-Anzeige-

Anzeige

Butterfly-Messer in der Bauchtasche: Haft auf Bewährung

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Am Vormittag des 28. Juni 2021 fuhr der damals 21-jährige David B. (Name geändert) mit einem E-Scooter über den Gehweg an der Unnaer Straße. Polizisten stoppten ihn. Was B. den Beamten dann sagte, interessierte die weit mehr als die verbotene Fahrt übern Bürgersteig: Er habe ein Butterflymesser in seiner Bauchtasche. Tatsächlich stellten die Polizisten den verbotenen Gegenstand bei ihm sicher. Es folgte ein Strafverfahren.

Das endete jetzt mit einem Termin vor dem Kamener Strafrichter. Und der zeigte sich "relativ sprachlos" über B.s Verhalten. Denn David B. ist nicht nur vorbestraft, er stand auch noch unter Bewährung: Ein Teil einer zweieinhalbjährigen Jugendstrafe war zum Zeitpunkt des Messer-Vorfalls offen. B. war in den letzten Jahren mit Körperverletzung und Drogendelikten aufgefallen. Es gab auch schon ein Verfahren wegen eines Butterflymessers.

Was für den Angeklagten sprach: Bei der Polizeikontrolle auf der Unnaer Straße wies er die Beamten eben selbst auf das Messer hin. Warum er es denn überhaupt mit sich herum trug, konnte er nicht sagen - weder damals noch jetzt im Gerichtssaal. "Das war dumm von mir", bekannte er.

Seine Bewährungshelferin berichtete, es falle ihm schwer, Vertrauen aufzubauen - was wohl mit dem frühen Tod seines Vaters und mit heiklen Familienverhältnissen zu tun haben könnte. B. wohnt mit seinem Bruder zusammen, meldet sich regelmäßig bei der Bewährungshelferin. So etwas wie ein geordnetes Leben scheint für den leicht verpeilt wirkenden jungen Mann möglich zu sein. Sein Anwalt sprach von einem "zarten Pflänzchen", das nicht herausgerupft werden sollte.

Zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilte ihn der Richter. Damit folgte er dem Antrag der Staatsanwältin: Sie hatte eine (weitere) Bewährungschance befürwortet, da es sich um B.s ersten Prozess nach Erwachsenenstrafrecht handle. Als Bewährungsauflage muss B. 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten - und zwar am Amtsgericht. Dort seien "ganz angenehme Tätigkeiten" zu erledigen, machte ihm der Richter Mut.

Ebay-Nepp: Knast im Doppelpack für Betrüger-Pärchen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Knast im Doppelpack: Ein betrügerisches Pärchen aus Bergkamen ist vor dem Kamener Amtsgericht zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Es ging um Nepp per Ebay-Kleinanzeige. Ob beide die Strafe absitzen werden oder eine(r) oder keine(r), ist noch die Frage. Es ist Berufung vor dem Landgericht Dortmund möglich - und auch wahrscheinlich. Beim Gerichtstermin in Kamen jedenfalls gaben sich Marie H. und Markus T. (Namen geändert) vollkommen unschuldig.

Bei Ebay hatte Markus T. im April vorigen Jahres eine FritzBox angeboten. Ein Mann aus Celle wollte den Router haben und überwies 45 Euro. Laut Anklage kam die FritzBox nie bei dem Kunden an. Umso erstaunlicher, dass Markus T. jetzt im Gericht erklärte: Der Mann habe die FritzBox persönlich bei ihm in Bergkamen abgeholt. Keine Spur von Betrug also.
Das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es fängt an mit der Frage, ob sich solch ein Schnäppchen noch lohnt, wenn dafür eine Fahrt Celle - Bergkamen - Celle unternommen wird. Es geht weiter mit der Frage, warum Markus T. vor dem Tag der Gerichtsverhandlung keinerlei Anstalten machte, den Sachverhalt aufzuklären. Er hatte gegenüber der Polizei während der laufenden Ermittlungen reichlich Gelegenheit. Genutzt hat er sie nicht.

Dem Gericht lag ein Chatverlauf zwischen T. und dem Kunden vor. Daraus ergibt sich eindeutig: Der Mann in Celle wartete und wartete, bewies viel Geduld - und erstattete nach einem Monat Warterei und Vertröstetwerden Strafanzeige.

Markus T. erzählte dem Richter, für die Abholung der FritzBox in seiner Wohnung gebe es Zeugen: drei Freunde, die zufällig zu Besuch gewesen seien. Einer von denen könne sich sogar noch an die Jacke des Mannes aus Celle erinnern; er selbst - T. - habe daran keine Erinnerung. Dem Richter waren die drei Freunde herzlich egal. Was sie denn bitte konkret aussagen sollten zu T.s Entlastung, fragte er - dass an irgendeinem Tag irgendein Mann in T.s Wohnung aufgekreuzt sei und einen Router mitgenommen habe?

Marie H. und Markus T. sind wegen Betrugs vorbestraft. Beide standen unter Bewährung, als die Sache mit der FritzBox passierte. Marie H. gehört das Konto, auf das die 45 Euro aus Celle überwiesen wurden. Schon bei einer früheren Tat war es so gelaufen: Markus T. wickelt den "Verkauf" ab, Marie H. stellt ihr Konto zur Verfügung.

"Offensichtlich gelogen", "platt", "sowas von unglaubhaft" - so charakterisierte der Richter die Aussagen Markus T.s und seiner Partnerin. Eine Strafkammer in Dortmund könnte sich ebenfalls mit ihnen beschäftigen müssen, falls es zum Berufungsprozess kommt.

Unfall mit 2,63 Promille: Geldstrafe - und nächstes Mal Haft

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. An einem Vormittag Mitte Oktober fuhr Julia K. (47, Name geändert) in ihrem Auto die Bergkamener Lassallestraße entlang - mit 2,63 Promille. An der Einmündung Ebertstraße krachte sie in einen SUV. Schaden: rund 4.000 Euro. Der Vorfall brachte sie auf die Anklagebank im Kamener Amtsgericht.

Und dort zeigte sie sich auf der einen Seite einsichtig: Ja, der Vorwurf stimme, und sie sei so froh, dass kein Mensch getötet worden sei. Andererseits: Die Frage des Richters, ob sie ein Alkoholproblem habe, verneinte sie. Schon 2019 war sie aktenkundig verunfallt - damals mit 2,27 Promille.

Unter Tränen schilderte sie, unter welchen Umständen sie im Oktober wieder betrunken am Steuer gesessen habe. Es ging um ihren Sohn, der noch im Kindesalter ist und als Hochbegabter eine akademische Ausbildung im Ausland genießt. Seit zwei Jahren habe sie ihn nicht zu Gesicht bekommen. Am Tag der Trunkenheitsfahrt hatte sich die Hoffnung auf ein Wiedersehen zerschlagen, unter anderem der Pandemie wegen.

Ihre Unfallgegnerin, eine Frau aus Unna, schilderte Julia K. als "sehr nervös". Sie habe darum gebeten, die Polizei außen vor zu lassen. Das ging schon deshalb nicht, weil die Unnaerin einen Firmenwagen fuhr.

Das Urteil für Julia K.: eine hohe Geldstrafe - 100 Tagessätze à 40 Euro, dazu zwei Jahre Sperre für die Ausstellung eines neuen Führerscheins. Was dem Richter besonders missfiel: Sie habe sich nicht mit ihrem Alkoholismus auseinander gesetzt. "Wer mit 2,63 Promille noch in ein Auto krabbelt, der hat ein Problem." Beim nächsten Mal sei eine Haftstrafe zwingend.

Wieder mal zugeschnappt: Richter ordnet Einziehung eines Hundes an

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Ungewöhnliche Entscheidung am Kamener Amtsgericht: Die Einziehung eines Hundes wurde angeordnet. Sein Besitzer muss wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 10 Euro zahlen.

Dieser Besitzer gehörte in Kamen lange zum Stadtbild, ist inzwischen aber nach Bergkamen gezogen. Und dort - vor einem Tedi-Markt - passierte auch das, worüber jetzt im Gerichtssaal gesprochen werden sollte, wenn der Mann denn gekommen wäre. Tat er aber nicht. Der Strafbefehl wurde deshalb vom Richter in seiner Abwesenheit erlassen. Er kann dagegen Einspruch einlegen. Das würde zu einem weiteren Termin führen.

Das Problem: Der Hund schnappt gerne mal zu - und das "Herrchen" ist uneinsichtig. Mehrmals war das früher schon in Kamen so. Drei Vorverurteilungen stehen im Register, allesamt wegen fahrlässiger Körperverletzung in den Jahren 2019 und 2020. Inzwischen müsste er es also kapiert haben, sagte sich wohl ein Staatsanwalt und schrieb wegen des Vorfalls 2021 bei Tedi in Bergkamen eine Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Eine Frau hatte durch das Tier eine Schürfwunde am Bein erlitten. Der Hund sei an einer sehr langen Leine gewesen, ohne Maulkorb. Wäre er nun auf ein kleines Kind los gegangen, hätte weit mehr passieren können, sagte sie dem Richter.
Einsicht habe der Tierhalter nicht gezeigt. Und: Die Haftpflichtversicherung, dessen Karte er ihr gab, sei schon 2017 abgelaufen.

Stress bei Lidl, Stress am Kamener Markt: Neun Monate Haft

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Erst machte er Ärger bei Lidl an der Dortmunder Allee, etwas später noch auf dem Kamener Markt: Am frühen Abend des 12. Mai 2021 hatte die Polizei reichlich zu tun mit dem 47-jährigen Martin B. (Name geändert). Wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Sachbeschädigung wurde B. - vielfach vorbestraft - jetzt im Amtsgericht zu neun Monaten Haft verurteilt.

Dabei kam ihm nicht nur ein Geständnis zugute, sondern auch der Umstand, dass er einen Teil seiner Strafe wohl schon "in Naturalien" bekommen hatte, wie der Richter es formulierte. Heißt: Weil die Polizisten ihn nicht anders zu bändigen wussten, hatten sie ihm seinerzeit am Markt Faustschläge verpasst.

Los ging es aber bei Lidl. Martin B., stark betrunken, hatte seine Maske unterm Kinn. Einer Auffordernung, sie richtig aufzusetzen oder den Laden zu verlassen, kam er nicht nach. Um zu deeskalieren, öffnete eine Angestellte rasch eine zusätzliche Kasse: Sie wollte B. möglichst schnell abfertigen, damit Ruhe wäre. Stattdessen, so schilderte sie jetzt als Zeugin, regte B. sich über das ungewohnte blaue Kassenpapier auf - ein Beitrag zum Umweltschutz - und begann, die Frau zu beschimpfen. Sie habe Angst gehabt und sich bedroht gefühlt, erinnerte sie sich vor Gericht. B. schlug gegen die Plexiglasscheibe. Mit angetäuschten Tritten hielt sie ihn letztlich in Schach und manövrierte ihn aus dem Laden. Als die Polizei kam, war er schon weg - um eben kurz danach am Markt aufzufallen. Der städtische Ordnungsdienst hatte ihm vorher zwar einen Verweis erteilt, doch den ignorierte er. Polizisten brachten ihn zu Boden und legten ihm Handfesseln an. Beim Gerangel bekam ein Beamter B.s Knie gegen das Jochbein. B. soll immer wieder nach den Einsatzkräften getreten haben.

Auf der Anklagebank wirkte B. umgänglich; er entschuldigte sich für sein Tun. "Ich weiß, was Alkohol aus Menschen machen kann", erklärte verständnisvoll die attackierte Lidl-Mitarbeiterin.

B. hatte an jenem Tag nach eigenen Angaben zwei Flaschen Wodka platt gemacht. Drogen und Alkohol konsumiere er seit seinem 14. Lebensjahr. Für eine andere Straftat sitzt er seit Mitte Dezember in der JVA. B. wartet auf eine Therapie. Wegen einer fehlenden Corona-Impfung ist ein Termin geplatzt - mittlerweile könnte es aber losgehen. Die "neuen" neun Monate Gefängnis könnten für eine Therapie zurückgestellt - und nach einem Therapie-Erfolg sogar zur Bewährung ausgesetzt werden.