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O2 couldn't do: DSL-Kunde war nie flüssig - Anklage

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Im Sommer vorigen Jahres wollte die Firma Telefonica (O2) rund 50 Euro vom Konto ihres Bergkamener DSL-Neukunden Paul B. (Name geändert) abbuchen. Aber sie hatte keine Chance. Kaum war ein größerer Betrag auf dem Konto gutgeschrieben worden, räumte B. das Guthaben bis auf ein, zwei Euro ab. Die Lastschriften der Telefonfirma platzten. Folge war eine Anzeige wegen Betrugs.

Beim Termin im Kamener Amtsgericht verteidigte sich Paul B. wortreich. Es gab nie eine Betrugsabsicht, versicherte er - wohl aber Probleme mit seiner Exfrau. Die habe von jetzt auf gleich die gemeinsamen Kinder bei ihm gelassen. Für deren Ernährung habe er das Geld gebraucht. Seine Ex habe er aufgefordert, im Gegenzug wenigstens die Telefonrechnung zu übernehmen. Sie habe sich aber nicht drum gekümmert.

Paul B. lebt inzwischen mit einer anderen Frau zusammen. Sie ist schwanger. Er sagt: "Ich möchte ein glückliches, ordentliches Leben mit meiner Familie führen" - unbelastet von der Verflossenen, die ihm so viel Stress bereitet habe. "Es wäre falsch, mich zu verurteilen."

Aber der Richter tat es: Hartz-IV-Empfänger B. muss eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro zahlen. Dazu kommt: B. ist wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft - er hat den Teil einer Haftstrafe verbüßt, der Rest wurde zur Bewährung ausgesetzt. B. muss damit rechnen, dass die Bewährung widerrufen und die Reststrafe "fällig" wird.

"Du Scheißkind": Prügelnden Grundschüler beschimpft - Anklage bekommen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Was Carlos H. (alle Namen geändert) am Morgen des 21. Februar vor der Bergkamener Pfalzschule erlebte, brachte ihn in Rage - und nun als Angeklagten vor den Kamener Amtsrichter. Es war kurz vor 8 Uhr. H. brachte mit dem Auto seinen Sohn zum Unterricht. Er sah, wie auf der Straße der zehnjährige Marvin dem zwei Jahre jüngeren Julian zwei Mal auf den Kopf schlug. Carlos H. stoppte. Er ließ seinen Sohn aussteigen und sprach mit dem kleinen Julian. Der soll ihm erzählt haben, Marvin schlage ihn jeden Tag. H. schnappte sich Marvin - um, wie er sagt, mit ihm zur Schulleitung zu gehen: Die müsse doch etwas tun. Marvin sträubte sich. Und dann passierte es: Dem 30-jährigen Carlos H. rutschte gegenüber dem zehnjährigen Schüler eine strafbare Beleidigung heraus. "Du Scheißkind!" - so stand es in der Anklage. Und so gab es H. auch im Gerichtssaal zu.

Angesichts der Umstände hielt der Richter eine Verfahrenseinstellung für angebracht - einen "Freispruch zweiter Klasse". H.s Verteidiger fand, es hätte gar nicht erst zu einer Anklage kommen dürfen. H. selbst sah ein, dass die Beleidigung wohl daneben war - aber: "Ich wollte nur helfen." Die Staatsanwältin allerdings wollte den Fall nicht einfach abhaken - sondern eine Verurteilung. Der Grund: H. hat Vorstrafen wegen Körperverletzung und Beleidigung. Das "Scheißkind" wollte sie deshalb mit drei Monaten Haft auf Bewährung geahndet sehen.

Es kam anders. Der Richter verwarnte Carlos H. und verhängte eine Geldstrafe von 200 Euro auf Bewährung. Der herzkranke Frührentner braucht also nicht zu zahlen - es sei denn, es passiert wieder etwas.
Die Mutter des geschlagenen Julian hatte seinerzeit den mutmaßlichen Prügler Marvin strafrechtlich belangen wollen. Aber Marvin hat Glück. Zehnjährige sind nicht strafmündig.

iPhone-Deal im Burger King: Betrugsprozess eingestellt

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Neben Fritten, Fleisch und Cola wechselte vor rund einem Jahr im Burger King am Kamen Karree ein iPhone 8 den Besitzer. Erkan M. (Name geändert) aus Unna hatte das Handy bei Ebay inseriert; es meldete sich ein Vater aus Schwerte, der ein Weihnachtsgeschenk für seine Tochter suchte. Das Treffen im Schnellrestaurant verlief erfolgreich: 480 Euro zahlte der Schwerter für das iPhone. Aber dann soll das teure Teil nicht funktioniert haben. Folge: sowohl ein zivilrechtliches als auch ein strafrechtliches Verfahren.

Erkan M. saß jetzt wegen Betrugs im Kamener Amtsgericht. Und er sagte sehr bestimmt: Die Vorwürfe träfen nicht zu. Vater und Tochter hätten im Burger King das iPhone getestet, "alles hat wunderbar funktioniert". Ganz anders die Schilderung des Vaters: Daheim in Schwerte habe das iPhone die SIM-Karte der Tochter nicht akzeptiert. In einem Geschäft vor Ort habe er dann erfahren, das iPhone sei offensichtlich in der Vergangenheit schwer beschädigt worden, sein "Innenleben" sei nicht mehr originalgetreu, alles in allem: keine hundert Euro wert. Der Vater nahm Kontakt zu Erkan M. auf. Der habe sich bereit erklärt, das Handy zurückzunehmen. Ein Treffen sei aber an angeblichen Terminproblemen M.s gescheitert. Konsequenz: Der Vater erstattete genervt Anzeige bei der Polizei.

Mittlerweile hat der Schwerter das Geld von Erkan M. zurück bekommen. Etwas kurios bei der ganzen Sache war das Verhalten der Ermittlungsbehörden im Strafverfahren. Statt das iPhone - immerhin ein Beweisstück - aufzuheben, gaben sie es wieder heraus. Es landete bei Erkan M. - und der sagt nun, er habe es inzwischen ein weiteres Mal verkauft, diesmal völlig reibungslos und reklamationsfrei.

Nachdem der Fall die Justiz ausgiebig beschäftigt hat, lautet die Entscheidung des Kamener Amtsrichters wie folgt: Das Verfahren wird eingestellt, mit Zustimmung aller Beteiligten. Erkan M. bekommt sogar seine Anwaltskosten von der Staatskasse erstattet. Damit ist er so gut bedient wie bei einem Freispruch. Für den allerdings hätte noch mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden müssen - etwa, indem das Gericht den nächsten Käufer des besagten iPhones vorgeladen hätte.

Werning-Prozess: 40 Minuten für die Anklage

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landgericht19AM

von Andreas Milk

landgerichtwerning1119AMKamen. Der Prozess gegen Kamens frühere Vize-Bürgermeisterin Bettina Werning ist vor dem Landgericht Dortmund gestartet. Allerdings äußerte sie selbst sich noch nicht. Erst beim zweiten Termin Ende des Monats ist dazu Gelegenheit. Ihr Verteidiger hat gegenüber dem Gericht erklärt, sie sei wohl zu einer Aussage bereit. Beim Auftakt heute wurde allein die Anklage verlesen. Das dauerte rund 40 Minuten - und die Staatsanwältin las ausgesprochen flott. Sie durfte ausnahmsweise sitzen bleiben, obwohl sie versichert hatte, es auch im Stehen zu schaffen. Kommentar des Vorsitzenden Richters: "Sie sind ja noch jung..."

Werning, 58 Jahre, wird vorgeworfen, als Buchhalterin eines Elektrohandels in Kamen und Menden knapp 470.000 Euro aufs eigene Konto umgeleitet zu haben. Das geschah laut Anklage zwischen Juni 2012 und März 2017. Ihre Vertrauensstellung in der Firma hatte sie seit 1992. Schon vor 2012 soll sie denn auch ihre Arbeitgeber betrogen haben. Allerdings gilt dafür im Strafrecht die Verjährung.

Die Zahlungen aufs eigene Konto waren Teil von Sammelaufträgen, die Werning ihren Chefs zur Unterschrift vorgelegt haben soll. Hintergrund seien finanzielle Schwierigkeiten Wernings gewesen, sagt die Anklage - näher erläutert werden wird das erst später im Prozess. Verschleiert waren die unrechtmäßigen Zahlungen demnach als Gehaltszahlungen für zwei Mitarbeiter. Ein Beispiel: Im Jahr 2016 hatte Werning als Teilzeitkraft Anspruch auf etwa 10.100 Euro Gehalt. Sie überwies sich nach den Unterlagen der Ankläger aber allein über Gehaltsabrechnungen am Firmenstammsitz Kamen fast 90.000 Euro, über Menden weitere rund 35.000 Euro.

Ihre Pflicht, "fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen", habe Werning verletzt und dabei gewerbsmäßig gehandelt, so die Staatsanwältin. Es droht Haft. Der Richter wies sie darauf hin, ein Geständnis - falls die Vorwürfe denn zuträfen - mildere die Strafe.

Archiv: Fall Werning: Prozess startet am 12. November

Stellvertretende Bürgermeisterin Bettina Werning erklärt ihren Rücktritt von allen Ämtern

"Alg I"-Buchungspanne: Schnell angeklagt - schnell abgehakt

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Es braucht nicht viel, sich eine Anklage vor Gericht einzuhandeln. Im Fall des angehenden Security-Mannes Fabio K. (Name geändert) aus Kamen war es wohl bloß der Fehler eines Steuerberaters. Der 51-jährige K. soll im September 2017 rund 1.100 Euro Arbeitslosengeld I bezogen haben, obwohl er zu der Zeit einen Job hatte. Folge war eine Anklage der Staatsanwaltschaft. Verhandelt wurde darüber im Amtsgericht - und das recht kurz.

Der Verteidiger von Fabio K. erklärte schlicht: Sein Mandant habe im September 2017 nicht gearbeitet. Dass die Arbeitsagentur bei einem Datenabgleich einen anderen Eindruck gewann, liege an besagtem Steuerberater. Der soll sich im Datum geirrt haben, als er die Finanzangelegenheiten eines früheren (!) Arbeitgebers von Fabio K. regelte. Sprich: Was K. schon vor seiner Arbeitslosigkeit verdient hatte, wurde irrtümlich als Verdienst im September 2017 ausgewiesen, in jenem Monat also, in dem er "Alg I" bekam.

Geplant war, dass Mitarbeiter aus K.s ehemaliger Firma das bestätigen. Aber die geladenen Zeugen waren verhindert. Am Ende gab es mit Zustimmung von Fabio K. einen "Freispruch zweiter Klasse" - eine Verfahrenseinstellung. Die Kosten trägt das Land. Ausnahme: Seinen Anwalt muss K. selbst zahlen. K. hätte darauf bestehen können, dass weiter verhandelt wird, die Zeugen kommen und sich für ihn noch die Chance auf einen "echten" Freispruch ergibt. Er wollte die Sache aber lieber abhaken.