Armbänder aus Pferdehaar: Schluderei statt Betrug

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Die junge Frau aus Kamen ist angehende Systemgastronomin - und ein bisschen was dazu verdient hat sie sich im vergangenen November als Anbieterin von Armbändern aus geflochtenem Pferdehaar. Diese Accessoires bot sie im Internet auf pferdeflohmarkt.de für zehn Euro das Stück an. Irgendwas lief schief bei dem Handel. Deshalb saß die Kamenerin nun auf der Anklagebank des Amtsgerichts statt fest im Sattel.

Drei Kundinnen hatten sie angezeigt. Denn sie habe das Geld für die Armbänder - 15 an der Zahl - kassiert, aber die Armbänder nicht ausgeliefert. Die Angeklagte widersprach: Sie habe die Bänder sowohl angefertigt als auch zur Post gebracht. Die Briefe waren aber wegen des eher geringen Warenwerts unversichert. Das sei auch mit den Kundinnen so vereinbart gewesen. Die Post habe dann wohl was verschludert. Insgesamt hätten fünf Kundinnen reklamiert. Für fast alle habe sie Ersatzstücke gefertigt und verschickt - Ausnahme: eine Pferdefreundin, die im persönlichen Kontakt ausgesprochen pampig geworden sei.

Vorbelastungen? Das Strafregister der Frau ist leer. Und die Post ist, wie man weiß, ja tatsächlich nicht gegen Verluste gefeit - erst recht nicht in der Vorweihnachtszeit, in der sich der Armband-Versand abspielte. Darum: Freispruch. Auch Wiederholungsgefahr besteht nicht. Die Frau sagte, den kleinen Nebenerwerb mit den Pferdehaararmbändern habe sie aufgegeben.

Echte Strafe für falschen Staatsanwalt

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Kamen. Ein Azubi soll sich am Telefon als Staatsanwalt ausgegeben haben. Verständlich, dass er mit der echten Staatsanwaltschaft lieber nichts zu tun haben wollte: Den Termin im Kamener Amtsgericht ignorierte er. Eine Strafe bekam er trotzdem - das geht nämlich in vielen Fällen trotz Abwesenheit des Angeklagten.

So viel weiß man: Der junge Mann wollte von jemandem 3.000 Euro einfordern. Diese Forderung rührte wohl von einem früheren Arbeitsverhältnis her. Und er muss geglaubt haben, schneller an das Geld zu kommen, wenn der Schuldner annimmt, es mit einem Staatsanwalt zu tun zu haben. Sein Pech nur: Das Gegenüber am Telefon identifizierte ihn als den Nicht-Staatsanwalt, der er nun mal war und ist.

Auf versuchte Nötigung und Beleidigung lautete jetzt die Anklage gegen den nicht anwesenden Angeklagten. Dessen Verhalten sei ja nun wahrlich "nicht fürchterlich clever" gewesen, stellte der Richter fest. Die - zwar noch nicht fertig ausgebildete, aber dennoch "richtige" - Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte den Erlass eines Strafbefehls: 120 Tagessätze. Das ist recht viel. Aber die Tat sei ja auch geeignet gewesen, das Vertrauen in die Justiz zu erschüttern.

Die Tagessatzhöhe beträgt, den Einkommensverhältnissen entsprechend, zehn Euro. Der falsche Staatsanwalt muss also 1.200 Euro zahlen. Wird die Entscheidung rechtskräftig, hinterlässt das einen echten Eintrag im Führungszeugnis.

Picheln bei Poco: Freispruch trotz zwei Promille

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Kamen. Es ist wohl wirklich so gewesen: Am Mittag des 3. April saß der 30-jährige Martin E. (Name geändert) mit zwei Promille Blutalkohol hinterm Steuer seines Wagens. Trotzdem bekam er in seinem Prozess vor dem Amtsgericht Kamen einen Freispruch. Denn es ist zweifelhaft, ob E. mit diesen zwei Promille auch tatsächlich gefahren war.

Geschnappt hatte ihn die Polizei nach einem Zeugenhinweis auf dem Parkplatz von Poco in Rünthe. Als die Beamten ankamen, war da neben dem angeschickerten Martin E. und seinem Auto auch ein Abschleppwagen im Auftrag des ADAC. Vor Gericht erzählte E. die Vorgeschichte: An jenem Tag habe er erst bei Poco in Dortmund ein paar Sachen einkaufen wollen. Weil das Gewünschte dort nicht zu haben war, verwiesen ihn Mitarbeiter an die Filiale in Rünthe: Da gebe es E.s Wunschartikel noch. Auf dem Weg nach Rünthe erwischte ihn ein Reifenschaden. E. steuerte den Parkplatz an, verständigte die Pannenhilfe - und verkürzte sich die mehrstündige Wartezeit mit einigen Flaschen Bier.
So weit seine Version. Zu widerlegen war die nicht. Und dass E. auch mal auf die Straße gepinkelt und Passanten blöd angemacht haben soll, interessierte in dem Strafprozess nicht. Tatsächlich entdeckten die Polizisten seinerzeit in dem Wagen allerhand leere Bierflaschen. In seiner Vernehmung damals präsentierte E. den Beamten gleich mehrere Versionen, wie sich sein Tag abgespielt habe. Sein Verteidiger, ein bodenständiger Rechtsanwalt, erklärte freimütig, er selbst rede sogar schon mal Mist, wenn er weniger als zwei Promille intus habe.
E. hat bisher weder Vorstrafen noch Einträge in Flensburg. Und dabei bleibt es fürs erste. Es galt das Prinzip: Im Zweifel für den Angeklagten.

SMS vom Beinahe-Mörder: Diesmal ein Freispruch

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Kamen. Eine unfreundliche SMS von einem Mann, der schon einmal wegen versuchten Mordes im Gefängnis saß - die kann einen schon nervös machen. Eine 39-Jährige bekam diese SMS im vergangenen Oktober vom Vater ihres Kindes. Hintergrund war ein gerichtlicher Streit um die Frage, wie oft der Mann das Kind sehen darf. In der SMS stand nun, die Frau solle einlenken, sonst werde er etwas tun, das er eigentlich nicht tun wolle.

Folge: eine Anklage wegen versuchter Nötigung, über die jetzt vor dem Kamener Amtsgericht verhandelt wurde. Der 55-jährige Ramazan K. (Name geändert) ließ seinen Anwalt erklären, dass die SMS nicht als Drohung mit einer illegalen Tat gedacht gewesen sei. Vielmehr habe er klar machen wollen: Ihm sei nicht an einer (weiteren) Auseinandersetzung vor dem Familiengericht gelegen - aber wenn er keine Wahl habe, werde er diesen Weg eben gehen.

Der Umgang zwischen ihm und der Kindsmutter hat sich längst entspannt. Die Frau ließ einige Zeit nach der SMS sehr wohl auch Kontakte zwischen Vater und Kind zu.

Im Zweifel für den Angeklagten, fand der Richter - und sprach Ramazan K. frei. Die Haftstrafe wegen des Mordversuchs ist schon einige Jahre her: 2009 attackierte K. einen Nachbarn lebensbedrohlich mit einem Messer. Die Frau war damals Zeugin.

Hundeklauer verurteilt: Sechs Monate Haft

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Kamen. Zigaretten, Handys, Autos - wer solche Sachen klaut, kommt vor den Amtsrichter. Heute saß zur Abwechslung einer auf der Anklagebank, der in Bergkamen einen Hund gestohlen hatte. Das Urteil gegen den mehrfach vorbelasteten Kamener Tobias G. (Name geändert): sechs Monate Haft.

Bei dem Hund handelte es sich um einen Schäferhundmischling. Der rechtmäßige Besitzer hatte ihn 2016 in Bayern für rund 2.000 Euro gekauft. Am 10. März wurde Tobias G. auf das Tier aufmerksam. Der Hund lief im Garten herum, und er erinnerte Tobias G. doch sehr an den "baugleichen" Hund seiner Schwester. Die hatte - weil sie unter psychischen und familiären Problemen litt - ihren Hund schon vor längerer Zeit beim Bruder in Pflege gegeben. Weil der suchtkranke Bruder dann selbst nicht klar kam mit seinem Leben, gab er den Hund einem Bekannten. Der wiederum verschwand eines Tages - samt Hund.

Lange Rede, kurzer Sinn: Am 10. März war Tobias G. laut seiner Aussage im Gericht überzeugt, den Hund der Schwester wiedergefunden zu haben. Als das Tier dann auch noch überaus zutraulich auf ihn reagierte, hob er ihn übern Gartenzaun und verschwand mit ihm nach Kamen.

Dass der rechtmäßige Eigentümer ihn wiederfand, ist den sozialen Medien zu verdanken: Unter anderem per Facebook wurde nach dem geklauten Hund gefahndet. Erfolgreich. So stand denn schließlich die Polizei bei Tobias G. vor der Tür.

Mit ihm angeklagt war seine Schwester. Dass sie für die Tat ihres Bruders mitverantwortlich sei, war allerdings nicht nachzuweisen. Konsequenz: Freispruch. Noch im Gerichtssaal erklärte sie: "Ich bin bis heute sicher, dass das mein Hund war." War er nicht - daran besteht kein Zweifel. Ein Chip im Ohr machte eine eindeutige Identifikation möglich.

Die sechsmonatige Gefängnisstrafe für den Bruder begründete der Richter so: Tobias G. habe einen "Eventualvorsatz" gehabt - bedeutet: Ihm sei bewusst gewesen, dass es der falsche Hund sein könnte. Das Mindeste wäre deshalb gewesen, beim Besitzer anzuklingeln und die Sache zu klären, statt einfach mit dem Tier zu verschwinden. Eine Nachbarin hatte außerdem gesehen, dass G. sich beim Dognapping eine Kappe ins Gesicht zog - kein Indiz für ein reines Gewissen. Und schließlich: G. ist wegen Diebstahls und Raubes vorbestraft. Zum Zeitpunkt des Hundeklaus lief noch eine Bewährungsfrist.