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Komplizin gewesen - oder vom Noch-Mann entführt worden?

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Eher Komplizin - oder eher Opfer? Die 39-jährige Birgit H. (Name geändert) sollte sich vor dem Amtsgericht gemeinsam mit ihrem Noch-Ehemann wegen Diebstahls eines Bullys in Bergkamen sowie Diebstahls einer Packung Zigaretten in Dortmund-Asseln verantworten. Nicht nur, dass der Gatte der Verhandlung fern blieb - Birgit H. berichtete auch, sie sei von ihm in dem besagten Bully regelrecht gefangen gehalten worden, zwei Wochen lang.

Das Fahrzeug gehörte ihrem Onkel. Laut Anklage hatten sie und ihr Mann es dem Verwandten geklaut, "um es zu mobilen Wohnzwecken zu nutzen": feinstes Behördendeutsch. Der als gestohlen gemeldete Bully fiel am 22. September 2017 einer Streife auf der B1 bei Holzwickede auf. Die Polizisten stoppten den Wagen. Und spätestens da, so der Richter jetzt im Prozess, hätte Birgit H. doch von der angeblichen Entführung erzählen müssen. Dass sie es nicht tat, begründete sie so: Ihr Mann habe ihr massive Gewalt angedroht.

Keine Frage, dass er zur Gewalt neigt: In Sachen Zigarettendiebstahl sagte eine Verkäuferin des Ladens in Asseln aus, sie sei von ihm "gegen die Eistheke gedonnert worden". Trotzdem: Die Sache mit Birgit H.s Entführung im Bully hörte sich für den Richter "nach Räuberpistole an".

Das vorläufige Ende: Für den Zigarettenklau bekam Birgit H. eine Geldstrafe von 300 Euro. Über den Diebstahl des Bullys wird - so weit es sie betrifft - später nochmal verhandelt werden. Dann sollen die Polizisten von der B1 aussagen.
Erledigt ist der Fall ausgerechnet für den, der gar nicht im Gerichtssaal war: Für beide Diebstähle - Bully und Zigaretten - bekommt Birgit H.s Mann in den nächsten Tagen einen Strafbefehl über 2.100 Euro zugestellt.

Anwalt auf der Anklagebank: Unfallflucht - eher nein

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Ein Rechtsanwalt auf der Anklagebank - das gab es heute im Amtsgericht. Dieser Anwalt ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und wurde ausgerechnet der Unfallflucht beschuldigt. Passiert sein soll die im vergangenen September auf dem Ikea-Parkplatz im Kamen Karree. Aber: "Ich habe die Kollision nicht bemerkt."

Beim Zurücksetzen aus einer Parkbucht streifte der VW des Juristen - eine Limousine der Oberklasse - einen abgestellten Toyota und fuhr davon. Ein Pärchen bekam das mit, notierte das Kennzeichen, ließ den Toyota-Besitzer ausrufen.

Der Schaden am Toyota war eher eine Bagatelle. 1.300 Euro kostete die Reparatur - die im wesentlichen aus einer neuen Lackierung bestand. Aber es hilft ja nix: Wer einen Schaden verursacht und verschwindet, macht sich strafbar.

Die entscheidende Frage ist allerdings, ob der Verursacher überhaupt wusste, was er gerade getan hatte. Und da lautet die Antwort nach der heutigen Verhandlung: Er wusste es eher nicht. An einen Knall oder ein vergleichbares lautes Geräusch konnte sich das Zeugen-Pärchen jedenfalls nicht erinnern. Und die VW-Limousine ist solide und geräumig - und außerdem hatte der Anwalt das Radio an, sagte er. Da kann ein Knirschen oder Kratzen am Heck durchaus untergehen.

Das Verfahren wurde eingestellt, sogar ohne Auflagen wie etwa die Zahlung einer Geldbuße. Bekannt ist so etwas als "Freispruch zweiter Klasse". Das heißt: Es gab zwar ein Verschulden - aber ein so geringes, dass sich schon fast nicht mehr von einem Verschulden sprechen lässt.

Angeklagter sagt: "Ich bin der Falsche"

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk
Kamen. Kann das sein: Die Polizei nimmt einen Schläger in Gewahrsam - und lässt ihn wieder laufen, ohne seine Identität zweifelsfrei geklärt zu haben? Der Bergkamener Wladimir P. (30, Name geändert) machte vor dem Kamener Amtsrichter Martin Klopsch Angaben, die nur diesen Schluss zulassen. P. saß auf der Anklagebank - und behauptete, nie am Tatort gewesen zu sein.

Dieser Tatort - das war in der Nacht zum 30. Juli 2017 der Platz vor dem Musiklokal "Piano" in Lütgendortmund. Dort wurde der Diplom-Ingenieur im Ruhestand Richard W. (67) grundlos von einem Mann attackiert; unter anderem erlitt er eine Verletzung im Gesicht. Ein Security-Mann nahm den Täter in den Schwitzkasten, die Polizei rückte an, nahm ihn mit, ließ ihn im Laufe des folgenden Morgens wieder gehen. Seitdem steht in den Akten: Der Schläger sei eben Wladimir P. aus Bergkamen. Aber, wie gesagt: P. bestreitet, das "Piano" auch nur zu kennen.

Gewaltopfer Richard W. erklärte im Zeugenstand: Der Täter in Lütgendortmund sei eher kräftiger gewesen als der Angeklagte. Außerdem habe der Mann damals nur Russisch gesprochen - während der Angeklagte fließend Deutsch spricht, denn er ist hier aufgewachsen und deutscher Staatsbürger. Ein weiterer Zeuge - Freund von Richard W. - war sich zwar ziemlich sicher, dass es sich beim Mann auf der Anklagebank um den Mann am "Piano" handelte - aber eben nur ziemlich, nicht zu hundert Prozent.

Und nun? Richter Klopsch will sich an die Dortmunder Polizei wenden: Die soll erst einmal mitteilen, ob und wie sie damals die Identität des Beschuldigten feststellte. "Keine alltägliche Geschichte" sei das, gab Klopsch nach Jahrzehnten am Richtertisch zu. Irgendwann im Frühjahr dürfte es dann einen neuen Termin vor dem Amtsgericht geben, vermutlich mit Polizisten des Dortmunder Präsidiums als Zeugen.

Eine Verurteilung immerhin konnte Wladimir P. sich auch diesmal schon mitnehmen: Neben der Körperverletzung war der unberechtigte Bezug von Arbeitslosenunterstützung angeklagt. 1.666 Euro hatte P. Mitte 2017 von der Arbeitsagentur erhalten, obwohl er schon wieder einen Job hatte. Das Geld muss er zurückzahlen - und dazu nochmal 1.500 Euro Strafe.

Nepp bei Ebay: Erst Knast - nun Geldstrafe

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Kamen. Private Verkäufe übers Internet bringen Strafrichtern immer mal wieder Arbeit - in Kamen saß heute der 43-jährige Michael F. (Name geändert) wegen Betrugs auf der Anklagebank. Das Vergehen des Bergkameners: Mehrfach hatte er bei Ebay elektronische Geräte angeboten, dafür Geld überwiesen bekommen - die Sachen aber nicht abgeschickt. Konkret waren drei solcher Delikte von Oktober und November 2016 angeklagt. Unterm Strich ging es dabei um gut 80 Euro. Insgesamt soll F. noch häufiger getrickst haben, bloß wurde nicht in allen Fällen von der Staatsanwaltschaft ermittelt.

Michael F.s Erklärung für sein strafbares Tun beziehungsweise Nicht-Tun: "Ich stand die ganze Zeit unter Alkohol." Eigentlich habe er die Ware ja verschicken wollen. Bloß habe er sein Leben nicht unter Kontrolle gehabt; immer wieder sei das Geld knapp geworden.

Der Richter hielt ihm vor, dass er immerhin sein Konto gut im Griff gehabt habe: Kaum war Geld drauf, hob F. es bis auf wenige Cent auch gleich ab. Die vergangenen Monate allerdings waren hart für ihn. Erst saß er eine nicht gezahlte Geldstrafe aus einer früheren Verurteilung ab; es folgte eine weitere Haft, weil er der ersten Gerichtsvorladung in Sachen Ebay-Nepp nicht gefolgt war. Zum Termin heute wurde er in Handfesseln vorgeführt. Neben dem Gefängnis habe ihn seine Entgiftung belastet, erzählte er: "Das war extrem."

Wenigstens musste er nach der Verhandlung heute nicht zurück in die JVA: Der Richter hob den Haftbefehl auf, verhängte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 Euro. Das wirkt eher milde bei einem Vorstrafenregister mit knapp 20 Eintragungen. Andererseits: Der Schaden durch den Ebay-Betrug war gering - dafür überhaupt hinter Gitter gegangen zu sein, dürfte F. nach Überzeugung des Richters schon beeindruckt haben. Nur: Sollte F. die Geldstrafe wieder nicht zahlen können, droht aufs neue Knast.

1,91 Promille Rest-Alkohol: Unfall auf A 2 gebaut

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk
Kamen. "Ich bin echt erschüttert": Vor Amtsrichter Christoph Hommel saß heute eine junge Frau, die im vergangenen Oktober auf der A 2 nach Oberhausen einen Unfall verursacht hatte. Das war nachmittags gegen Fünf. Die Frau hatte laut Labor zu dem Zeitpunkt 1,91 Promille Alkohol im Blut. Es war der "Rest" aus der Nacht davor. Das bedeutet: Ursprünglich dürfte sich die Frau einen Wert von gut drei Promille "ertrunken" haben. "Das spricht für ein Alkoholproblem", so Hommel.

Die Vorgeschichte: Die Frau, tätig als Servicekraft in der Gastronomie, hätte an dem besagten Tag eigentlich frei haben sollen. Drum gönnte sie sich in der Nacht davor mal was: Bier, Wein, Gin Tonic. Am Nachmittag dann der Anruf: "Du musst kommen!" Als sie sich ans Steuer setzte, "hab' ich mich nicht besoffen gefühlt", sagte sie. Auf der Autobahn habe sie dann ein aufdringlicher Hintermann abgelenkt. Sie passte nicht auf, rauschte in den Wagen vor ihr. Die Insassen erlitten Verletzungen, zum Glück eher leichte. Der Sachschaden: knapp 6.000 Euro.

Die Verteidigerin der jungen Frau erklärte, ihre Mandantin habe glaubhaft versichert, keine Alkoholikerin zu sein: "Das könnte sie sich in dem Beruf auch gar nicht leisten". Aus eigenem Antrieb sei sie nach dem Unfall in psychologische Behandlung gegangen.

Gegen sie spricht allerdings, dass sie schon drei Eintragungen in Flensburg hat - wegen Tempoverstößen. Und die seien mitunter "knackig" gewesen, so Richter Hommel: "Straßenverkehr ist für Sie eine Problemzone."
Das Urteil, auch recht knackig: 2.000 Euro Geldstrafe, ein Jahr Führerscheinsperre. Sollte die Frau Anfang 2019 wieder eine Fahrerlaubnis beantragen, muss sie damit rechnen, dass es unbequem wird: Der Kreis dürfte eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verlangen - im Volksmund: Idiotentest.