A2: "Drängler" mit Lichthupe war Polizist in Zivil

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

Kamen. Julia K. (29, Name geändert) ist Bauingenieurin, viel mit dem Auto unterwegs - allein letztes Jahr rund 60.000 Kilometer, sagt sie -, hat weder Vorstrafen noch Einträge in Flensburg. Diese junge Frau soll sich auf der A2 bei Kamen als rücksichtslose Rüpelin erwiesen haben. So ergibt es sich aus der Anklage, über die jetzt im Amtsgericht verhandelt wurde. Am Ende blieben Zweifel.

K., so der Vorwurf, sei in ihrem Dienst-BMW "schikanös" über eine Strecke von 18 Kilometern ausschließlich auf der linken Spur gefahren - schikanös, weil hinter ihr ausgerechnet ein ziviles Fahrzeug der Autobahnpolizei fuhr und nicht an ihr vorbei kam. Obendrein soll Julia K. dessen Fahrer den Stinkefinger gezeigt haben. Erst Nötigung also, dann Beleidigung. Julia K. wies beides von sich.

Sie sagt, sie sei 160 Kilometer pro Stunde gefahren, habe dabei kontinuierlich Fahrzeuge auf der Mittelspur überholt und beide Hände am Lenkrad gehabt. Ein dunkler SUV, der sich später eben als Polizeiwagen entpuppen sollte, sei äußerst dicht aufgefahren. Der Fahrer habe mehrfach die Lichthupe betätigt. Nachdem sie schließlich eine Lücke auf der mittleren Spur gefunden habe und rübergezogen sei, habe sie eine "Bitte folgen!"-LED-Anzeige vor sich gesehen und erst gedacht, womöglich handle es sich um Betrug. Die Fahrt von BMW und Polizei-SUV endete aber an einem Ort, den sich Betrüger wohl eher nicht zum Stoppen aussuchen würden: auf dem Parkplatz vor der Kamener Autobahnpolizeiwache.

Dort habe der Polizist ein sehr dominantes Verhalten gezeigt, wieder und wieder davon gesprochen, wenn sie ihr Fehlverhalten nicht einräume, werde man sich vor Gericht wiedersehen. So kam's nun auch. Der Beamte, als Zeuge geladen, sagte, er habe die Lichthupe auf der A2 ein einziges Mal benutzt. Jederzeit hätte Julia K. auf die mittlere Spur wechseln können: Auf der Autobahn sei nicht viel los gewesen. Und an den Stinkefinger habe er eine klare Erinnerung.

Welche Version nun stimmt - die von Julia K. oder die des Beamten -, bleibt offen. Verurteilen wollte der Richter die Frau nicht. Das lag zum Beispiel daran, dass die Angabe des Polizisten zur spärlich befahrenen Autobahn - an einem ganz normalen Werktag-Vormittag - nicht glaubhaft schien. Obendrein gab es im Polizeiauto Stress: Ein unfreiwilliger Fahrgast war an Bord - wohl nach einer positiven Alkohol- oder Drogenkontrolle -, ein Kollege des Polizisten deshalb abgelenkt und als Zeuge nicht zu gebrauchen.

Julia K. wird nun 1.000 Euro an die Deutsche Kinderhospiz- und Familienstiftung zahlen - als Buße für was auch immer. Ist das erledigt, wird das Verfahren eingestellt. Der Richter hatte signalisiert, sogar einen Freispruch zu erwägen. Doch den hätte die Staatsanwaltschaft anfechten können. Der Prozess wäre dann am Landgericht von vorn losgegangen.

Ordnungsamt vs. Hochstraßen-Grillgemeinschaft: Strafprozess

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von Andreas Milk

Kamen. Eins ist klar: Weder der Angeklagte noch die drei Zeuginnen und Zeugen in diesem Prozess sind Fans des Kamener Ordnungsdienstes. Angeklagt ist Adil M. (Name geändert) wegen eines Vorfalls am Abend des 4. April an der Bahnhofstraße, am Parkplatz unter der Hochstraße. Da soll der junge Mann einen Einweggrill aufgebaut haben. Als der Ordnungsdienst einschritt, habe Adil M. einen Mitarbeiter geschubst. Also: körperlich angegriffen.

Der Grill sollte wohl ursprünglich auf einer Wiese in der Nähe angeworfen werden. Unter die Hochstraße zog M. mit ein paar Freundinnen und Freunden, als es zu regnen begann. Glaubt man den Grillfreunden, trat der Ordnungsdienst - ein Mann, eine Frau - von Anfang an aggressiv auf. Im Auto seien die beiden angerauscht, hätten dabei eine schwangere Mitgrillerin fast erwischt. Nach dem Aussteigen seien respektlose Äußerungen von ihnen gekommen. Und: Die Frau vom Ordnungsdienst habe versucht, widerrechtlich eine Tasche an sich zu bringen. Das Eintreffen der Polizei brachte Ruhe ins Geschehen.

Und was ist mit dem Schubsen? M. sagt, er habe den Ordnungsdienst-Mann nicht angerührt. Die

Grillgemeinschaft bestätigt das. Der angeblich Geschubste war nicht da. Er hatte Ende Juni eine Ladung vom Amtsgericht bekommen, sich aber erst einen Tag vor dem Prozess - das heißt: am Donnerstag dieser Woche (25. Juli) - abgemeldet. Begründung: Urlaub.

Wegen seines Fehlens wird es im August einen weiteren Verhandlungstermin geben.

Ärger beim Gassigehen: Hundehalterin bedroht?

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Den Hund kaputt treten - ja. Aber ihn und seine Besitzerin abstechen? Nein, davon war nicht die Rede, da war sich der Bergkamener Amir D. (48, Name geändert) sicher. Wegen Bedrohung saß er in Kamen vor dem Strafrichter im Amtsgericht. Es ging um eine unschöne Begegnung am späten Abend des 14. März auf der Bergkamener Landwehrstraße.

Laut Anklage hatte D. eben vom "Abstechen" eines Hundes und seiner Halterin gesprochen. Damit wäre der Tatbestand der Bedrohung erfüllt gewesen. D. selbst stellte die Sache etwas anders dar. Er habe Angst vor Hunden und sich deshalb unwohl gefühlt, als der "mittelgroße" Hund gebellt und die Frau das Tier durch Reißen an der Leine wohl noch angestachelt habe. Auch habe sie gedroht, den Hund loszulassen. Darauf nun habe er - D. - mit dem Spruch vom "Kaputt treten" reagiert.

Amir D. ist dem Gericht seit Jahren bekannt: Wegen Körperverletzung und wegen Bedrohung saß er schon jeweils ein paar Monate in Haft; davor hatte er wegen anderer Delikte Geldstrafen bekommen. Und: Er hat ein Alkoholproblem. Auf die Frage des Richters, ob er auch jetzt gerade, also in der Verhandlung, unter Alkoholeinfluss stehe, antwortete D.: "Mehr oder weniger, von gestern."

Die betroffene Hundehalterin hatte im März zwar unmittelbar nach der abendlichen Begegnung die Polizei gerufen. Aber weder füllte sie in der Folgezeit einen Vernehmungsbogen aus, noch folgte sie jetzt der Vorladung als Zeugin vor Gericht. Und das war Glück für Amir D.. Denn wenn der Frau das Ganze derart egal sei, soll es mit einer Einstellung des Verfahrens getan sein, fanden der Richter und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Dazu kommt noch: D. soll zwar vom "Abstechen" geredet, aber nicht mal ein Messer bei sich gehabt haben.

Prügel für die Frau, Prügel auf Betriebsfest: Geldstrafe

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Mesut K. (41, Name geändert) sagt von sich, er sei ein ruhiger Mensch und eher diplomatisch veranlagt - niemand, der Streit will. Im Oktober und im Dezember vorigen Jahres löste er durch Prügel je einen Polizeieinsatz aus: den ersten bei sich zuhause in Bergkamen, den zweiten bei der Weihnachtsfeier seines - damaligen - Arbeitgebers in Bönen. Als Angeklagter saß er jetzt in Kamen vor dem Strafrichter. Da war er weitgehend geständig, sprach von einem "Alptraum", den er gerade erlebe.

Im Oktober in den heimischen vier Wänden hatte es Streit mit K.s Frau gegeben. K. war an seinem Geburtstag nachts betrunken nach Hause gekommen und hatte sich auf dem Handy ein Dating-Portal angeschaut. In der Ehe kriselte es wohl schon eine Weile. K. - das steht nach der Verhandlung fest - packte seine Frau am Hals, schubste sie durch die Haustür nach draußen, stieß sie gegen sein Auto. Später, wieder zurück in der Wohnung, schlug er sie mit der Faust, drohte ihr an, sie umzubringen. Die Polizei kam, verwies K. der Wohnung und sprach ein Rückkehrverbot aus, das er auch widerspruchslos akzeptierte. Seitdem wohnt das Noch-Ehepaar getrennt.

Im Dezember bei der Betriebsfeier soll Mesut K., auch da betrunken, eine Kollegin begrapscht haben. Von einem Mitarbeiter zur Rede gestellt, begann er eine Rauferei. Sie endete damit, dass K. auf den Kollegen fiel, von anderen Gästen weggezogen wurde und dabei um sich trat. Ein Tritt traf den Kopf des Kollegen. Der erlitt eine Verletzung am Augenlid - konnte aber am folgenden Tag schon wieder bei einer Laufveranstaltung antreten.

K.s Vorstrafenregister ist leer. Das ist nicht selbstverständlich für einen, der mit Anfang 40 wegen eines Gewaltdelikts vor dem Richter steht. Das Urteil für die beiden Ausraster: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Euro. Derzeit hat K. keinen Job, lebt bei seinen Eltern. Die Zahl der Tagessätze ist gerade eben so niedrig, dass die Strafe nicht in einem Führungszeugnis für einen möglichen neuen Arbeitgeber auftaucht. 91 Tagessätze, und der Fall läge anders.

K.s Frau ist anscheinend fertig mit ihm. K.s Ex-Kollege nahm seine Entschuldigung an.

Vater und Sohn um 10.500 Euro gebracht: Haft auf Bewährung

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von Andreas Milk

Kamen. Erst verlor der Bergkamener Aras O. (alle Namen geändert) 4.500 Euro, dann sein Vater Kaan weitere 6.000 Euro - an eine Frau, mit der die Familie O. eine jahrelange Freundschaft verband und die jetzt als mutmaßliche Betrügerin in Kamen vor dem Strafrichter stand. Christina F. gab zu, dass sie sich von den Männern das Geld geliehen hatte, ohne es zurückzahlen zu können. Es sei eine "sehr, sehr schwere Zeit" für sie gewesen.

Wortgewandt und teils unter Tränen schilderte die Lünerin, was ihr passiert sei. Es war die Rede von einer Fehlgeburt und einer schmerzvollen Trennung, von Plänen, eine eigene Kita zu eröffnen, und von Rückschlägen. "In ein Loch gefallen" sei sie. Um halbwegs über die Runden zu kommen, habe sie sich dann das Geld geborgt. Der Wille, es den Männern bald zurück zu geben, sei da gewesen. Aber nicht die Möglichkeit.

Was letztlich von ihrer Geschichte stimmt und was nicht, ließ sich vor Gericht nicht im Detail klären. Merkwürdig ist, dass sich Christina F. jeweils in der Türkei aufhielt, als sie die angebliche Nothilfe von Aras und - einige Wochen danach - von Kaan O. erhielt. Sie war dort mit Kaan O.s Bruder. Von dem nimmt Vater Aras an, er habe mit der Frau ein Verhältnis. Sie bestreitet das. Dass sie auch schon von Aras O. Geld empfangen hatte, sagte sie Kaan O. nicht, als sie auch ihn anzapfte.

Im Gerichtssaal zeigten Vater und Sohn O. keinerlei Groll. Sie wären zufrieden, wenn Christina F. ihnen monatlich 500 Euro zurückzahlt, sagten der Bergbau-Rentner und der Stahlarbeiter. Das Urteil des Richters: Zehn Monate Haft auf Bewährung wegen schweren Betrugs. Schon im April hatte F. von einem anderen Gericht eine Strafe wegen Betrugs bekommen. Bis zum Frühjahr 2023 war sie strafrechtlich nicht aufgefallen. Irgendwie, so der Richter in Kamen, müsse sie seitdem "aus der Spur geraten" sein. Derzeit ist sie arbeitsuchend, lebt von der Unterstützung durch Schwester und Eltern und strebt eine Privatinsolvenz an.