Haare ab: Haft auf Bewährung für Attacke mit Schere
von Andreas Milk
Kamen. Zwei Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges waren Julia K. und Jana T. (Namen geändert), beide Mitte 30, aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Gemeinsam nahmen die beiden Schwestern jetzt auf der Anklagebank im Kamener Amtsgericht Platz. In einer Unterkunft in Kamen-Methler an der Robert-Koch-Straße hatten sie am Nachmittag des 25. September 2023 gemeinsam die 29-jährige Aleksa S. attackiert. Der Grund: Sie soll sich mit dem Lebensgefährten von Jana T. getroffen haben, mehrmals.
Auf gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung lautete jetzt die Anklage. Denn Aleksa S. bekam seinerzeit von Julia K. mit Gewalt Haare abgeschnitten und erlitt obendrein durch die verwendete Schere eine Handverletzung. Sie soll außerdem von den Schwestern gehindert worden sein, ihr Zimmer zu verlassen.
Dass sie wirklich nicht hätte gehen können, ließ sich in der Verhandlung nicht beweisen. Immerhin war sie in der Lage, während des "Besuchs" der Schwestern ein Handytelefonat zu führen. Überhaupt ist vieles offen nach dem Prozess. Hatte Aleksa S. wirklich eine Affäre mit Jana T.s Mann? Sie bestreitet das. Lag die Schere - das Tatwerkzeug - in ihrem Zimmer, war also bloß Zufallswaffe, oder hatten die Schwestern sie mitgebracht?
Julia K. sagte unter Tränen, sie schäme sich sehr und wolle sich "von ganzem Herzen" entschuldigen. Obendrein bot sie Aleksa S. als Wiedergutmachnung 500 Euro an. Das Geld hatte sie schon dabei. Aleksa S. lehnte erst einmal ab, und sie sagte auch, dass sie ihren Angreiferinnen nicht böse sei. Und was Jana T. angeht, die angeblich Betrogene: Die hatte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen eher passiven Part bei dem Vorfall in Methler. Soll heißen: Sie war dabei - und ließ ihre in Rage geratene Schwester machen. Konsequenz: Das Verfahren gegen sie wurde eingestellt.
Julia K. allerdings bekam sechs Monate Haft auf Bewährung. Für gefährliche Körperverletzung ist das die Mindeststrafe. Geständnis und blankes Vorstrafenregister verhinderten Schlimmeres. Als Bewährungsauflage muss die Bürgergeldempfängerin 300 Euro zahlen.
Nachhaltig gelitten hat das Verhältnis der beiden Schwestern. Vor dem 25. September scheinen sie nahezu unzertrennlich gewesen zu sein. Nach dem 25. September brachen sie den Kontakt ab. Im Verhandlungssaal sprachen sie nicht miteinander. Aleksa T. wohnt mittlerweile in Dortmund. Sie trägt teure Extensions - was den Richter zur Bemerkung veranlasste: "Hoch lebe unser Sozialstaat."