. Aber in neun Monaten besteht wieder Hoffnung: Dann endet die Sperrfrist, die der Richter für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis verhängt hat. Dazu kommt eine Geldstrafe: 2.400 Euro soll T. zahlen (120 Tagessätze à 20 Euro). Er könne froh sein, überhaupt mit heiler Haut im Gericht zu sitzen, fand der Richter. Und falls er eine Arbeit wolle, für die er keinen Führerschein brauche: Die Gastronomie suche dringend Leute.

Und wieder Ärger an der Ikea-Kasse - diesmal: Freispruch

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Die SB-Kasse bei Ikea im Kamen Karree hat dem hiesigen Amtsgericht schon manches Verfahren beschert: Immer mal wieder ging es um Leute, die den Scanner des Möbelhauses mit falschen Barcode-Etiketten austricksen wollten. Und genau das wurde auch dem 27-jährigen Mischa T. (Name geändert) aus Coesfeld vorgeworfen. Doch diesmal endete der Prozess anders als gewohnt - und zwar mit einem Freispruch.
Am 21. März dieses Jahres wollte T. bei Ikea zwei Kommoden für die neue Wohnung seiner Freundin erstehen. Gesamtpreis: 199 Euro und 98 Cent. Die SB-Kasse zeigte einen deutlich niedrigeren Betrag an. Es handelte sich dabei - wie sich später herausstellen sollte - um den Preis für Seifenschalen. Ein Ladendetektiv schritt ein, und am Ende zahlte T. den Preis für die beiden Kommoden und nahm sie mit. Eine Anzeige gab es trotzdem, sodass nun eine Verurteilung wegen versuchten Diebstahls drohte.

Der Detektiv erklärte vor Gericht, er könne sich noch gut erinnern. Denn es war ein ruhiger Nachmittag; T. war gerade der einzige Kunde am Ausgang. Die Etiketten für die Seifenschalen seien sorgfältig auf den Kartons der Kommoden angebracht gewesen - exakt so, dass sie den aufgedruckten Kommoden-Barcode überdeckten.

Das habe aber nicht er zu verantworten, beteuerte Mischa T.: Er kaufe schon ewig bei Ikea, könne sich die Sachen auch leisten und sei noch nie des Diebstahls beschuldigt worden. "Dass ich vor Gericht lande, hätte ich nicht gedacht." Und tatsächlich hatten auch Richter und Staatsanwältin letztlich Zweifel. Es sei denkbar, so der Richter, dass ein Unbekannter die Kommoden-Kartons präpariert habe, um sie später zum Seifenschalenpreis durch die Kassenzone zu schleusen.