Mazda vs. Pedelec: Abbiegeunfall führt zu Prozess

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Im April gab es einen Freitag, den Dreizehnten. Was am Morgen dieses Tages auf der Kamener Koppelstraße passierte, beschäftigte jetzt das Amtsgericht. Die 42-jährige Katja P. (alle Namen geändert) war wegen fahrlässiger Körperverletzung und Unfallflucht angeklagt. Im Verhandlungssaal sah sie den 78-jährigen Pedelec-Fahrer Heinrich B. wieder. Ihn hatte sie mit ihrem Mazda gerammt. Die wichtigste Frage im Prozess war: Hatte sie das mitbekommen?

Sie habe den Unfall nicht bemerkt, beteuerte die Angeklagte. Heinrich B. war auf dem Radweg vom Rathaus-Kreisel in Richtung Bollwerk unterwegs. Ihm näherte sich von hinten Katja P., die nach rechts auf den Zubringer zur Hochstraße abbiegen wollte. Als sie das tat, erwischte sie Heinrich B. auf seinem Pedelec. B. stürzte, erlitt Prellungen, wurde ins Krankenhaus gebracht und blieb dort bis zum nächsten Tag. Bei Katja P. meldete sich die Polizei. Ein Zeuge hatte ihr Kennzeichen notiert.

Ein Sachverständiger erklärte, ja, es sei durchaus möglich, dass Katja P. von der Kollision nichts mitkriegte: Mazda und Pedelec waren in entspanntem Tempo unterwegs; der Mazda sei in einem großzügigen Bogen auf den Hochstraßenzubringer gefahren - also nicht etwa scharf vor dem Pedelec abgebogen. Dann nämlich wäre das Rad womöglich frontal in die Seite des Mazda gekracht.

Bloß: Der gestürzte Radler und auch ein Zeuge berichteten, der Mazda sei nach der Kollision deutlich langsamer geworden. Danach erst habe er wieder beschleunigt. Ein dritter Zeuge, Berufskraftfahrer aus Fröndenberg, sagte, für ihn habe es so ausgesehen, als hätte die Autofahrerin den Mann auf dem Pedelec sehr wohl registriert - und irrtümlich geglaubt, sie schaffe es noch, vor ihm abzubiegen.

Dieser Punkt war es schließlich, der den Richter zur Überzeugung brachte: "Sie haben den Unfall wahrgenommen." Das Ergebnis: eine Geldstrafe von 1.000 Euro, dazu eine Führerscheinsperre von noch acht Monaten.

Einer der Unfallbeobachter ist ebenfalls Radfahrer, regelmäßig auf der Koppelstraße unterwegs und "schon ein paar Mal fast umgefahren worden". Besonders ärgerlich für den jetzt betroffenen Pedelec-Fahrer: Die Versicherung der Mazda-Fahrerin hat seinen Schaden bisher nicht reguliert. Es geht um 2.500 Euro fürs Krankenhaus und fürs kaputte Pedelec. Er fühle sich trotzdem halbwegs als Glückspilz, weil er am Freitag, dem Dreizehnten, ohne bleibende Schäden davongekommen sei.

Widerstand in Unterwäsche: Geldstrafe

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Kamen. Zwei Kriminaloberkommissare begegneten am 19. April in einem Kamener Wohnhaus einem Mann in Unterwäsche. Sie sollten ihn ins Landeskrankenhaus in Aplerbeck zurückbringen. Er wehrte sich. Das brachte ihm einen Strafbefehl über 600 Euro wegen Widerstands ein. Weil er Einspruch einlegte, verhandelte jetzt das Amtsgericht den Fall.

Marvin K. (29, Name geändert) ist psychisch krank. Er leidet an einer Schizophrenie, steht unter Betreuung und war im Frühjahr eben in der LWL-Klinik untergebracht. Nachdem er unerlaubt von dort verschwunden war, setzten sich die Polizisten in Bewegung: In seiner Wohnung wollten sie ihn wieder einkassieren.

Gleich an der Wohnungstür hätten die Beamten ihn ohne Vorwarnung überrumpelt, sagte Marvin K. im Gericht. "Großartig gewehrt hab ich mich nicht." Ganz anders die Erinnerung von einem der beiden Polizisten: Sie hätten bei K. geklingelt und ordentlich ihre Ausweise vorgezeigt. K. habe ihnen geantwortet, sie sollten "ein Auge zudrücken", ihn in Ruhe lassen und wieder verschwinden. Danach habe er sich heftig gegen seine Mitnahme gewehrt. "Er hat erst aufgegeben, als wir mit dem Einsatz von Pfefferspray gedroht haben."

Im Gerichtssaal verhielt K. sich völlig friedlich. Sogar den Einspruch gegen den Strafbefehl nahm er schließlich zurück. Es hätte ja auch schlimmer kommen können für ihn: K. ist früher bereits zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Armbänder aus Pferdehaar: Schluderei statt Betrug

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Kamen. Die junge Frau aus Kamen ist angehende Systemgastronomin - und ein bisschen was dazu verdient hat sie sich im vergangenen November als Anbieterin von Armbändern aus geflochtenem Pferdehaar. Diese Accessoires bot sie im Internet auf pferdeflohmarkt.de für zehn Euro das Stück an. Irgendwas lief schief bei dem Handel. Deshalb saß die Kamenerin nun auf der Anklagebank des Amtsgerichts statt fest im Sattel.

Drei Kundinnen hatten sie angezeigt. Denn sie habe das Geld für die Armbänder - 15 an der Zahl - kassiert, aber die Armbänder nicht ausgeliefert. Die Angeklagte widersprach: Sie habe die Bänder sowohl angefertigt als auch zur Post gebracht. Die Briefe waren aber wegen des eher geringen Warenwerts unversichert. Das sei auch mit den Kundinnen so vereinbart gewesen. Die Post habe dann wohl was verschludert. Insgesamt hätten fünf Kundinnen reklamiert. Für fast alle habe sie Ersatzstücke gefertigt und verschickt - Ausnahme: eine Pferdefreundin, die im persönlichen Kontakt ausgesprochen pampig geworden sei.

Vorbelastungen? Das Strafregister der Frau ist leer. Und die Post ist, wie man weiß, ja tatsächlich nicht gegen Verluste gefeit - erst recht nicht in der Vorweihnachtszeit, in der sich der Armband-Versand abspielte. Darum: Freispruch. Auch Wiederholungsgefahr besteht nicht. Die Frau sagte, den kleinen Nebenerwerb mit den Pferdehaararmbändern habe sie aufgegeben.

Echte Strafe für falschen Staatsanwalt

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Kamen. Ein Azubi soll sich am Telefon als Staatsanwalt ausgegeben haben. Verständlich, dass er mit der echten Staatsanwaltschaft lieber nichts zu tun haben wollte: Den Termin im Kamener Amtsgericht ignorierte er. Eine Strafe bekam er trotzdem - das geht nämlich in vielen Fällen trotz Abwesenheit des Angeklagten.

So viel weiß man: Der junge Mann wollte von jemandem 3.000 Euro einfordern. Diese Forderung rührte wohl von einem früheren Arbeitsverhältnis her. Und er muss geglaubt haben, schneller an das Geld zu kommen, wenn der Schuldner annimmt, es mit einem Staatsanwalt zu tun zu haben. Sein Pech nur: Das Gegenüber am Telefon identifizierte ihn als den Nicht-Staatsanwalt, der er nun mal war und ist.

Auf versuchte Nötigung und Beleidigung lautete jetzt die Anklage gegen den nicht anwesenden Angeklagten. Dessen Verhalten sei ja nun wahrlich "nicht fürchterlich clever" gewesen, stellte der Richter fest. Die - zwar noch nicht fertig ausgebildete, aber dennoch "richtige" - Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte den Erlass eines Strafbefehls: 120 Tagessätze. Das ist recht viel. Aber die Tat sei ja auch geeignet gewesen, das Vertrauen in die Justiz zu erschüttern.

Die Tagessatzhöhe beträgt, den Einkommensverhältnissen entsprechend, zehn Euro. Der falsche Staatsanwalt muss also 1.200 Euro zahlen. Wird die Entscheidung rechtskräftig, hinterlässt das einen echten Eintrag im Führungszeugnis.

Picheln bei Poco: Freispruch trotz zwei Promille

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Kamen. Es ist wohl wirklich so gewesen: Am Mittag des 3. April saß der 30-jährige Martin E. (Name geändert) mit zwei Promille Blutalkohol hinterm Steuer seines Wagens. Trotzdem bekam er in seinem Prozess vor dem Amtsgericht Kamen einen Freispruch. Denn es ist zweifelhaft, ob E. mit diesen zwei Promille auch tatsächlich gefahren war.

Geschnappt hatte ihn die Polizei nach einem Zeugenhinweis auf dem Parkplatz von Poco in Rünthe. Als die Beamten ankamen, war da neben dem angeschickerten Martin E. und seinem Auto auch ein Abschleppwagen im Auftrag des ADAC. Vor Gericht erzählte E. die Vorgeschichte: An jenem Tag habe er erst bei Poco in Dortmund ein paar Sachen einkaufen wollen. Weil das Gewünschte dort nicht zu haben war, verwiesen ihn Mitarbeiter an die Filiale in Rünthe: Da gebe es E.s Wunschartikel noch. Auf dem Weg nach Rünthe erwischte ihn ein Reifenschaden. E. steuerte den Parkplatz an, verständigte die Pannenhilfe - und verkürzte sich die mehrstündige Wartezeit mit einigen Flaschen Bier.
So weit seine Version. Zu widerlegen war die nicht. Und dass E. auch mal auf die Straße gepinkelt und Passanten blöd angemacht haben soll, interessierte in dem Strafprozess nicht. Tatsächlich entdeckten die Polizisten seinerzeit in dem Wagen allerhand leere Bierflaschen. In seiner Vernehmung damals präsentierte E. den Beamten gleich mehrere Versionen, wie sich sein Tag abgespielt habe. Sein Verteidiger, ein bodenständiger Rechtsanwalt, erklärte freimütig, er selbst rede sogar schon mal Mist, wenn er weniger als zwei Promille intus habe.
E. hat bisher weder Vorstrafen noch Einträge in Flensburg. Und dabei bleibt es fürs erste. Es galt das Prinzip: Im Zweifel für den Angeklagten.