Omas Konto geplündert: Anklage für Enkelin

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von Andreas Milk

Kamen. Fünf Mal ging die Kamenerin Tina M. (23, Name geändert) mit der Girokarte ihrer Großmutter an die Geldautomaten der Sparkasse UnnaKamen. Sie kannte die PIN und bediente sich: Insgesamt verschwanden 4.750 Euro. Die heute 89-jährige, demenzkranke Frau bekam das wohl gar nicht mit - wohl aber ihre Tochter, Tina M.s Mutter. Die fand, es sei Zeit für einen Schuss vor den Bug, und ging zur Polizei.

Die Verhandlung über die Sache im Amtsgericht zeigte: Da saß keine abgebrühte Abzockerin, sondern eine psychisch kranke Frau, die schon mit 14 in Behandlung war. Die Rede war von multipler Persönlichkeit, Depression, Borderline-Störung. Neben einer eher unscheinbaren, ruhigen Tina M. scheint es eine flippige, auf Außenwirkung abzielende Version der jungen Frau zu geben. Das spiegelt sich etwa in einem Bild aus der Videoüberwachung der Sparkasse wider.

Im Gericht nahm Tina M.s Mutter den Strafantrag zurück - der "Fall Oma" war damit abgehakt. Es blieb noch ein "Fall Jobcenter": M. soll die Aufnahme bezahlter Arbeit nicht gemeldet und unberechtigt Unterstützung bezogen haben. Ihre Fallmanagerin sagte allerdings aus, nach ihrem Eindruck habe Tina M. keine Betrugsabsichten gehabt, sondern ihr Leben nicht unter Kontrolle.

Das Verfahren wird eingestellt gegen Zahlung einer Geldbuße von 300 Euro. Empfängerin: Tina M.s Großmutter. Deren Tochter und Enkelin - sprich: Mutter & Tochter - lagen sich nach Verhandlungsschluss in den Armen. Und Mutter M. versicherte dem Richter: Sollte Tina M. die Buße nicht ordnungsgemäß zahlen, werde sie "die Keule" zu spüren bekommen. Oder alternativ eine Bratpfanne.

Fake-Bestellung für 40 Euro - Geldstrafe: 1.800 Euro

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von Andreas Milk

Kamen. Für genau 40,39 Euro bestellte der Bergkamener Tim F. (Name geändert) im August vorigen Jahres Lebensmittel bei der Firma Flaschenpost: Cola, Chips, Joghurt und andere Dinge. Weil er zum Bezahlen die Kontonummer seiner damaligen Freundin nutzte, die aber keine Ahnung davon hatte, platzte die Abbuchung. F. saß jetzt als Angeklagter vorm Kamener Strafrichter.

Aussage stand gegen Aussage: Sie wusste Bescheid, sagt Tim F. - ich wusste es nicht, sagt die Exfreundin. Die junge Frau hatte seitenweise Aufzeichnungen dabei über die missglückte Beziehung, gespickt mit Beispielen dafür, wie Tim F. sie ausgenutzt habe. Für sie sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen - und er habe es immer wieder geschafft, sie um den Finger zu wickeln. Allerdings sei es eine On-Off-Geschichte gewesen - so "richtig" zusammen gewesen seien sie nie.

Tim F., 24 Jahre alt, hat eine bewegte Vorgeschichte. Sie umfasst unter anderem eine Jugendstrafe von drei Jahren und elf Monaten wegen einer ganzen Latte von Delikten - darunter Einbruch, Raub, Körperverletzung. Ein Rest der größtenteils verbüßten Strafe ist noch zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungsfrist endet im Sommer 2025.
Mittlerweile hat F. einen Job - und einen Sohn, um den er sich laut seiner Bewährungshelferin auch kümmert. Es gibt hohe Schulden. Genaues Ausmaß? Unklar.

Der Richter verurteilte F. zu einer Geldstrafe. 60 Tagessätze à 30 Euro muss er für den Betrug zahlen. Und die 40,39 Euro für die Flaschenpost sind inzwischen auch schon rausgegangen.

Miesen Tag gehabt: Ausraster beim Polizei-"Besuch"

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von Andreas Milk

Kamen. Azra H. (Name geändert) machte es den Polizisten nicht gerade leicht bei dem Einsatz in Kamen am Nachmittag des 4. Februar 2023: Die Beamten wollten in ihre Wohnung - mit entsprechender Befugnis, versteht sich -, aber Azra H. ließ sie nicht. Auch gegen das Anlegen von Handfesseln wehrte sie sich "mit einfacher körperlicher Gewalt", wie es in der Anklage der Staatsanwaltschaft heißt. Verhandelt wurde darüber jetzt im Amtsgericht.

Dass die umgänglich wirkende Frau auch anders kann, hatte damals schon ihr Freund zu spüren bekommen. Azra H. soll auf sein Auto gesprungen sein, an den Scheibenwischern gezerrt haben. Auslöser: eine Eifersuchtsattacke. Ihr späteres Verhalten der Polizei gegenüber erklärte die 35-Jährige vor Gericht mit einer Panikattacke. Sie sei von den Beamten grob angefasst worden, habe blaue Flecken bekommen. "Eigentlich wollte ich die anzeigen." Im Streifenwagen hat Azra H. laut Einsatzprotokoll zwar ordentlich getobt, aber die Polizisten bemerkenswerterweise nicht beleidigt.

Fazit der Gerichtsverhandlung: Eine Schwerkriminelle ist Azra H. nun gerade nicht - es war wohl eher ein klassischer Fall von "ganz mieser Tag". Pluspunkte sammelte die Frau beim Gericht sowie beim Vertreter der Staatsanwaltschaft obendrein mit gleich zwei Arbeitsstellen: Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, jobbt sie nicht nur bei einer Logistikfirma, sondern auch als Kellnerin.

600 Euro Buße muss sie zahlen ans Kinderheim des Sozialwerks St. Georg. Sobald das erledigt ist, wird das Verfahren wegen des Ausrasters beim Polizeieinsatz eingestellt.

Die "Ex" im Auto verfolgt: Letztes Wiedersehen vor Gericht

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Es war längst aus zwischen Rico M. (Name geändert) und seiner Freundin. Trotzdem lauerte er der Oberadenerin noch auf. Am 28. Februar 2023 stand er vor dem Fitnessstudio, das sie besucht hatte. Er drohte, ihr Auto anzuzünden. Als zehn Tage später ein Kontaktverbot gemäß Gewaltschutzgesetz ausgesprochen wurde, gab er immer noch keine Ruhe. Per Mail schickte er seiner früheren Freundin einen "Abschiedsbrief". Weitere sechs Wochen danach folgte er ihr in seinem Wagen von Hamm nach Bergkamen.

Nun saß er vor der Strafrichterin im Kamener Amtsgericht. Vor Verhandlungsbeginn hatte er auf dem Gerichtsflur einige Meter Abstand gehalten von seiner Exfreundin und deren Mutter. Beide waren als Zeuginnen geladen. Dass sie nicht auszusagen brauchten, lag am Geständnis von Rico M.: Ja, es stimme alles, was in der Anklage der Staatsanwaltschaft steht. "Ich war verliebt", "ich war in einer Scheiß-Situation", erklärte der 37-Jährige. Neben der Beziehung hatte er damals wohl auch seine Unterkunft verloren. Unter Tränen versicherte er, sein Verhalten tue ihm leid - auch die Drohung, das Auto anzustecken. "Man sagt einiges, wenn man verletzt ist."

In seinem Vorstrafenregister sind 13 Einträge, vorwiegend Eigentumsdelikte. Ein notorischer Stalker ist er also nicht. Und: Die letzte strafbare Tat war 2017; seitdem war Ruhe. M. hat einen Sohn mit einer anderen Frau.
Das Urteil jetzt: eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 15 Euro. Im Moment hat M. keinen Job. Ende Dezember lief sein Arbeitsvertrag aus. Er hofft, bald einen neuen zu bekommen als Anlagenmechaniker. Die Strafe will er in Raten abstottern: "Ich möchte nicht, dass mein Sohn mich im Gefängnis besuchen muss." Kontakt zu der Frau aus Oberaden besteht nicht mehr.

Betrunken über die "Lünener": Mildes Urteil für Muster-Angeklagten

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Es sah so aus, als würde Torben T. (30, Name geändert) seinen Führerschein noch im Verhandlungssaal zurückbekommen. Der Bergkamener trat vor der Kamener Strafrichterin nach einer Trunkenheitsfahrt über die Lünener Straße als Muster-Angeklagter auf - und zwar glaubhaft. Auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war der Ansicht, das Verfahren könne gegen Zahlung einer Buße an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt werden. Aber sie durfte als Referendarin nicht darüber entscheiden. Das tat ihr Ausbilder in Dortmund nach telefonischer Rücksprache. Er sagte: Nein.

12. Juli 2023, morgens gegen zwei Uhr. Torben T. wird in seinem Wagen von einer Polizeistreife gestoppt. Ein Bluttest ergibt später 1,18 Promille. Dazu kommt: Statt mit den erlaubten 70 Kilometern pro Stunde soll T. zeitweise mit Tempo 130 gefahren sein.

Das ist übel, keine Frage. Der Richterin erklärte er, dass er in jener Nacht mit Arbeitskollegen Bier getrunken habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, wie viel. Ungewöhnlich und mustergültig ist, was T. im Anschluss tat. Er holte sich psychologische Hilfe, trank keinen Tropfen Alkohol mehr, belegte das auch mit Screening-Nachweisen. Alkoholkonsum habe für ihn heute "nichts Positives mehr", sagt er. Einen "bereichernden Kurs" habe er absolviert und viel über sich gelernt - etwa, dass sich Unruhe und überschüssige Energie sinnvoll in Sport kanalisieren lassen.

Und natürlich sind das Vorstrafen- und das Verkehrssündenregister leer. Die Richterin sprach - da nun mal die Verfahrenseinstellung am Nein aus Dortmund gescheitert war - das denkbar mildeste Urteil: eine "Geldstrafe auf Bewährung" in Höhe von 30 Tagessätzen à 70 Euro, zu zahlen nur, wenn wieder was passiert. Wovon bei Torben T. wohl niemand ausgeht.

Lässt die Staatsanwaltschaft sieben Tage nichts von sich hören, wird das Urteil rechtskräftig. Und dann kann Torben T. auch seinen Führerschein wiederhaben. Der Ingenieur wartet dringend drauf: Mobilität wird in seinem Job von ihm erwartet.