Mit Schmackes vom Parkdeck: Fahrrad gegen Auto

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Mit Schmackes ging's bergab. Am Nachmittag des 18. September rauschte Jennifer L. (Name geändert) mit ihrem Fahrrad vom Parkdeck des "Kamen Quadrat" hinunter in Richtung Kreisverkehr. Sie hatte 1,61 Promille Alkohol im Blut und vergaß zu bremsen. Die Folge: Die 28-Jährige krachte in ein Auto. Ihr großes Glück war, dass sie nur Prellungen und Abschürfungen erlitt. Der Schaden am Wagen lag bei 2.000 Euro. Dem Fahrer geschah nichts. Jennifer L. wurde ambulant im Krankenhaus versorgt - das ist ja gleich nebenan.
Was alles in allem ganz harmlos klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Alkoholsucht. Sie habe ein Problem mit dem Trinken, bekannte die Mutter von vier Kindern freimütig. Und sie tue etwas dagegen. Noch diese Woche starte eine Entgiftung, danach soll es in Therapie gehen.
Richter Christoph Hommel richtete eindringliche Worte an die freundliche junge Frau: Als Betreuungsrichter habe er teilweise mit Menschen zu tun, "die sich um den Verstand gesoffen haben". Jennifer L., wegen ein paar kleinerer Delikte vorbestraft, verurteilte er zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro. Sie solle die Chance nutzen, vom Alkohol weg zu kommen: "Versemmeln Sie das nicht."

Markt-Szene macht's möglich: Angeklagter lässt Prozess "absagen"

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Kamen. Ein Mitglied der Kamener Markt-Szene hatte Mittwoch Mittag einen Termin vor dem Strafrichter. Um zerdeppertes Glas sollte es gehen und um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Aber kurz bevor es losgehen sollte, bekam die Geschäftsstelle des Amtsgerichts einen Anruf von der Dortmunder Drogenberatung. Eine Frau teilte mit, sie rufe für den Angeklagten an. Er habe sie darum gebeten, den Gerichtstermin für ihn abzusagen. Das ist eine interessante Wortwahl - denn absagen kann so einen Gerichtstermin eigentlich nur der Vorsitzende Richter. Aber was soll's. Grund für die "Absage" sei, dass der Mann kein Geld für eine Fahrkarte nach Kamen habe.

In der Gesprächsnotiz der Gerichtsgeschäftsstelle an besagten Vorsitzenden über das Telefonat war außerdem vermerkt, dass im Hintergrund ein Mann zu hören gewesen sei. Er sei deutlich alkoholisiert gewesen. So war denn also die fehlende Fahrkarte mutmaßlich nicht der einzige Grund fürs Blaumachen bei Gericht.

Und nun? Verhandlung ausgesetzt, neuer Termin. Es wird nun entweder ein Haftbefehl gegen den Mann erlassen - oder der Richter bittet die Polizei, ihn kurz vor der nächsten Verhandlung einzusammeln und im Gerichtssaal abzuliefern.

Drei Monate Haft für eine Dose Tabak

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Kamen. Drei Monate Gefängnis für den Diebstahl einer Dose Tabak im Wert von 16,95 Euro: Dieses Urteil bekam die Bergkamenerin Silvia L. (Name geändert) vor dem Kamener Amtsgericht. Im Juni 2018 hatte sie den Tabak bei Rewe eingesteckt. Zur Vorgeschichte des harten Richterspruchs gehört, dass Silvia L. zuletzt ganze drei Tage vor der Tat bei Rewe verurteilt worden war - ebenfalls wegen Diebstahls.

Ihre Einträge im Bundeszentralregister reichen zurück bis 2005. Zwei Haftstrafen hat sie schon verbüßt - einmal zwei Monate, einmal sechs Monate. Beim Gerichtstermin heute saß ihr siebenjähriger Sohn neben ihr. Vor ihm wolle sie nicht drum herum reden, erklärte Silvia L., und gab den Tabakklau nach anfänglichem Zögern zu. "Der Kurze" sei auch der Grund, dass sie sich bessern wolle. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte eine Bewährungsstrafe: Silvia L. habe eine günstige Zukunftsprognose.

Der Richter widersprach. Es war derselbe, der Silvia L. im Juni 2018 zu einer Geldstrafe verurteilt hatte. Ein Urteil übrigens, das seinerzeit die Staatsanwaltschaft dazu brachte, Berufung einzulegen. Begründung: zu milde. (Vor dem Landgericht nahm sie die Berufung zurück.) Heute also war es umgekehrt: Die Staatsanwaltschaft warb für Milde; der Richter entschied: Haft.

Denn zu lang sei die Liste der Vorstrafen, und was den "Kurzen" angehe: Seine Existenz habe Silvia L. nicht umdenken lassen. Vielmehr habe sie eine "enorme Rückfallgeschwindigkeit" bei ihren Taten gezeigt.

Blitzer-Foto bringt Knast auf Bewährung

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Kamen. Wenn Autofahrer geblitzt werden, müssen sie in der Regel zahlen - und gut ist's. Bei einem jungen Mann aus Dortmund waren die Konsequenzen gravierender. Er war am 17. November 2017 auf der A 2 nicht nur zu schnell unterwegs zu seiner Arbeitsstelle im Bergkamener A2-Logistikpark - er hatte auch keinen Führerschein. Das Blitzerfoto bekam seine Mutter, denn in ihrem Auto war er gefahren. Heute saß er im Kamener Amtsgericht auf der Anklagebank.

Und das auch noch in Handfesseln. Der Grund: Seit rund sechs Wochen saß er in Untersuchungshaft, weil er zwei frühere Gerichtstermine ignoriert hatte. Seine Vorgeschichte: Vor mehr als drei Jahren war ihm wegen einer Drogensache der Führerschein abgenommen worden. Er hat Vorstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Unfallflucht, Trunkenheit. Für seinen Job bei DB Schenker im Logistikpark hatte er sich einer Fahrgemeinschaft angeschlossen. Als die sich am 17. November 2017 verspätete, nahm er eben den Wagen der Mutter. Und ohne den Tempoverstoß auf der A 2 wäre das wohl nicht mal aufgefallen.

Die sechs Wochen U-Haft hätten ihn zum Nachdenken gebracht, erklärte er. Er habe aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, wolle sein Leben ändern. In Schwerte hat er einen neuen Job gefunden. Das Urteil: vier Monate Haft auf Bewährung, dazu eine Zahlung von 300 Euro an die Gerichtskasse. Die Handfesseln wurde er los, der Haftbefehl wurde aufgehoben.

Ein Kessel Buntes vom Gericht: Verschollene Post, ein versetzter Dorfsheriff und eine geklaute Küche

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amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Wer in Kamen oder Bergkamen was Strafbares tut, der kommt in der Regel vors Kamener Amtsgericht. Aber es gibt Angeklagte, die haben keine Lust. Oder sie wissen vielleicht auch gar nichts von ihrem Termin? Zum Beispiel jener Bergkamener, der sich heute wegen Fahrens ohne Führerschein verantworten sollte: Eine Zustellurkunde der Post suchte Richter Christoph Hommel in den Akten vergeblich. Der Bergkamener hat die Ladung also wohl nie gekriegt. Es wäre nicht der erste verschollene Brief. Die Post steht schon eine Weile in der Kritik. Jedenfalls: Im Februar soll es einen neuen Verhandlungstermin geben - vielleicht erfährt der Angeklagte rechtzeitig davon, und noch "vielleichter" kommt er sogar.

Ganz bestimmt von ihrem Termin vor Gericht gewusst hat dagegen eine Kamenerin. Aber auch die kam heute nicht. Der Anklagevorwurf: Missbrauch von Notrufen. Weil schon einmal eine Verhandlung geplatzt war, hatte Richter Hommel diesmal eine polizeiliche Vorführung veranlasst. So stand denn "Dorfsheriff" Frank Ellerkmann um 9 Uhr an diesem Dienstag bei der Dame vor der Haustür, um sie zum Gericht zu bringen. Die beiden hatten das kurz vor Weihnachten so besprochen. Aber: Sie war nicht da. Irgendwann reicht's: Hommel erließ Haftbefehl. Sollte die Frau Ellerkmanns Weg kreuzen, muss sie in der JVA auf den nächsten Gerichtstermin warten.

Immerhin: Ein junger Mann aus Münster nahm heute Vormittag brav auf der Anklagebank Platz. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Küchenklau! Eine Einbauküche (ohne Elektrogeräte) soll er unbefugt aus einer Wohnung in Methler weggeschafft haben, obwohl sie seiner "Ex" gehörte. Traurig, aber wahr: Diverse Rechtsstreitigkeiten um das Ende der Beziehung dauerten deutlich länger als die Beziehung selbst. Die Sache mit der Küche ist seit heute abgehakt: 120 Euro zahlt der Münsteraner an seine frühere Freundin. Das Verfahren wird eingestellt.

Einer fehlt noch. Und zwar ein Bergkamener: Er soll auf der Präsidentenstraße im Suff ausgerastet sein und dabei jemandem einen Schneidezahn ausgeschlagen haben. Seinen Gerichtstermin schwänzte er. In Abwesenheit verhängte der Richter eine Geldstrafe. Zahlt der Mann die Summe, ist der Fall erledigt. Zahlt er nicht, muss er doch noch vor Gericht erscheinen - falls die Post es schafft, ihm die Ladung zuzustellen.