Nach Altstadtparty: Prügel im Sesekepark

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. War er's - oder war er's nicht? Der Bergkamener Bojan T. (23, Namen geändert) soll nach der Kamener Altstadtparty 2023 den 35-jährigen Daniel F. verprügelt haben. Tatort: Sesekepark, Nähe Hochstraßenbrücke. F. hatte den mutmaßlichen Schläger bei der Polizei anhand von Fotos eindeutig identifiziert. Er wiederholte das jetzt im Amtsgericht. Der angeklagte Bojan T. beteuerte, er habe nichts getan.

In jener Nacht auf den 12. August hatte sich eine Gruppe von Altstadtpartygängern nach Ende des Programms bei einem Regenguss unter die Brücke geflüchtet. Bojan T. und Daniel F. hatten auch früher schon mal Stress gehabt. Diesmal nun soll T. dem älteren, eher schmächtigen F. erst eine Backpfeife verpasst, ihn dann die Böschung runter geschubst haben. Als F. sich wieder aufgerappelt hatte, sei T. ihm mit unbekannten Mittätern gefolgt und habe zum Schluss auf ihn eingetreten. So hat Daniel F. es in Erinnerung - und so schreibt es die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.

Zwei Zeugen bestätigten dagegen die Version des Angeklagten: Der habe Daniel F. nichts getan. Aber F. blieb dabei: T. habe ihn erst beschuldigt, seinen Cousin blöd angemacht zu haben, und ihn kurz darauf angegriffen. Für F. endete die Party mit einem Aufenthalt im Krankenhaus: Dort wurden Prellungen und kleine Schnittwunden festgestellt sowie Stacheln aus seiner Kopfhaut gezogen. Er muss sie sich wohl in einem Gebüsch am Seseke-Ufer eingefangen haben.

Die Verhandlung endete ohne Ergebnis. Es wird einen neuen Termin geben - dann mit einem Zeugen, den Daniel F. nachträglich benannt hat. Dieser Zeuge soll die Attacke von Bojan T. gegen F. mitgekriegt haben und bestätigen können.

"Hochgradig doof" - findet der eigene Verteidiger

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Bei dem einen war's das Fehlen einer Alternative zum Auto, bei dem anderen war es - laut seinem Verteidiger! - "hochgradige Doofheit und Schusseligkeit": Ein Bergkamener und ein Dortmunder saßen vor der Strafrichterin im Amtsgericht Kamen, weil sie ohne Fahrerlaubnis hinterm Steuer gesessen hatten.

Der Mann aus Dortmund musste am 25. Januar zur Arbeit und fuhr deshalb mit einem VW in Kamen über die A1. Sonst könne er Fahrgemeinschaften nutzen, erklärte er - aber an diesem Tag ging das leider nicht. Auch Busfahren wäre keine Alternative gewesen. Denn da hätte die Fahrt zweieinhalb Stunden gedauert, und nach Feierabend wäre überhaupt kein Bus mehr gefahren. Der Dortmunder hat mehrere Vorstrafen wegen Fahrens ohne Führerschein. Diesmal lautete das Urteil: eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 60 Euro, plus drei Monate Fahrverbot für alles, was motorisiert ist. Er sei knapp an einer Haftstrafe auf Bewährung vorbeigeschrammt, gab die Richterin dem Mann noch mit.

Und was den Fall mit der "Doofheit" angeht: Am frühen Abend des 19. November 2023 war der Bergkamener mit einem Audi auf der Ebertstraße unterwegs - zu schnell, so dass die Polizei ihn anhielt. In der Verhandlung stellte sich heraus: Der Mann war mit einem Bekannten unterwegs, und dieser Bekannte hatte - legal - noch wenige Minuten vorher den Audi gelenkt, eben, weil der Bergkamener das nicht durfte. Der Audi gehört der Frau des führerscheinlosen Bergkameners. Ihr Mann wiederum trug den elektronischen Schlüssel dafür in der Tasche. Nach einer kurzen Fahrtunterbrechung - Geldabheben bei der Sparkasse - setzte sich "im Tran" (Zitat Verteidiger) aus früherer Gewohnheit der Bergkamener ans Lenkrad. Über den Fehler, den er da gerade gemacht hatte, wurde er sich einige Sekunden später klar. Und da war halt auch schon die Polizei da. Auch dieser Angeklagte hat allerhand Vorstrafen; eine Bewährungsfrist aus einer früheren Verurteilung läuft. Im Kamener Amtsgericht gab es jetzt vier Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Buße, zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung.

Ausgerastet bei Deichmann: "Wie 'ne Furie"

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von Andreas Milk

Kamen. "Wir müssen uns eh schon viel gefallen lassen", sagte die Deichmann-Verkäuferin aus dem Schuhgeschäft im Kamen Quadrat. Aber das, was sich Thorsten K. (47, Name geändert) geleistet habe, sei dann doch entschieden zu weit gegangen. Es war der 31. Januar 2023. K. löste beim Verlassen des Geschäfts die Diebstahlsicherung aus. Er hatte zwei nicht bezahlte Kinderschuhe unter der Jacke. Er habe "Theater gemacht", erinnerte sich die Verkäuferin jetzt als Zeugin im Amtsgericht. "Wie 'ne Furie" habe er sich benommen, bestätigte eine Kollegin. Es seien Beleidigungen gefallen, etwa "Schlampen", heißt es in der Anklage. Auch habe er den Frauen gedroht, sie "kalt zu machen", wenn sie ihm nicht seinen Ausweis zurückgäben, den er zwischendurch auf den Verkaufstresen geknallt habe, um in Ruhe weiter mit seiner Lebensgefährtin telefonieren - besser gesagt: sie fernmündlich anranzen - zu können. Den Ausweis brachte ihm dann abends die Polizei in seine Wohnung. "Sehr aggressiv" sei K. da gewesen, erzählte ein Beamter. Das sei umso befremdlicher gewesen, weil ein kleines Kind dabei war. K. war - wie schon vorher in der Deichmann-Filiale - betrunken.

Ganz nebenbei umfasste die Anklageschrift noch einen Brieftaschendiebstahl, eine Ohrfeige sowie die Androhung einer Ohrfeige. In diesen drei Punkten wurde das Verfahren aber eingestellt - weil Zeugen fehlten und weil eine Strafe hierfür auch nicht mehr viel ausgemacht hätte. In Thorsten K.s Register haben sich seit 1998 insgesamt 14 Einträge gesammelt, plus eine Verurteilung 2023, die aber noch nicht rechtskräftig gewordenist. Der "Deichmann-Komplex" brachte ihm jetzt nochmal eine Geldstrafe: 65 Tagessätze à 65 Euro soll er zahlen.

Verlobt mit mutmaßlichem Prügelopfer: Freispruch

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Am Abend des 18. Februar soll er sie noch geschlagen und getreten haben. Jetzt sind sie verlobt - jedenfalls erzählten sie das dem Amtsrichter: Der Bergkamener Erol U. und die Kamenerin Tanja F. (Namen geändert). Gemeinsam haben sie ein Kind, knapp zwei Jahre alt.

An jenem Winterabend waren sie noch getrennt. Er war bei ihr zu Besuch. Sie stritten sich über eine mögliche neue Beziehung von Tanja F.. Am Ende dieses Streits brachte ein Rettungswagen die junge Frau zur Behandlung ins Krankenhaus.

Zu der Verlobung kurze Zeit später hatte der Richter nun ein paar Fragen. Der entscheidende Punkt ist: Familienangehörige und eben auch Verlobte eines Angeklagten können als Zeugen nicht zu einer Aussage gezwungen werden. Da kann eine flotte Versöhnung samt Eheversprechen einen Juristen im Strafprozess schon mal stutzig machen. So ganz übereinstimmend waren die Angaben von Erol U. und der erst später in den Verhandlungssaal gebetenen Tanja F. nicht: Ort der Verlobung? Zeitpunkt? Verlobungsringe? Beim Zeitpunkt schwankten die Angaben des Paars zwischen einem und zwei Monaten. Was Ringe angeht, soll es nur einen einzigen geben - und zwar für Tanja F., die ihn aber im Gericht nicht trug, weil er hinderlich sei beim Kümmern ums Kind.

Gegen Erol U. ist schon einmal eine Geldstrafe wegen Körperverletzung verhängt worden. Wegen Betrugs kam eine Haftstrafe auf Bewährung dazu. Einen Termin beim Bewährungshelfer ignorierte er. Weil zu der Attacke am 18. Februar weder er selbst noch seine Verlobte etwas sagten, war die Folge ein Freispruch. Und ein Appell des Richters, sich in den Griff zu kriegen: "Irgendwann haben die Damen den Kaffee auf." In einer Art Halb-Geständnis hatte U. erklärt, "so was" werde "nicht wieder vorkommen". Er liebe Frau und Kind. 

Schimpfender Wohnungsloser angeklagt: Einstellung erspart langen Prozess

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von Andreas Milk

Kamen. Verfahrenseinstellung: Mit dieser Entscheidung des Strafrichters dürften Angeklagter und Geschädigte gut leben können. Wegen Beleidigung sollte sich ein stadtbekannter Wohnungsloser, 53 Jahre alt, im Amtsgericht verantworten. Die Beleidigte: eine junge Frau, die am 25. Februar mit ihrem Hund am Galgenberg spazieren gegangen war und von dem dort campierenden Mann wüste Beschimpfungen zu hören bekam. Es war ein Sonntag, das Ordnungsamt nicht kurzfristig zu erreichen. Also wandte sich die Frau an die Polizei. Die wiederum nahm eine Anzeige auf.

Der beschuldigte Mann kam nicht zum Gerichtstermin - wohl aber die als Zeugin geladene Frau und ein Caritas-Mitarbeiter, der den Angeklagten betreut. Sie habe sich bedroht gefühlt damals, erzählte die Frau. Inzwischen wisse sie, dass von dem Mann zwar eine beachtliche Lautstärke, aber anscheinend keinerlei Gefahr ausgehe. Der 53-Jährige ist ein kranker Mann: paranoide Schizophrenie. In seinem Kopf gibt es eine Art Bedrohungssituation. Gegen die wehrt er sich durch Schimpftiraden.

Die Verfahrenseinstellung soll nun ohne Auflage erfolgen - das heißt: Der Mann, der von Bürgergeld lebt, braucht keine Geldauflagen oder sonst etwas zu erfüllen. Er muss lediglich noch seine Zustimmung zu der Einstellung geben. Dafür braucht es eine Unterschrift. Das entsprechende Formular wird ihm via Caritas zugestellt.

Alternative wäre ein aufwendiges Verfahren zur Beweiserhebung gewesen, wahrscheinlich mit Erstellung eines Gutachtens und Bestellung eines Pflichtverteidigers. Geholfen hätte all das vermutlich niemandem. Auch die beschimpfte Gassigängerin äußerte für die Beendigung des Verfahrens Verständnis.