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Kaum verurteilt - und schon wieder hinterm Steuer

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Prozesse wegen Fahrens ohne Führerschein gibt es oft vor dem Amtsgericht - der Kamener Dominik N. (32, Name geändert) war ein etwas besonderer Fall: Er stand jetzt vor dem Richter, weil er exakt zehn Tage nach einer Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer schon wieder mit seinem Opel unterwegs war.

Urteil Nummer eins hatte er am 7. Februar bekommen. Damals sagte eine Polizistin in der Verhandlung aus. Diese Beamtin erkannte ihn dann am 17. Februar auf der Straße wieder. Sie stoppte ihn. Wieder war Dominik N. angeschickert - 0,6 Promille sollen es gewesen sein, am frühen Vormittag -, aber vor allem war er ja längst vor Gericht seinen "Lappen" los geworden, fuhr also illegal durch die Gegend.

Urteil Nummer zwei lautete nun: 2.000 Euro Geldstrafe - dazu ein (weiteres) Jahr Führerscheinsperre.

Verfahrensstatus: Es ist kompliziert...

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amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. "Viereckige Augen" habe er bekommen, als er die Vorladung zum Gericht erhielt, sagt der 47-Jährige aus Bergkamen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sechs Mal ohne Führerschein Auto gefahren zu sein. Er selbst sagt: Er habe einen Führerschein. Oder besser: Er sollte eigentlich einen haben. Verfahrensstatus: Es ist kompliziert.

In der Anklage geht es um Fahrten in den Jahren 2017 bis 2019. Der Bergkamener wurde entweder "nur" geblitzt oder von der Polizei angehalten. Er ist in Telgte im Kreis Warendorf geboren und aufgewachsen - aber türkischer Staatsbürger. Vor einigen Jahren verlor er seine Papiere, sagt er. Das habe er auch gemeldet. Aber wegen eines Problems in Zusammenhang mit der Befreiung vom türkischen Wehrdienst habe er bis heute keine neuen Papiere bekommen - und damit auch keinen neuen Führerschein. Seine Fahrprüfung habe er vor langer Zeit - kurz nach dem 18. Geburtstag - in seinem Heimatkreis abgelegt.

Genau das wird nun per Anfrage an den Kreis Warendorf überprüft. Gibt es eine Bestätigung, steht einem Freispruch nichts entgegen.
Allerdings zieht der Mann schon in ein paar Wochen nach Bayern. Um sich den Freispruch "abzuholen", müsste er ein zweites Mal zum Kamener Amtsgericht fahren. Der Richter bot ihm eine bequeme Alternative an: Das Verfahren könnte nach einer positiven Auskunft aus Warendorf auch einfach eingestellt werden - ohne neuen Termin, ohne Kosten, ohne Eintrag im Vorstrafenregister, nur eben auch ohne die Erstklassigkeit eines "richtigen" Freispruchs. Ein Angebot, das der Angeklagte gern annahm.

Lebensmittel vorm Toilettenraum: Kontrolle brachte Ärger

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. In seinem Imbiss an der Werner Straße in Bergkamen bekam Murat M. (51, Name geändert) am 2. Juli 2019 Besuch von zwei Mitarbeiterinnen des Kreises Unna: Lebensmittelkontrolle. Was dabei passierte, brachte M. eine Anklage wegen Widerstandes und Körperverletzung ein. Die Verhandlung im Kamener Amtsgericht zeigte jetzt: Es war nicht ganz so wild.

Die Frauen vom Kreis hatten M. schon vor jenem Tag darauf hingewiesen, die Lagerung von Lebensmittelkonserven im Vorraum der Personaltoilette sei nicht in Ordnung - er möge das bitte ändern. Am 2. Juli wollten sie nachsehen, ob sich schon was getan hatte. Hatte es aber nicht. Es gab Streit; M. wurde wütend. Er griff an ein Regal - das Regal kippte um. Er nahm einen Ventilator und warf ihn zu Boden - der Ventilator streifte den Fußknöchel einer der beiden Frauen. Sie erlitt eine Schwellung, die nach ein paar Tagen wieder weg war. Ihre Kollegin blieb unverletzt, hatte sich aber wohl wegen des krachenden Regals erschrocken und in die Enge gedrängt gefühlt.

Dass Murat M. die Frauen verletzen wollte, glaubten Richter und Staatsanwältin am Ende nicht. Eher sei es wohl ein unkontrolliertes Dampfablassen gewesen. Das Urteil: eine Geldstrafe von 400 Euro wegen fahrlässiger Körperverletzung. Murat M. ist inzwischen wegen Corona arbeitslos geworden. Der Missstand in seinem früheren Imbisslokal ist inzwischen beseitigt: Der Kreis war nach dem 2. Juli, aber vor Corona nochmal da - diesmal übrigens begleitet von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes.

Attacke mit dem Gartenschlauch: 2.000 Euro Strafe

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Immerhin: In einem Punkt stimmten die Angaben beider Seiten überein - und zwar, dass es seit rund 20 Jahren Zoff zwischen ihnen gebe. Eine schier endlose Bergkamener Nachbarschaftsfehde beschäftigte heute den Strafrichter am Amtsgericht Kamen. Angeklagt: Der 36-jährige Markus A. (Namen geändert), der laut Staatsanwaltschaft mehrfach eine Frau von nebenan, die 58 Jahre alte Stefanie P., beleidigt und bedroht hat - etwa, indem er sie "asoziale Nutte" nannte und sich mit dem Zeigefinger die Kehle entlang fuhr. Das sei Unsinn, sagte Markus A. - einen anderen Anklagepunkt gab er dagegen zu: Am 4. Juli 2019 habe er Stefanie P. eine Dusche mit dem Gartenschlauch verpasst, um sie sich vom Leib zu halten. Sie habe damals nämlich eine Abstandsvereinbarung missachtet.

Die Sache mit dem Schlauch war der einzige Vorwurf, für den es so etwas wie einen objektiven Nachweis gab: Ein damals zum Tatort gerufener Polizist erinnerte sich auf Nachfrage des Richters, die Frau sei nass gewesen.

Was sich sonst so alles zwischen den Familien A. und P. abgespielt hat und abspielt - das wissen am Ende nur sie selbst. Nimmt man die Schilderungen von Markus A., seiner Mutter sowie eben von Stefanie P. zusammen, dann haben sich da die Richtigen gefunden - oder vielmehr: leider die völlig Falschen. "Ich will eigentlich nur meine Ruhe", sagt Stefanie P. - während die Anwältin ihres Widersachers Markus A. überzeugt ist: "Sie will ihn unbedingt im Knast sehen."

Da muss er - trotz ein paar Vorstrafen vor einigen Jahren - aber nicht hin. Der Richter verurteilte ihn wegen der Nummer mit dem Schlauch zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 40 Euro. A. habe sich der Beleidigung und Bedrohung schuldig gemacht. Der Urteilsverkündung folgte ein Appell, sich zu besinnen, einander aus dem Weg zu gehen und es vielleicht mal mit der Hilfe eines erfahrenen Schiedsmannes zu versuchen.

Besonders optimistisch wirkte der Richter nicht.

Flaschenwurf im Bahnhof: Noch kein Termin - wegen Corona

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BahnhofKamen17KWvon Andreas Milk

Kamen
. Vor genau einem halben Jahr - am 1. November 2019 - erlitt ein 2-jähriges Mädchen im Kamener Bahnhof lebensgefährliche Verletzungen am Kopf. Eine herumfliegende Whisky-Flasche hatte die Kleine getroffen. Ein Mann aus Moers soll verantwortlich sein. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund liegt im Kamener Amtsgericht. Dass es noch keinen Prozesstermin gibt, hat mit Corona zu tun.

Das hat uns Christoph Hommel gesagt, stellvertretender Gerichtsdirektor und als Strafrichter für den Fall zuständig. Erst seit dieser Woche wird in Kamen nach wochenlanger Pause wieder gegen mutmaßliche Straftäter verhandelt. Dabei gilt: Abstand halten. Die Stuhlreihen fürs Publikum sind deutlich gelichtet, zwei von drei Plätzen müssen frei bleiben, Richter und Protokollführer haben eine Plexiglasscheibe vor sich.

Bei Verhandlungen um Ladendiebstahl, Unfallflucht oder Kneipenschlägereien sind die Anti-Corona-Regeln kaum ein Problem: Das Interesse der Öffentlichkeit ist überschaubar oder gleich null; selten sind mehr als ein oder zwei Pressevertreter da; häufig braucht es nicht mal Zeugen oder einen Verteidiger. Beim Prozess um den Vorfall im Kamener Bahnhof dürfte das völlig anders aussehen. Der Fall hatte deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Und nicht bloß Medienvertreter brauchen Platz: Es gibt Zeugen und Nebenkläger.

Der Angeklagte aus Moers, ein 32-Jähriger, soll die Flasche aus einem fahrenden Partyzug geworfen haben. Bei der Polizei sagte er später, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass der Zug gerade einen Bahnhof passierte. Das kleine Mädchen musste operiert werden: Fraktur und Gehirnerschütterung, lautete die Diagnose. Nach der Operation bestand keine Lebensgefahr mehr.

Einen Zeitdruck gibt es in der Angelegenheit für das Gericht nicht. Das wäre anders, wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft säße. Dafür besteht aber kein Grund.
Die Folgen des Flaschenwurfs waren zwar übel - aber niemand unterstellt dem mutmaßlichen Täter gezieltes Handeln oder eine böse Absicht. "Fahrlässige Körperverletzung" heißt das juristisch - diesem Vorwurf ist auch ausgesetzt, wer im Straßenverkehr einen Unfall baut, bei dem jemand verletzt wird. Es drohen eine Geldstrafe oder - in Sachen Flaschenwurf eher unwahrscheinlich - eine Freiheitsstrafe.