Jugend vor Gericht: Mal Marihuana - mal Glühwein

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Zwei berauschende, wenn auch sehr unterschiedliche Stoffe hatten zwei junge Männer vor den Jugendrichter gebracht: Bei dem einen ging's um Marihuana, bei dem anderen um Glühwein. Seine Entscheidungen traf der Richter angemessen entspannt.

Den Glühwein hatte der angehende Azubi Tobias T. (19, Namen geändert) vergangenen Dezember spät abends auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt konsumiert. Kurz danach fiel er im Hauptbahnhof Polizeibeamten auf. Sie beschlossen, ihn zu durchsuchen. Tobias T. wollte das nicht. Und er bedachte die Polizisten mit einer Reihe von Schimpfwörtern aus der untersten Schublade. Nun saß er da auf der Anklagebank und erklärte leise: "Ich schäme mich" - das Ganze sei ihm "sehr, sehr unangenehm". Konkret erinnern könne er sich an den Abend nicht. Es war das erste Mal, dass er vor Gericht erscheinen musste. Es gab zwar in der Vergangenheit schon zwei Verfahren - eins davon wegen eines Drogendelikts -, aber die wurden ohne Termin eingestellt. Das geschah nun vor Gericht auch in der Glühwein-Sache - aber nur vorläufig. Erst wenn Tobias T. 300 Euro Buße an Sternenland e. V. - einen Verein zur Betreuung trauernder Kinder - überwiesen hat, ist der Fall erledigt.

Dagegen gab es für den 19-jährigen Niklas F. eine Gratis-Einstellung - wenn man von Kosten für den Anwalt absieht, den er dabei hatte. Der Auszubildende war Ende Oktober in der Nähe des Kamener Technoparks mit drei Tütchen Marihuana erwischt worden. Seitdem, so der Verteidiger, habe sein Mandant sich mit der Suchtproblematik auseinandergesetzt und dem Konsum abgeschworen. Fünf Mal war Niklas F. nachweislich bei einer Beratungsstelle. Er sagt: Sein Leben laufe entschieden besser, seit er vom Marihuana die Finger lasse. Der Richter begnügte sich mit einer Ermahnung, verbunden mit dem Hinweis: Sollte es zu einer Wiederholung kommen - und Niklas F. dann womöglich bereits unters Erwachsenenstrafrecht fallen -, werde es nicht so locker bleiben.

Vorsicht, Familie: Schwester fährt - Bruder wird angeklagt

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von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Der inzwischen 21 Jahre alte Tobias L. (Name geändert) soll sein Auto - einen Mercedes - seiner Schwester überlassen haben, obwohl die keinen Führerschein besitzt. So jedenfalls stand es in der Anklage. Tatsächlich war alles ein bisschen anders, stellte sich jetzt beim Prozess im Amtsgericht heraus. L. verließ den Saal mit einem Freispruch - und der Erkenntnis: Die Familie kann einen ganz schön reinreiten. Vorsicht ist angebracht.

Tobias L. hat nicht nur die eine Schwester, sondern rund ein halbes Dutzend. Und eine von ihnen ist die De-facto-Besitzerin des Mercedes. Sie hat wohl auch einen Führerschein. Ihren Bruder Tobias hatte sie irgendwann einmal eine Vollmacht unterschreiben lassen, mit der sie den Wagen auf seinen Namen anmeldete. Tatsächlich Zugriff auf das Fahrzeug hatte er aber nicht. Leider fuhr am 18. Oktober vorigen Jahres eine der vielen anderen Schwestern - und zwar: eine ohne Führerschein! - mit dem Auto herum. Und Tobias L. geriet in Verdacht, ihr das gestattet zu haben, obwohl er eben gar nichts mit dem Mercedes zu schaffen hatte: Er gehörte ihm nur auf dem Papier.

"Auch wenn's die Familie ist", mahnte der Richter: Es lohne sich, die Kontrolle zu behalten über das, was den eigenen Namen trägt. So seien in letzter Zeit Fälle bekannt geworden, in denen Girokonten ohne Wissen der Inhaber für windige (Online-) Geschäfte missbraucht wurden.

"Hurensohn" vom Jobcenter verstand Türkisch: Anklage

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amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Auch keine so gute Idee: jemanden zu beleidigen in einer Sprache, die der Beleidigte nicht versteht. Denn vielleicht tut er's ja doch. Und vielleicht erstattet er dann sogar Anzeige - wie zum Beispiel ein (ehemaliger) Mitarbeiter des Jobcenters Bergkamen.

Der musste sich im August vorigen Jahres am Telefon von seinem Gesprächspartner Erdal M. (Name geändert) den Satz anhören: "Ich ficke deine Mutter, du Hurensohn" - auf Türkisch. Sowas passiert anscheinend leider gar nicht mal so selten. Deshalb erkannte der Mann vom Jobcenter die anstößigen Wörter auch prompt wieder.

Erdal M. sollte sich jetzt wegen Beleidigung in Kamen vor dem Strafrichter verantworten. Er blieb aber weg. Nur sein Pflichtverteidiger war da. Hintergrund: Wegen Betrugs hatte M. in der Vergangenheit zwei Freiheitsstrafen auf Bewährung bekommen.

In Abwesenheit verurteilte der Richter ihn wegen des Telefon-Ausrasters zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 10 Euro. Sollte er sie nicht zahlen (können), drohen ersatzweise 60 Tage Haft. Legt er Einspruch gegen die Geldstrafe ein, muss er sich zumindest selbst beim nächsten Verhandlungstermin im Gericht blicken lassen, um eine Chance zu haben.
Der beleidigte Jobcenter-Mann ist inzwischen zur Kreisverwaltung nach Unna gewechselt, in den Bereich Kitas. Es soll dort gesitteter zugehen.

Angetrunken gegen Findling: Angeklagte selbst ihre härteste Richterin

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. "Ich entschuldige das vor mir selber erst mal nicht." Die Angeklagte im Amtsgericht ging, so schien es, mit sich selbst härter ins Gericht, als es der Richter tat. Martina G. (Name geändert) ist 73 Jahre alt, Gesamtschullehrerin im Ruhestand. Am 13. Dezember 2022 - abends gegen 21 Uhr - lenkte sie ihr Auto an der Ecke Bollwerk/Koppelstraße in den Findling auf einer Grünfläche. In ihrem Blut fand sich später eine Alkoholkonzentration von 0,91 Promille. Das ist vergleichsweise harmlos, unterhalb der juristischen Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit. Aber es war nun mal der Unfall passiert. Außerdem nimmt Martina G. aufgrund eines neurologischen Leidens Medikamente, die den Alkohol in seiner Wirkung verstärken - beziehungsweise: seinen Abbau stark verlangsamen.

An jenem Abend, berichtete Martina G., habe sie auf dem Weihnachtsmarkt zwei Glühwein getrunken. Über den Einfluss der Medikamente konnte oder wollte sie zu dem Zeitpunkt nicht allzu genau Bescheid wissen: Beipackzettel ignoriere sie lieber, aus Sorge, schon durchs bloße Lesen könnten sich Nebenwirkungen bei ihr bemerkbar machen.

Den Führerschein ist die Frau seit jenem Dezemberabend los, ihr Wagen hatte einen Schaden von gut 5.000 Euro, Menschen wurden nicht verletzt, auch der Findling hat's wohl heil überstanden. Mustergültig ging Martina G. in der Folgezeit daran, das Geschehen aufzuarbeiten: Unter anderem absolvierte sie eine verkehrspsychologische Beratung. Vorstrafen? Natürlich keine.

Das Urteil im Amtsgericht: eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 70 Euro für fahrlässige Trunkenheit. Dazu kommt eine Führerscheinsperre von vier Monaten. Nach Ablauf dieser Frist kann die Kamenerin eine neue Fahrerlaubnis beantragen.

Miete gezahlt für null Quadratmeter - trotzdem verurteilt

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Thomas D. (Name geändert) war froh, an der Lüner Höhe in Kamen endlich eine Wohnung gefunden zu haben. Das Kuriose: Er bekam von der Wohnungsgesellschaft nie den Schlüssel dafür - überwies aber trotzdem rund ein Jahr lang Miete, insgesamt 9.741 Euro. Dieses Geld kam nicht von ihm selbst, sondern vom Jobcenter; D. leitete es nur an die Gesellschaft weiter. Er hatte also selbst nichts davon. Aber das schützte ihn nicht vor einer Betrugsanklage. Über sie wurde jetzt im Amtsgericht verhandelt. Das Urteil gegen den mehrfach vorbestraften 58-Jährigen: acht Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung.

Denn er habe das Geld vom Staat nun einmal "verballert", so der Richter - ob für sich selbst oder zugunsten von jemand anders, sei da unerheblich. Nebenbei miterledigt - und zwar per Verfahrenseinstellung - wurde ein zweiter Anklagevorwurf: Als Mitarbeiter eines Versicherungsbüros in Bergkamen soll Thomas D. vor drei Jahren eine ihm anvertraute Barzahlung in Höhe von 385 Euro nicht ordentlich weitergegeben haben. Im Vergleich zu den 9.741 Euro vom Jobcenter eher eine Kleinigkeit - D. bekam die Auflage, dem Versicherungskunden das Geld zurückzuerstatten.

Warum übrigens die Sache mit der Wohnung seinerzeit nicht geklappt hat, dazu stehen widersprüchliche Angaben in den Akten. Es dürfte wohl nicht zuletzt am Gebaren der beteiligten Immobilienfirma gelegen haben. Positiv immerhin: Zum 1. Mai hat Thomas D. nun wieder einen Job - er fängt bei einem Energiekonzern als Vertriebsmitarbeiter an.

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