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Prozess um brennende Müllbehälter: Freispruch

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Am Abend des 21. Januar haben in der Kamener Innenstadt drei Müllcontainer gebrannt: an der Kämertorstraße, am Nordring und an der Wittenberger Straße. Die Staatsanwaltschaft Dortmund machte dafür den 49-jährigen Christian T. (Name geändert) verantwortlich. Der Prozess vor dem Amtsgericht endete jetzt aber mit einem Freispruch. Zwar sprechen Indizien für T.s Täterschaft. Einen Beweis oder Augenzeugen gibt es aber nicht.

An jenem Abend war T. nach eigenen Angaben mit seinem Fahrrad an der Hand durch die Gegend gezogen. Er wollte Pfandflaschen sammeln. T. lebt von Bürgergeld und einem kleinen Job im Café einer gemeinnützigen Einrichtung. An der Kamener Polizeiwache fiel er zwei Beamten auf: Die hatten bei Dienstbeginn von den Vorfällen mit den Müllgefäßen gehört; T. kam ihnen verdächtig vor, unter anderem, weil er sich immer wieder umsah. Sie beobachteten ihn eine Weile und kontrollierten ihn schließlich, nachdem er sich über zwei Mülltonnen - eine Papier-, eine Wertstofftonne - gebeugt hatte. Später zeigte sich: Die beiden Gefäße waren so gut wie leer. Das Ergebnis von T.s Überprüfung durch die Polizei: T. hatte zwei Feuerzeuge dabei - nicht ungewöhnlich für einen Raucher -, seine Hände waren sauber, er hatte auch keinerlei Brandbeschleuniger oder Ähnliches.

Was sonst noch bekannt ist: T.s Handy war in der Nähe der Brandorte. Sein Vorstrafenregister ist proppevoll, Diebstahlsdelikte bilden einen Schwerpunkt, Brandstiftung oder Sachbeschädigung tauchen nicht auf.
Es bleibe "ein Geschmäckle", fand die Richterin - vor allem wegen der Handy-Daten. Aber für eine Verurteilung sind diese Daten nicht genug. Die Zündeleien bleiben fürs erste ungesühnt.

Alkohol als Schmerzmittel: Mit über zwei Promille ins Krankenhaus

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Mit Schmerzen im Unterleib setzte sich die Bergkamenerin Maria F. (44, Name geändert) in ihren Skoda, um nach Lünen ins Marienhospital zu fahren. Das Problem: Sie war betrunken, nachdem sie wohl versucht hatte, den Schmerz mit Alkohol zu betäuben. Als die Polizei sie Stunden später - am 26. April, morgens kurz vor vier Uhr - vor ihrer Wohnung in Empfang nahm, hatte Maria F. noch 2,13 Promille im Blut. Auf der Fahrt nach Lünen am späten Abend des 25. April muss der Wert noch deutlich höher gelegen haben, vermutlich nicht allzu weit von drei Promille entfernt.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund erwirkte einen Strafbefehl. Gegen den legte Maria F. Einspruch ein. Die Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen à 40 Euro wegen Trunkenheit störte sie weniger. Viel mehr machte ihr die achtmonatige Führerscheinsperre zu schaffen. Denn mit dem Auto fahren muss sie reichlich in ihrem Job.

Mit Hilfe ihres Verteidigers wollte sie nun vor dem Kamener Amtsgericht eine Verfahrenseinstellung erreichen. Aber die Richterin winkte ab: Die Fahrt im Rausch - nach Lünen und zurück unterm Strich fast 15 Kilometer - sei unverantwortlich gewesen. Die Unterleibsschmerzen reichten nicht als Entschuldigung: Auch ein Notarzt hätte ja helfen können. Am Ende zog Maria F. den Einspruch zurück: Es bleibt bei der Strafe und dem zwangsweisen Führerscheinverzicht.

"Zitternd im Auto": Drängler verurteilt

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Am Morgen des 7. März hatten auf der Derner Straße zwei Autofahrer eine unschöne Begegnung. Wie die sich konkret abgespielt hat - darüber gab es jetzt im Amtsgericht denkbar gegensätzliche Aussagen. Tobias H. (26, alle Namen geändert) war wegen Beleidigung und versuchter Körperverletzung angeklagt - Friedhelm M. und seine Frau Marianne sagten als Zeugen gegen ihn aus.

Das Ehepaar M. - er am Steuer, sie auf dem Beifahrersitz - war in seinem Volvo auf der Derner Straße vor dem Pritschenwagen von Tobias H. her gefahren. "Der Herr klebte an unserer Stoßstange", erinnerte sich Marianne M. Und so sei ihr Mann schließlich in eine Hofeinfahrt ausgewichen, um den Drängler passieren zu lassen. Bloß habe der nicht etwa Gas gegeben, sondern ebenfalls gestoppt. Er sei ausgestiegen, habe vergeblich die Beifahrertür des Volvos aufzureißen versucht und den Außenspiegel demoliert. "Wir saßen beide zitternd im Auto." Als er dann wieder zu seinem eigenen Wagen ging, stiegen auch die M.s aus dem Volvo: Sie wollten das Kennzeichen notieren und damit zur Polizei gehen. Da habe Tobias H. drohend den Arm gegen ihren Mann erhoben. Auch beschimpft habe er ihn. Friedhelm M. selbst sprach gar von einer geballten Faust, die er bei Tobias H. gesehen habe.

Tobias H. beschrieb das Geschehen völlig anders. Friedhelm M. habe ihm in der Hofeinfahrt den Mittelfinger gezeigt - und das habe er nicht auf sich sitzen lassen wollen. Folge sei ein Streit gewesen, ihn dessen Verlauf Friedhelm M. ihn geschubst sowie als Penner und Wichser bezeichnet habe. "Ich selbst war nicht gewalttätig", versicherte H. - nur ein "Hurensohn" sei ihm rausgerutscht.

Sein Verteidiger listete vermeintliche Widersprüche zwischen Polizeiprotokoll und Aussagen des Ehepaars M. vor Gericht auf. Er beantragte für seinen Mandanten einen Freispruch. Die Richterin aber war überzeugt: Nicht der deutlich jüngere, muskulöse Tobias H. war hier der Bedrängte - sondern die M.s waren es, deren Aussagen "ehrlich und offen" geklungen hätten. H., bislang ohne Vorstrafe, wurde zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt.

Ende einer Ehe: "Alkohol macht ihn zum Monster"

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amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. "Ich war geistig nicht da." So beschrieb der Bergkamener Herbert T. (Name geändert) seinen Zustand an einem Abend im März dieses Jahres. Es war der Abend, an dem der 71-Jährige seine Frau angriff: Laut Akten der Staatsanwaltschaft packte er sie am Hals, biss in ihre Hand, als sie ihn abzuwehren versuchte. Klar ist, dass Herbert T. schwer betrunken war. Und dass es sich nicht um die erste Attacke im Suff gegen seine Frau handelte. Vor dem Kamener Amtsrichter war ihm wichtig darauf hinzuweisen, dass er mit ihr seit 52 Jahren verheiratet ist.

Kurioserweise war es Herbert T. selbst, der seinerzeit die Polizei anrief. Er hatte wohl die Wahnvorstellung, seine Frau wolle ihn töten. Die Beamten rückten an. Als sie eintrafen, war schon der Sohn des Paars am Tatort. Er wohnt nicht weit entfernt, in Overberge. Auch mit ihm hatte Herbert T. an dem Abend telefoniert. Der Sohn zog seinen alten Herrn von der Mutter herunter: "Sie hatte panische Angst." Er nahm die Mutter mit zu sich. Herbert T. blieb, wo er war - bei sich zuhause, zum Ausnüchtern.

"Alkohol macht ihn zum Monster", erklärte der Sohn dem Richter. Eine Aussage der Mutter als Zeugin erübrigte sich, die Schilderungen des Sohnes waren deutlich genug. Eine Strafe für den Ehemann und Vater wollten beide nicht: Er wisse ja im Rausch gar nicht, was er tue, und sei im Grunde ja kein schlechter Mensch. Die Frau will sich jetzt ein eigenes Leben aufbauen. Noch ist sie beim Sohn.

Der Richter stellte das Verfahren ein - vorläufig. Herbert T. bekam die Auflage, sich einem Gespräch im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs zu stellen. Er soll seine Tat und die Hintergründe aufarbeiten. Seine Frau kann daran mitwirken - sie muss es aber natürlich nicht. Sobald T. seine Pflicht getan hat, ist das Verfahren endgültig erledigt.

Regimegegner beleidigt Regimefreund: Geldstrafe für Youtube-Video von Andreas Milk

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Diese Woche gibt es wieder Schlagzeilen über Angriffe der früheren Sowjetrepublik Aserbaidschan in der Region Bergkarabach. Ein Stückchen "große" Politik beschäftigte jetzt auch das Kamener Amtsgericht. Grund ist der aus Aserbaidschan stammende, in Bergkamen lebende Exilpolitiker Yunis K. (Name geändert). Es gab eine Anklage gegen ihn wegen Verleumdung und Beleidigung. In einem Youtube-Video von gut einer Dreiviertelstunde Dauer hatte K. sich über einen Widersacher ausgelassen - einen regimefreundlichen Künstler, der wohl zur Elite in der Hauptstadt Baku beste Kontakte unterhält. Das Video enthält eine Reihe wüster Beschimpfungen gegen den Mann - der sei "ein Arschloch", pädophil obendrein, habe keine Skrupel, die eigene Mutter oder Tochter zu besteigen.

Der so Verunglimpfte erstattete Anzeige gegen Yunis K. und ließ sich jetzt auch als Nebenkläger im Kamener Prozess von einem Anwalt vertreten. Das Ziel: eine Verurteilung K.s, dazu Schmerzensgeld.
Der Anwalt von Yunis K. wiederum machte deutlich: Der Fall hat eine Dimension, die über die strafrechtliche Würdigung geschmackloser Beleidigungen hinaus geht. Letztlich gehe es dem Anzeigenerstatter in Aserbaidschan darum, dass die deutschen Behörden Yunis K. überstellen. Der sei ein Verfolgter des Regimes, erklärte der Anwalt, der K. auch schon in einem Verwaltungsgerichtsverfahren vertreten hatte. Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen - wie von der Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragt - wäre für K., seine Frau und seine kleine Tochter "eine aufenthaltsrechtliche Katastrophe".

Das Urteil fiel denn auch milder aus: Eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 20 Euro verhängte der Richter. Außerdem soll Yunis K. 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Ein gewisses Verständnis für K. ließ der Vorsitzende indirekt erkennen: Er fände es ärgerlich, sagte er, wenn nun K.s "Opfer" mit dem Urteil hausieren gehe. Denn auch dieser aserbaidschanische Regimefreund hatte mit öffentlichen Beschimpfungen an die Adresse K.s nicht gerade gegeizt - nur dass diese Beschimpfungen in Deutschland nicht justiziabel sind.