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Zwei Mal schwarz gefahren - vier Monate Haft

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Vier Monate Haft für zwei Mal Schwarzfahren mit der Bahn: Insgesamt 10 Euro und 20 Cent hätten die beiden Fahrkarten gekostet, die Martin M. (56, Name geändert) am 18. und 19. Juni dieses Jahres gebraucht hätte, als Mitarbeiter der Bahn ihn überprüften.

Dass er nun laut Urteil des Kamener Amtsgerichts eine Gefängnisstrafe verbüßen wird, hängt mit seiner Vergangenheit zusammen. Darin hat er reichlich Vorstrafen gesammelt. Allein 15 Strafanträge wegen "Beförderungserschleichung" wurden schon geschrieben. Dazu kamen Diebstähle, Fahren ohne Führerschein und etliche weitere, kleinere Delikte. Im neuen Prozess wollte er sich erst an die beiden Schwarzfahrten nicht erinnern; später schaffte er es dann doch. Ein Geständnis wirkt strafmildernd.

Schon vor dem Gerichtstermin war Martin M. in Haft gekommen, und zwar aufgrund eines früheren Urteils - 14 Monate, auch die wegen Schwarzfahrens. Justizbeamte führten ihn in Handfesseln in den Saal. M. ist im offenen Vollzug: Tagsüber arbeiten, abends zurück in die JVA. Der Staatsanwalt bekannte, hier gehe es zwar nicht um einen Fall von Schwerkriminalität. Aber es dürfe auch keinen rechtsfreien Raum geben: Der Schaden, den der ÖPNV und die Allgemeinheit durch Schwarzfahrer hätten, sei nun einmal da. "Grob und beharrlich" habe Martin M. gegen die Rechtsordnung verstoßen. Die Bahnkontrolleure waren seinetwegen aus Gronau und Coesfeld zum Kamener Gerichtstermin als Zeugen angereist. M. versprach, es sei das letzte Mal gewesen, dass es um ihn einen Prozess gab. Kommentar des Richters: "Ich zähl' auf Sie."

Abiball: Hand an der Hüfte - Faust im Gesicht

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Der Staatsanwalt stellte dem Angeklagten Erol K. (alle Namen geändert) eine spannende Frage: "Warum durfte er denn nicht seine Hand an ihrer Hüfte haben?" - Mit "er" war K.s Opfer Dominik H. gemeint; "sie" war zum Zeitpunkt der Tat Erol K.s Freundin. Die drei jungen Leute hatten Anfang Juli den Abiball in der Kamener Stadthalle besucht. Erol K. soll Dominik H. die Faust ins Gesicht gerammt haben. Der Grund: H. hatte sich eine Weile mit Erol K.s Freundin unterhalten, die er vom gemeinsamen Fußballspielen kannte, und sie dabei eben auch berührt. Die junge Frau hatte damit kein Problem - wohl aber der angetrunkene Erol K., der das Ganze vom Vorplatz der Stadthalle aus sah, seine Zigarette wegwarf, in die Halle lief und zuschlug. Die Folgen: Nasenbeinprellung, Blutung.

Vor Gericht erklärte Erol K., er habe Dominik H. bloß wegstoßen wollen, ihn dabei aber "unglücklich" an der Nase getroffen und sich auch gleich danach entschuldigt: "Ich hatte nicht vor, ihm weh zu tun." Die Entschuldigung bestätigte Dominik H. in seiner Zeugenaussage - mehr aber auch nicht. Es sei ein massiver Schlag gewesen, keine ausgerutschte Hand. Genau so hatte das auch ein weiterer Abiball-Besucher in Erinnerung, der als Zeuge aussagte.

Ausgerechnet am Tag der Abifeier in der Stadthalle hatte Erol K. die letzten von insgesamt 80 Sozialstunden wegen einer früheren Körperverletzung abgeleistet. Es handelte sich um eine Auflage des Jugendrichters. Inzwischen ist K. 21 Jahre alt, gilt nicht mehr als Heranwachsender und musste sich wegen des neuen Vorfalls nach dem Erwachsenenstrafrecht verantworten. Dass es heikel für ihn werden könnte, muss er wohl schon in der Stadthalle geahnt haben. Laut Dominik H. jedenfalls bot Erol K. ihm in jener Nacht als Wiedergutmachung 20 Euro an, außerdem dürfe er als Vergeltung K. drei Schläge verpassen. Ein Angebot, das Dominik H. ablehnte. Er ging zur Polizei.

"Sie sind ein Heißsporn", sagte der Richter zum Angeklagten. Er verurteilte Erol K. zu einer Geldstrafe: 900 Euro muss der beschäftigungslose junge Mann aufbringen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Der Staatsanwalt hatte sechs Monate Haft auf Bewährung beantragt - und dazu nochmal 120 Sozialstunden.

Der eigenen Mutter einen "50-er" geklaut: Haft

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Es sei schon "ein besonderer Vertrauensbruch, wenn man die eigene Mutter bestiehlt", sagte Richter Martin Klopsch. Genau das hatte Patrick K. (Name geändert) getan, und zwar Anfang September während einer Autofahrt. Da verschwanden aus Mutters Portemonnaie 50 Euro. Sie zeigte den Sohn an. Das war nicht das erste Mal: Vor längerer Zeit schon musste K. sich vor Gericht verantworten, weil er den goldenen Ehering der Mutter geklaut hatte.

"Es stimmt. Mehr möchte ich nicht sagen." Es war wohl eines der kürzesten Geständnisse, die es je im Kamener Amtsgericht zu hören gab. K. gab mit diesem Satz sowohl den Diebstahl des Fünfzigers zu als auch einen zweiten Diebstahl, begangen im Februar bei Rewe: Tabak für knapp 17 Euro. Verhandelt wurde über beide Taten in einem Aufwasch.

K. hat ein langes Vorstrafenregister: Seit elf Jahren ist er gerichtsbekannt, hat auch schon in Haft gesessen. Alles nichts Dramatisches - aber die Masse macht's. Zwei Monate Haft aus einer früheren Verurteilung sind noch offen - jetzt kamen für die beiden neuen Delikte nochmal sechs Monate obendrauf, ohne Bewährung. Die Urteilsbegründung fiel fast so lakonisch aus wie K.s Geständnis: Die Hoffnung, dass Patrick K. nicht wieder rückfällig wird, habe sich "leider nicht erfüllt".

Die Marihuana-Schwaden vom Nachbarn

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Die Chemie scheint nicht recht zu stimmen in dem Mehrfamilienhaus am Rand der Kamener Innenstadt. Eine Bewohnerin lief jedenfalls im Frühjahr zur Polizei, um ihren Nachbarn Tobias H. (Name geändert) anzuzeigen. H. wohnt eine Etage tiefer. Von seinem Balkon - so berichtete die Frau - zögen wieder und wieder Marihuanaschwaden zu ihr rauf. Konsequenz: Ende April gab es bei Tobias H. eine Wohnungsdurchsuchung. Tatsächlich wurden Marihuanareste gefunden. Es folgte eine Anklage. Über die wurde jetzt vor dem Amtsgericht verhandelt.

H. erklärte, das Marihuana sei längst Teil seiner Vergangenheit gewesen. Dass er vor einem halben Jahr nochmal etwas geraucht habe, hänge mit der Geburt seines Kindes zusammen. Die habe ihn arg mitgenommen; das Marihuana habe ihn wieder beruhigt. Zwei Mal sei das der Fall gewesen - nicht mehr. Bloß: Die Nachbarin sagte bei der Polizei etwas anderes. Häufig habe es nach Marihuana gerochen, mit der Zeit sei es sogar schlimmer geworden. Zitat aus dem Protokoll: "Ich weiß mir keinen Rat mehr."

Nach Ansicht des Richters wäre es eine gute Idee, wenn sich das Jugendamt der Sache annähme - wegen des Kindes von Tobias H. Der junge Vater zeigte sich kooperationsbereit: Jederzeit stehe er für einen Drogentest zur Verfügung. "Ich will für mein Kind da sein." Wegen Drogendelikten ist H. vorbestraft, saß auch schon in Haft. Mit all dem habe er abgeschlossen, sagte er.

In der zweiten Novemberhälfte wird es erst mal vor Gericht einen Fortsetzungstermin geben: Die Nachbarin soll aussagen. Abgehakt ist wenigstens schon ein zweiter Anklagevorwurf: Betrug. Vor knapp einem Jahr hatte H. im Dortmunder Mediamarkt einen 55-Zoll-Fernseher für rund 1.400 Euro gekauft. Die Lastschrift platzte, denn er hatte bloß 4 Euro auf dem Konto. Inzwischen hat er den Betrag abbezahlt.

Burn-out: Eigene Wohnung zerlegt - vorm Richter gelandet

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Am Abend des 31. März gab es in der Kamener Innenstadt einen Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt. Aber diesmal war es kein Mann, der seine Frau schlug - sondern einer, der seine eigene Wohnung demolierte. Jetzt saß der freundlich wirkende Gerhard H. (Name geändert) auf der Anklagebank im Amtsgericht und sprach über den Tag, an dem er "komplett die Kontrolle verloren" habe.

Er hatte vor dem Zwischenfall ein Whisky-Tasting besucht und war angetrunken. Wieder zuhause, gab es einen Streit mit seiner Lebensgefährtin. Es wurde laut. H. schrie, zerschlug Gegenstände. Nachbarn wählten den Notruf. Vier Beamte rückten an. H. ging mit erhobenen Händen auf sie zu: "Ihr kommt hier nicht rein!", soll er gerufen haben. "Ich wusste, dass ich was falsch mache. Aber ich konnte mich nicht mehr bremsen." Statt der Polizisten oder seiner Freundin verletzte er sich nur selbst: Sturz auf den Couchtisch, Rippe gebrochen.

Hintergrund des Ganzen war eine Krankengeschichte, die mit der Psyche zu tun hat. Ein Burn-out und eine schwere Depression wurden inzwischen bei Gerhard H. diagnostiziert. Heute sagt er, die Whiskyverkostung sei wohl ein Auslöser für den Gewaltausbruch gewesen. H. ging für mehrere Wochen zur stationären Behandlung ins Landeskrankenhaus. Er ist immer noch krank geschrieben.

"Mir tut das alles wahnsinnig leid", sagte er im Gericht. Der Richter sah eine Ausnahmesituation: Mit dem "typischen Schläger" habe H. nichts zu tun. Vorstrafen gibt es nicht. H. muss jetzt 900 Euro Buße an den Verein Windkraft Nordkirchen e. V. zahlen. Hat er das getan, ist die Sache juristisch erledigt: Das Verfahren wird dann ohne Verurteilung eingestellt.