Mixgetränke unterschätzt: 80-Jährige mit 1,6 Promille hinterm Steuer

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Zwei Menschen saßen diese Woche vorm Kamener Strafrichter, die dringend wieder einen Führerschein haben wollten: eine Frau aus Unna, ein Mann aus Bergkamen. Der Bergkamener (38) war ein "alter Bekannter". Die Unnaerin war mit ihren 80 Jahren zum ersten Mal auf der Anklagebank - und in einer besonders üblen Lage.

Am Abend des 7. Februar, gegen 22 Uhr, war sie in Kamen auf der Unnaer Straße einem anderen Autofahrer aufgefallen. In ihrem Nissan fuhr sie Schlangenlinien. Die Polizei stoppte sie. Ergebnis der späteren Blutuntersuchung: 1,63 Promille Alkohol. Sie habe mit Bekannten etwas getrunken, erzählte sie nun dem Richter. Dabei habe sie den Alkoholgehalt süßer Mischgetränke unterschätzt. Es tue ihr unendlich leid. Sie trinke keinen Tropfen mehr, habe sich außerdem Beratung beim TÜV geholt. Und sie sei bloß froh, dass am 7. Februar niemandem etwas passiert sei. Problem für sie als Angeklagte war nun nicht eine drohende Geldstrafe, sondern das Fehlen der Fahrerlaubnis seit jenem Tag. Die alte Frau - verwitwet und ohne Kinder, die ihr helfen könnten - ist körperlich beeinträchtigt, kann zu Fuß nur kurze Strecken gehen. Der Richter zeigte Verständnis. Er fand aber auch, dass eine Führerscheinsperre von weiteren sechs Monaten angemessen sei. So steht es nun im Urteil, dazu eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100 Euro, gemäß der recht üppigen Rente der Frau.

Der Mann aus Bergkamen hat wegen mehrerer Verkehrsdelikte Vorstrafen. Sogar eine Haft auf Bewährung war dabei wegen Trunkenheit am Steuer und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Diesmal ging es um Unfallflucht. Am 28. Januar war er morgens müde von der Nachtschicht gekommen und hatte das geparkte Auto einer Nachbarin gerammt. Weil es noch früh am Tag war, wollte er nicht gleich bei ihr klingeln. Stattdessen legte er sich hin und trug seiner Frau auf, das später zu erledigen. Aber die Frau "hat es einfach verbummelt", sagte er dem Richter. Das Urteil hier: eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 20 Euro wegen Unfallflucht plus sieben Monate Führerscheinsperre. So lange hat der Mann in seinem Job als Kurierfahrer Zwangspause. Er will aber seine Geldstrafe abarbeiten.

"Ordentlich auseinandergenommen": Angeklagter war eher Opfer

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Markus G. (44, Name geändert) stand vor Gericht, obwohl er selbst es war, der üble Prügel eingesteckt hatte. Bloß war seine Reaktion darauf eben auch nicht in Ordnung. Erst per WhatsApp-Sprachnachricht, dann ein paar Wochen später persönlich bei der Kamener Altstadtparty 2023 stieß er Bedrohungen gegen seine mutmaßlichen Peiniger aus. Das brachte ihm eine Anklage.

Die Vorgeschichte, Gegenstand eines gesonderten Verfahrens, sieht im wesentlichen so aus: G. wurde von drei Männern lebensbedrohlich attackiert. Und mindestens einen seiner Widersacher hatte er lange Zeit für seinen Freund gehalten - bis er herausfand, dass dieser "Freund" ein Verhältnis mit seiner Frau hatte. In der Sprachnachricht kündigte G. an, er werde sich die drei Angreifer "einzeln holen". Zum Zeitpunkt des Versands habe er unter starken Schmerzmitteln gestanden, erklärte G. im Gerichtssaal. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft gestand ihm zu, "ordentlich auseinandergenommen worden" zu sein.

Das Verfahren wegen der Bedrohungen wurde am Ende eingestellt. Eine Strafe bekam G. aber für ein völlig anders gelagertes Delikt: Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Denn er war auf einem nicht haftpflichtversicherten E-Scooter erwischt worden. Er hat Vorstrafen wegen Fahrens ohne Versicherung, Betrugs und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Nun soll er 45 Tagessätze à 30 Euro für den neuen Verstoß zahlen. G. akzeptierte. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Männlich, betrunken, aggressiv: Haft auf Bewährung für Attacke auf Beamte

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Kamen. Für beide Angeklagten galt: männlich, betrunken, aggressiv. Zwei ähnlich gelagerte Fälle von "Tätlichem Angriff" auf Vollstreckungsbeamte haben das Amtsgericht in Kamen beschäftigt. Tatorte waren ein Mehrfamilienhaus in Bergkamen und der Kamener Bahnhofsvorplatz.

Bei der Sache in dem Haus war Martin H. (66, Name geändert) die Hauptperson. Am Nachmittag des 27. Januar hatte in seiner Wohnung ein Rauchmelder angeschlagen. Ein Essen auf dem Herd war wohl angekokelt. Feuerwehr, Polizei und Sanitäter rückten an. Ein Polizist erinnerte sich beim Gerichtstermin, H. habe auf der Treppe gesessen, den Feuerwehrleuten im Weg. Auf mehrfache Aufforderung sei er endlich aufgestanden, habe herumgepöbelt, "total aggressiv", habe medizinische Betreuung abgeblockt, sei mit erhobener Faust auf die Sanitäter zu gegangen. "Wir brachten ihn zu Boden", so der Beamte. Der wurde dabei von einem Tritt ins Gesicht getroffen, erlitt Prellungen an Nasenbein und Jochbein. Martin H. kam mit Polizeibegleitung ins Krankenhaus. Eine Blutprobe ergab 2,39 Promille. Sein Vorstrafenregister hat sieben Einträge - mehrere davon in Zusammenhang mit Trunkenheit. Das "Letzte Wort", das jedem Angeklagten vor der Urteilsfindung zusteht, nutzte er für eine ausführliche Darstellung seines Krankheitsbildes - H. leidet unter anderem an starken Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit. Worte des Bedauerns an die Einsatzkräfte fand er nur in einem Nebensatz. Das Urteil des Richters: sechs Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung. H. muss außerdem 500 Euro an den verletzten Polizisten zahlen.

Die Sache am Kamener Bahnhof - Tattag: der 12. März - hatte ebenfalls ein Bergkamener zu verantworten. Tobias K. (35, Name geändert) hatte erst Passanten angeschrien, sich danach mit den eintreffenden Polizisten angelegt. Er sollte in eine Zelle verfrachtet werden, trat um sich. Ein paar kleine Wodkaflaschen sowie Bierdosen soll er vorher geleert haben. Zum Gerichtstermin kam er nicht. In Abwesenheit schrieb der Richter einen Strafbefehl über 120 Tagessätze à 15 Euro. Dabei ging er von verminderter Schuldfähigkeit aus. Zahlt K., ist der Fall erledigt. Legt er Einspruch ein, gibt es einen neuen Termin.

Den "Ex" zwei Mal bei der Polizei angeschwärzt: Geldstrafe

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amtsgerichtKamen AMKamen. Im vergangenen September marschierte die Bergkamenerin Mila F. (26, Name geändert) in Kamen zur Polizei und erstattete Anzeige gegen ihren Ex-Lebensgefährten. Er sei gerade eben auf der Straße mit seinem Auto gefährlich knapp vor ihr eingeschert und habe sie so zum Abbremsen gezwungen, behauptete die junge Frau. Die Geschichte war erfunden. Es hatte wohl Zoff gegeben; Mila F. wollte dem Mann schaden. Und es war nicht das erste, sondern schon das zweite Mal, dass Mila F. den Ermittlern solchen Quatsch erzählte. Knapp ein Jahr vorher hatte sie eine fast identische Geschichte vorgetragen.

Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen war seinerzeit die Folge gewesen - per Strafbefehl, das heißt, ohne mündliche Verhandlung im Gerichtssaal. Dieses Mal nun wollte sich der Richter am Kamener Amtsgericht die Bergkamenerin persönlich vornehmen. Da saß sie nun also und ließ ihren Verteidiger erklären, ja, der Vorwurf der falschen Verdächtigung sei zutreffend. "Sie weiß, dass das nicht richtig war."

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft fand, eine Haftstrafe auf Bewährung sei angemessen: Mila F. müsse kapieren, dass sie Polizei und Justiz nicht für Rachefeldzüge missbrauchen dürfe. Der Richter beließ es in seinem Urteil aber bei einer weiteren Geldstrafe. Diesmal sind's 60 Tagessätze à 15 Euro, die Mila F. zahlen muss. Sie versicherte nach der Urteilsverkündung, keinen strafrechtlich relevanten Unfug über ihren Verflossenen mehr in die Welt zu setzen.

Nach Unfall getürmt - Nummernschild blieb da

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von Andreas Milk

amtsgerichtKamen20KWKamen. Unfallflucht, Fahren eines Autos ohne Haftpflichtversicherung: Das waren die beiden Anklagepunkte gegen die Bergkamenerin Nicole M. (30, Name geändert). Beim Termin vor dem Kamener Strafrichter war schnell klar: Die junge Frau war nicht etwa skrupellos, sondern hatte schlicht die Nerven verloren.

13. September 2023, kurz nach 21 Uhr, Kamen, Nordenmauer: Nicole M. in ihrem VW guckt beim Fahren kurz aufs Handy; im nächsten Moment kracht es. "Ich hatte Panik", erinnerte sie sich beim Gerichtstermin. Aus Angst sei sie abgehauen. Zuhause wartete ihre elfjährige Tochter. Ein Nummernschild ihres VW blieb an der Nordenmauer liegen - ein Umstand, der die folgenden Ermittlungen der Polizei recht flott und unaufwändig werden ließ. Noch am selben Abend klingelte es an Nicole M.s Tür.

Am folgenden Tag hatte sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter um die abgelaufene Haftpflichtversicherung kümmern wollen. Eigentlich. Dass sie nun den entstandenen Schaden an zwei geparkten Wagen - unterm Strich rund 8.000 Euro - selbst tragen muss, belastet die Bürgergeldbezieherin mehr als das Urteil das Richters. Das sah am Ende so aus: eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 15 Euro, 675 Euro also insgesamt. Außerdem kann die Bergkamenerin frühestens in drei Monaten wieder eine Fahrerlaubnis erhalten. Ihren Führerschein ist sie seit dem ärgerlichen Augenblicksversagen im vergangenen September los.