Geld übrig? - Lieber in den Zoo als an den illegalen Automaten

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Am 31. März 2022 war Razzia in einem Büro für Sportwetten am nördlichen Rand der Kamener Innenstadt. Denn dieses Wettbüro bot nicht nur legale Wetten an: In seinem hinteren Bereich befanden sich vier nicht zugelassene Geräte für so genannte "Fun Games". Offiziell können Leute daran nur Geld verlieren. Eine Aufschrift verkündet: Keine Gewinnauszahlung. Inoffiziell gibt es aber eben doch was zu gewinnen. Die Geräte zeichnen den Punktestand auf. Das Bargeld im Gewinnfall gibt's dann halt an der Theke statt im Ausgabeschacht.

Zurück zu der Razzia. Sie brachte jetzt zwei Männer auf die Anklagebank des Amtsgerichts. Der eine hatte an dem besagten Tag an einem der "Fun Game"-Automaten einen Zehner verjubelt, um nach der Arbeit ein wenig zu entspannen; der andere arbeitete als Minijobber in dem Wettbüro. Beide hatten sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft strafbar gemacht.

Und beide verließen den Saal mit einem Freispruch. Der Kunde hatte beteuert, nicht gewusst zu haben, dass er sich mit dem Verballern seines Zehners an etwas Illegalem beteiligte. Und der Mitarbeiter des Wettbüros hatte erklärt, seine Aufgabe sei es gewesen, Geld zu wechseln, aufzupassen und bei Bedarf Rollen mit Thermopapier für die Wettscheine auszutauschen. Als die Kripo anrückte, habe er gerade Staub gesaugt. Illegale Spielgeräte? Keine Ahnung! Das mag zwar nicht allzu überzeugend klingen, doch überzeugt von der Schuld des Mannes war der Richter auch nicht. Er hätte es aber sein müssen, um ihn zu verurteilen.

Nebenbei: Es ließ sich anhand der Aufzeichnungen nachhalten, dass in die vier illegalen Spielgeräte innerhalb von gut anderthalb Monaten fast 60.000 Euro gesteckt worden sind. Der - zumindest auf dem Papier - verantwortliche "Geschäftsführer" ist verschwunden. Er wird wissen, warum. Dem freigesprochenen Automatennutzer im Prozess legte der Richter nahe, vielleicht eher in den Zoo zu gehen, wenn er einen Geldschein übrig habe und Ablenkung brauche.

"Traummann" wird zum "Dämon": Gewalt gegen die Ex-Freundin

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Unter Tränen beschrieb die Bergkamenerin Nathalie T. (Namen geändert) dem Richter, wie sich ihr Lebensgefährte Nick F. in der Nacht zum 29. August 2022 aufführte. Sie hatte sich nach sieben Jahren Beziehung von ihm losgesagt - er kam damit nicht klar: Mit der flachen Hand habe er ihr ins Gesicht geschlagen, sie gestoßen und gebissen, mit einer abgebrochenen Bierflasche hantiert und eine Machete vor ihren Augen in die Tür gerammt. All das geschah in der damals gemeinsamen Wohnung in Weddinghofen. Die Polizei nahm Nick F. mit. Sie brachte ihn fürs erste in die Psychiatrie. Denn er hatte auch damit gedroht, sich zu erhängen. "Er stand vor mir wie ein Dämon", sagt Nathalie T. über den Mann, mit dem sie "eigentlich alt werden" wollte und den sie als ihren "Traummann" gesehen habe.

Dieser Mann sei eigentlich liebenswert. Alkohol und Drogen hätten ihn kaputt gemacht. Tatsächlich schien Nick F. - nüchtern - in der Verhandlung freundlich und umgänglich zu sein. In jener Nacht hatte er wohl im Suff einen Abschiedsbrief verfasst, den er Nathalie T. vorlesen wollte, als sie nach Hause kam. Dass sie davon wenig angetan war, brachte ihn in Rage. "Gestritten haben wir uns schon immer", sagt Nick F. - zugeschlagen habe er aber nie. Gleichwohl belegt ein ärztliches Attest Prellungen und Hämatome. Nathalie T. war einige Tage krankgeschrieben.

Fast schon ungewöhnlich für einen Angeklagten von Mitte 40 bei einem Gewaltdelikt: Nick F. hat keinerlei Vorstrafen. Bloß ein Annäherungsverbot hat er sich bisher eingehandelt beim Familiengericht. Der Strafrichter entschied nun: Eine Verwarnung für den Ausraster im August reicht, quasi eine Geldstrafe auf Bewährung für Körperverletzung und Bedrohung. 60 Tagessätze à 15 Euro drohen dem Mann, sollte er nochmal straffällig werden.

Seiner "Ex" wünschte er alles Gute. Das Gerichtsgebäude verließen die beiden mit Abstand.

Unter Drogeneinfluss: Auto der Schwester demoliert

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Seine Schwester hatte ihn gebeten, mal nach dem Motor ihres Wagens zu schauen. Stattdessen setzte sich Florian M. (Name geändert) in den VW, setzte auf der Helmstedter Straße in Bergkamen-Oberaden ein Stück zurück und krachte in ein geparktes Auto. Zu dem Zeitpunkt stand er - wie sich später zeigen sollte - unter Einfluss von Alkohol (rund 0,9 Promille) sowie illegalen Drogen. Führerschein: nicht vorhanden. Und nun saß er als Angeklagter im Kamener Amtsgericht.

"Ich war nicht Herr meiner Sinne", sagte er. Das bestätigte prompt der Richter: "Die schlaueste Tat war das nicht." Das Polizeiprotokoll hält fest, M. sei bei der Unfallaufnahme "redselig und hyperaktiv" gewesen. Mit seiner Schwester hat Florian M. seit jenem Vorfall Mitte Februar allerdings nur ein einziges Mal geredet. Und nicht nur das Verhältnis zu ihr ist wohl fürs erste im Eimer - auch das geparkte Auto war ein Totalschaden: gut 4.000 Euro wären für die Reparatur nötig gewesen. Der Eigentümer, als Zeuge im Gerichtssaal, hat nach eigenen Angaben noch kein Geld von der Versicherung bekommen.

Für Florian M. - vorbestraft unter anderem wegen Schwarzfahrens und Körperverletzung - gab es eine Geldstrafe in ähnlicher Größenordnung: 90 Tagessätze à 50 Euro muss er zahlen. Er akzeptierte den Richterspruch.

Ehe vor Gericht: "Schneide dir den Finger ab"

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Der Kamener Strafrichter war diesmal auch als Eheberater tätig - auch wenn von der Ehe nicht viel übrig zu sein scheint. Er riet dem Angeklagten: Wenn eine Diskussion mit seiner Frau zu eskalieren drohe, "müssen Sie Platz zwischen sich schaffen". Marcel P. (25, Namen geändert) hatte am 8. Oktober 2022 seiner Frau Nora im Streit gedroht, er werde ihr einen Finger abschneiden - und zwar den, der eine Tätowierung mit seinem Namen trägt -, sie außerdem umbringen und mit der gemeinsamen Tochter verschwinden. Das Ganze passierte in der Wohnung des Paars in Bergkamen-Rünthe. Marcel P. "wohnte" eigentlich gerade in der JVA. Er hatte aber Ausgang.

Ein Ehepaar wurden Marcel und Nora P. 2021. Marcel P. "sitzt" seit Mai 2022. Derzeit ist er im offenen Vollzug. Die Haft endet nach heutigem Stand im November 2024. Eine vorzeitige Entlassung sei ihm in Aussicht gestellt worden, erklärte er im Prozess. Freundlich und reuevoll schilderte er das Geschehen in der Rünther Wohnung: eine "Kurzschlussreaktion" sei das gewesen, nachdem er erfahren habe, dass seine Frau ihn betrüge. "Ich war komplett überfordert." Was die Drohung mit dem Fingerabschneiden angeht: Noch nie habe er jemandem weh getan. Marcel P., vielfach vorbestraft, setzte sich hin und schrieb aus freien Stücken einen Brief an die Polizei, nachdem seine Frau ihn angezeigt hatte. Schon in diesem Brief gab er alles zu.

Nora P. ist dem Anschein nach heute mit ihrem Mann fertig. Er habe sich nicht geändert, sagt sie. Er sehe seine Tochter, "und das ist auch gut so". Im übrigen, so die junge Frau, strebe sie die Scheidung an und wolle ihr Abitur nachmachen.

Das Urteil für Marcel P.: eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 8 Euro. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe auf Bewährung beantragt; P.s Verteidiger hatte eine Verfahrenseinstellung angeregt: Sein Mandant sei halt "ein rustikaler Typ", der aber wohl auch andere Seiten habe, sonst hätte ihm Nora P. nie das Jawort gegeben. Gut möglich, dass der Fall noch das Dortmunder Landgericht in einer Berufungsverhandlung beschäftigen wird.

Sturmhaube, Machete - und keine Haftpflichtversicherung

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von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Vor dem Kamener Jugendrichter saß der 18-jährige Michel H. (Name geändert) jetzt, weil er im vergangenen Oktober mit einem nicht haftpflichtversicherten E-Scooter durch die Bergkamener Lessingstraße gezischt war. Aufgefallen war er seinerzeit einer Polizeistreife aber vor allem durch zwei Details: Erstens trug H. eine Sturmhaube, zweitens eine Machete auf dem Rücken. Da kann man schon mal stutzig werden. Die Sache mit der Machete wurde damals wohl als Ordnungswidrigkeit geahndet; sie spielte bei Gericht jedenfalls keine Rolle mehr. Die fehlende Versicherung dagegen brachte dem jungen Mann eine Anklage.

Freundlich und mitteilsam erklärte er dem Richter, die Vorwürfe gegen ihn seien richtig. Mittlerweile sei er aber "ordentlich" geworden. Seine Vergangenheit war heikel: unter anderem mit ADHS, Drogensucht, Drogenentzug, kleineren Straftaten, chaotischen Familienverhältnissen und abgebrochener Berufsausbildung nach dem Abschluss an der Kamener Hauptschule.

Gegen all das wirkte die illegale E-Scooter-Tour eher wie Kleinkram. War sie aber nicht, betonte der Vertreter der Staatsanwaltschaft: Ein Unfall sei schnell passiert, und das Fehlen einer Versicherung und die damit verbundene Notwendigkeit, selbst für Sach- oder gar Personenschäden aufzukommen, könne ein Leben kaputt machen. So gesehen: Glück gehabt.

Das Urteil für Michel H.: Er muss 30 Stunden Freizeitarbeit ableisten. Der E-Scooter wird eingezogen. Noch im Gerichtssaal erklärte H., den Richterspruch anzunehmen. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.

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