Klassiker "Hund und Postbote": Schmerzensgeld für Briefträger

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Hund und Briefträger - traditionell ein schwieriges "Paar". Die Bergkamener Hundebesitzerin Gisela F. (Name geändert) saß heute als Angeklagte im Amtsgericht Kamen, weil ihr Vierbeiner Henry (Name ebenfalls geändert) Ende Oktober auf den Postboten losgegangen war. Der Zusteller erlitt laut Attest des Kamener Krankenhauses eine oberflächliche Schürfwunde. Blut war nicht geflossen. Und auch die Hose des Mannes sei heil geblieben, sagte Gisela F. in der Verhandlung.

Sie lebt von Rente und Grundsicherung. Wegen des Vorfalls im Oktober hatte sie erst einen Strafbefehl über einen dreistelligen Betrag bekommen. Zu viel, fand nun Richter Christoph Hommel.
Was den eigentlichen "Täter" Henry betrifft: Der hat eine Rückenhöhe von rund einem halben Meter, ist nach Angaben von Gisela F. freundlich - hat allerdings eine Abneigung gegen die Fahrräder der Post. Und so "zwickte" er halt zu, als damals der Briefträger plötzlich in der Einfahrt auftauchte, während Gisela F. mit Gartenarbeit beschäftigt war. Der Hund passe auf sie auf, erzählte sie. Vor ein paar Jahren habe er sie nach einem Schlaganfall gefunden und Alarm geschlagen. Seitdem lasse er sie nicht aus den Augen.

Der Strafbefehl ist nach dem Gerichtstermin vom Tisch. Gisela F. muss dem Postboten ein Schmerzensgeld von 50 Euro zahlen - dann ist die Sache ohne Vorstrafe erledigt. Das Geld soll sich der Postbote in den kommenden Tagen bei ihr abholen. Henry wird's wohl dulden.

Ehefrau im Schlaf gewürgt: Geldstrafe

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Kamen. In einer Nacht im Frühjahr 2018 wurde eine Frau in Bergkamen wach, weil ihr Mann sie würgte. Beide Hände habe er der Mutter um den Hals gelegt, erzählte die 13 Jahre alte Tochter des Paars im Kamener Amtsgericht. Sie selbst hatte neben der Mutter geschlafen. Sie stieß den betrunkenen Vater von der Mutter herunter. Die Mutter versteckte sich danach im Schrank. Der Vater ging in die Küche. Am nächsten Tag verließ ihn seine Frau: Sie ging zu einer Freundin. Seitdem sind die Eheleute getrennt.

Die Tochter war nach der nächtlichen Attacke zuerst beim Vater geblieben. Warum die Mutter sie nicht gleich mitnahm, blieb in der Verhandlung offen. Immerhin: Der Mann hatte dem Mädchen nichts getan. Aber er drohte ihr Tage später, sie zu töten, weil sie zur Mutter halte. Mittlerweile hat auch die Tochter mit dem Vater nichts mehr zu tun.

Während die Mutter vor Gericht nicht mehr gegen den Mann aussagen wollte, lieferte die 13-Jährige detallierte Schilderungen. "Er trinkt viel Alkohol", erzählte sie über den Vater. Hätte auch sie geschwiegen - ihr Vater wäre wohl freigesprochen worden. Denn frühere Aussagen bei der Polizei zählen im Gerichtssaal nicht.

Der Angeklagte selbst gab an, weder habe er seine Frau gewürgt, noch habe er ihr oder der Tochter mit Mord gedroht. Er sei nur verärgert gewesen, weil seine Frau ohne sein Wissen teure Tickets für Flüge in die vietnamesische Heimat der Eheleute gekauft habe.

Die Frau hatte durch das Würgen keine Verletzung erlitten, auch Sprechen und Schlucken klappten noch. Fazit des Gerichts: Der Angriff war nicht lebensbedrohlich. Wegen Körperverletzung und Bedrohung verurteilte es den beschäftigungslosen Bergkamener zu einer Geldstrafe von 700 Euro. Wovon er die denn bezahlen solle, fragte er.

U-Haft nach Betrug des Jobcenters

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Kamen. Es braucht wenig "kriminelle Energie", um als Angeklagter vor Gericht zu stehen - oder sogar in U-Haft zu kommen. Das hat sich heute einmal mehr am Kamener Amtsgericht gezeigt. Ein Kraftfahrer aus Kamen und eine Pflegeassistentin aus Bergkamen hatten zu Unrecht Geld erhalten - er vom Jobcenter, sie von der Arbeitsagentur. Beide hatten es versäumt, den Behörden zu sagen, dass sie Arbeit hatten. Juristisch gesehen: Betrug.

Der Mann aus Kamen, Ende 50, war seit Mitte Mai 2017 bei einer Zeitarbeitsfirma. Für die Monate Juni bis August überwies ihm das Jobcenter trotzdem insgesamt 1348 Euro. Dass etwas nicht stimmte, merkte das Jobcenter schließlich bei einem Datenabgleich. Fast zeitgleich meldete sich auch der Kamener beim Jobcenter - und zwar, weil er seine Arbeitsstelle da schon wieder verloren hatte. Bereits den Beginn dieser Arbeit mitzuteilen, sei ihm nicht in den Sinn gekommen, erzählte der Mann dem Richter. Der Fehler sei "nicht mit voller Absicht" passiert. Zur Vorgeschichte gehören ein Alkoholproblem, Depressionen und Suizidgefahr. "Ich habe mich abgeschottet." Für rechtliche Belange hat er auf eigenen Wunsch eine Betreuerin. Die 1348 Euro hat er längst zurückgezahlt. Vor allem aber war er wegen der ganzen Sache mehr als drei Wochen in der JVA. Denn weil er bei einem ersten Termin gefehlt hatte, erging ein Haftbefehl. Das Urteil nun: eine Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 15 Euro. Immerhin ist ein Drittel der Summe durch die abgesessene Haft erledigt.

Um einen Schaden von 759 Euro ging es im Prozess gegen die Bergkamener Pflegeassistentin. Der Arbeitsagentur hatte sie im August 2018 mitgeteilt, dass sie ab September eine Stelle haben werde. Tatsächlich arbeitete sie zu dem Zeitpunkt schon. Das sei "keine Absicht" gewesen, erklärte die Frau peinlich berührt dem Richter, entschuldigte sich mehrfach und sprach von einem Todesfall in der Familie - sie sei durcheinander gewesen. Für ihren 30-Stunden-Job bekommt sie knapp 1100 Euro netto monatlich. Die 759 Euro von der Arbeitsagentur will sie nach und nach zurückzahlen. Das Gerichtsurteil - eine Geldstrafe von weiteren 900 Euro - akzeptierte sie sofort. "Ich bin ja schuldig."

Cannabis am Pastorenkamp: Geldstrafe

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Kamen. "Dummheit schützt vor Strafe nicht" - Amtsrichter Martin Klopsch brauchte diesen Satz gar nicht zu sagen: Der Angeklagte brachte ihn von ganz allein. Thomas K. (30, Name geändert) hatte im August vorigen Jahres eine Cannabispflanze auf seinem Balkon am Pastorenkamp in Methler, 125 Zentimeter hoch, in einem Blumentopf. Das heikle Gewächs war gut zu sehen. Und jemand sah es - und erstattete Anzeige.

"Rosen oder Tulpen wären besser gewesen", fand der Richter. Thomas K. erklärte, die Strafbarkeit sei ihm nicht bewusst gewesen: Er sei von legalem "Kulturhanf" ausgegangen. Dabei hat K. Erfahrung mit dem Betäubungsmittelgesetz - es hat ihm ein paar Vorstrafen eingebracht. Sogar in Haft war er schon.

Die Sache mit der illegalen Balkonpflanze war sein erstes Vergehen nach knapp fünf Jahren. "Ich habe mich geändert." Ein Job ist ebenfalls in Sicht. Das Urteil diesmal: eine Geldstrafe von 800 Euro.

Pampig gegen die Polizei: Haft auf Bewährung

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Kamen. Es sei schon etwas krass, dass ihm der Prozess gemacht werde - immerhin zahle er Steuern, und als er seinen Ausraster gehabt habe, sei er betrunken gewesen und darum womöglich unzurechnungsfähig. Sven K. (Name geändert), 21 Jahre, schmächtige Statur, war am 8. Juli 2018 Auslöser eines Polizeieinsatzes im Hüchtweg. Er hatte auf Türklingeln gedrückt, an Türen geklopft - nachts gegen viertel nach eins. Anwohner waren alles andere als begeistert. Als die Beamten anrückten, beschimpfte er sie als Bullenschweine und Hurensöhne. "Ich ficke euch, weil ihr nichts wert seid", soll er gerufen haben. Gegen seine Ingewahrsamnahme wehrte er sich noch im Streifenwagen; später auf der Wache in Unna gab er immer noch keine Ruhe. Einem Polizisten versuchte er die Finger zu brechen und kratzte ihn am Unterarm. Eine rund sieben Zentimeter lange Narbe ist bis heute zu sehen und wird wohl auch bleiben.

Und das Positive? Sven K. gab alles zu. Kein Drumrumreden, auch kein Entschuldigen, es sei eben passiert, wozu jetzt also der Gerichtstermin?
Das erläuterte ihm dann Amtsrichter Martin Klopsch. Das Gesetz schreibe Gefängnisstrafen für Angriffe auf Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte fest. Denn der Respekt in der Bevölkerung schwinde. Beleidigung kommt im Fall von Sven K. noch dazu. Das Urteil: Sieben Monate Haft - ausgesetzt auf Bewährung. Und: Dem verletzten Polizisten muss K. 1200 Euro Schmerzensgeld zahlen. Weitere 1200 Euro hat er als Bewährungsauflage an die Gerichtskasse zu überweisen.