Tankort Koppelstraße: "Betrüger" wohl eher Schussel
von Andreas Milk
Kamen. Erst flossen 46 Liter Diesel, aber danach floss kein Geld: Das Amtsgericht kriegte es mit einem Vorfall in der Tankstelle an der Koppelstraße vor einem halben Jahr zu tun. Angeklagt: der 32-jährige Paul H. (Name geändert). Er habe am frühen Nachmittag des 24. Juli den Kleintransporter seiner Firma betankt, dann aber nur Kleinkram aus dem Shop an der Kasse bezahlt, warf ihm die Staatsanwaltschaft vor. Und mehr noch: Als er anhand von Videobildern identifiziert und zur nachträglichen Bezahlung aufgefordert wurde, habe er als Nachweis darüber eine falsche Quittung zur Polizei gebracht. Also: Betrug.
Alles nur "ein Missverständnis von Anfang an", beteuerte Paul H. im Gerichtssaal. Seine Version: Er hat getankt, ging in den Shop, nahm sich eine Zeitung und ein paar andere Sachen und ging damit zur Kasse. Die Frage einer Mitarbeiterin, ob er denn auch getankt habe, bejahte er. Und dann vertiefte er sich ins Gespräch mit seinem mitfahrenden Schwager - sodass er gar nicht mitkriegte, wie die Kassiererin sich zu seinen Gunsten vertat und den Sprit ignorierte.
Und die Sache mit der falschen Quittung einige Tage später bei der Polizei? Ein Versehen, sagt H. Er sei zwischenzeitlich ein weiteres Mal zum Tanken an der Koppelstraße gewesen. Den Beleg hierüber habe er blöderweise beim Polizeitermin in der Tasche gehabt.
Ein Tankstellenmitarbeiter als Zeuge konnte kaum zur Aufklärung beitragen: 700, 800 Kunden kämen täglich - da blieben einzelne Gesichter nicht im Gedächtnis. Was für den Angeklagten sprach: Mit einem Firmenfahrzeug und korrektem Nummernschild im Videozeitalter einen Betrugsversuch zu starten, wäre nicht eben besonders clever gewesen. Und: Die Kasse der Tankstelle scheint wieder zu stimmen - jedenfalls hatte der Pächter bei einem früheren Gerichtstermin nichts von einem offenen Posten erwähnt.
Das Urteil: Freispruch für Paul H. - im Zweifel für den Angeklagten. Die Sache sei ein bisschen merkwürdig, fand der Richter. Aber: "Das Leben i s t manchmal ein bisschen merkwürdig."