Nach Abi-Party Nasenbeinbruch: Geldstrafen
von Andreas Milk
Kamen. "Der Abend ging quasi vom späten Nachmittag bis zum Morgen", erinnerte sich die Zeugin: Es war eine ausgedehnte Abiturparty in der Kamener Stadthalle. Knapp anderthalb Jahre ist sie her. Zwei Gäste wurden jetzt vor dem Amtsgericht verurteilt. Denn ein dritter hatte damals einen Nasenbeinbruch, eine geplatzte Oberlippe und zwei gesplitterte Schneidezähne erlitten.
Die Wahrheitsfindung war schwierig. Ob sie überhaupt geklappt hat - wer weiß. Drei Verhandlungstermine waren nötig. Das Geschehen, um das es ging, spielte sich morgens gegen 4 Uhr ab, am 1. Juli 2018, einem Sonntag. Gefeiert worden war viele Stunden. Als der Abiball sich fast schon aufgelöst hatte, soll eine junge Frau auf dem Platz vor der Stadthalle von einem jungen Mann betatscht worden sein. Dieser junge Mann erlitt kurz darauf die Verletzungen. Wegen Körperverletzung vor Gericht standen nun der Bruder und der Freund der jungen Frau.
Zeugen hatten in dem Prozess widersprüchliche Aussagen gemacht. Bei Verfahren um Körperverletzung ist das nicht ungewöhnlich. "Zeugen sind das schlechteste Beweismittel", meinte ein Anwalt. Eine Besonderheit war aber, dass seit dem zweiten Prozesstag der Bruder der betatschten Frau behauptete, er habe den schmerzhaften Kopfstoß gegen den aufdringlichen "Verehrer" ausgeführt - und dass weder Staatsanwältin noch Richter ihm das glaubten. Denn laut glaubhaften Zeugenaussagen war es der Freund. Motiv: Eifersucht. Bloß: Warum nahm dann der Bruder der Frau die Schuld auf sich, zahlte sogar 500 Euro als Wiedergutmachung an das Opfer? Eine zufriedenstellende Antwort fand der Richter letztlich nicht. Möglich sei eine Absprache zwischen den beiden mit dem Ziel, einen Eintrag im Vorstrafenregister des Freundes zu verhindern. Denn ein solcher Eintrag könnte sein berufliches Fortkommen behindern.
Wegen vorsätzlicher Körperverletzung wurde der Freund zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt, der Bruder wegen Nötigung - er hatte wohl einen Zeugen, der helfen wollte, am Eingreifen gehindert - zu 10 Tagessätzen à 35 Euro. Der Verteidiger des Freundes hatte für seinen Mandanten einen Freispruch beantragt. Der Fall könnte im Berufungsverfahren noch das Landgericht Dortmund beschäftigen.