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"Tourist" auf Klau-Urlaub bei Brumberg

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Der Mann, der im April dieses Jahres im expert-Elektrofachmarkt Brumberg an der Kämerstraße herumlief, war mit einem Touristenvisum nach Deutschland gekommen. Der Georgier Dimitri T. (44, Name geändert) nahm Videokameras, Kopfhörer und Navis für fast 900 Euro mit - allerdings ohne zu bezahlen. Zwei Monate vorher hatte er schon bei Berlet in Hamm Modems für 700 Euro in seine Jackentasche gesteckt. Nach dem Vorfall bei Brumberg schickte ihn ein Richter am Amtsgericht Unna erst mal in U-Haft. Da war er bis zu diesem Mittwoch.

Im Kamener Amtsgericht wurde nun über die Diebstähle verhandelt. "Er weiß, dass es ein Fehler war", erklärte T.s Anwalt. Nach den vier Monaten in der JVA wolle sein Mandant möglichst wieder in seine Heimat zurück. "Gelohnt" hat sich der Knastaufenthalt insofern, als im Fröndenberger Justizkrankenhaus erfolgreich eine OP an T.s Hämorrhoiden durchgeführt wurde. Eigenem Bekunden zufolge geht es T. inzwischen wieder gut.

"Sie waren zum Klauen hier", umriss der Vertreter der Staatsanwaltschaft kurz und bündig den Zweck von T.s Einreise nach Deutschland. Sein Vorschlag: elf Monate Haft - dann Abschiebung. Der Verteidiger führte allerhand Milderungsgründe an: Die geklauten Sachen wurden zurückgegeben, es gab ein Geständnis, die Zeit in U-Haft habe ihre Wirkung auf den bislang nicht vorbestraften Mann gehabt.

Der Richter entschied: neun Monate Haft, ausgesetzt auf Bewährung. Ob T. das Gerichtsgebäude später als freier Mann verlassen durfte, entschied sich erst nach Telefonaten im Anschluss an den öffentlichen Prozess. Grund: ein durch die Akten geisternder Haftbefehl des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten wegen eines Raubdeliktes.

"Fürchterlich", "tödlich": Panzerkommandant a. D. muss zahlen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen20KWKamen. Der 85-jährige Kamener August T. (Name geändert) ist einigen hiesigen Juristen und Juristinnen ein Begriff. Leider gilt das nicht im positiven Sinn. T. hat zwar keine Vorstrafen, ist aber wohl in letzter Zeit ausgesprochen pampig gewesen im Umgang mit Justizangehörigen. An diesem Freitag nun hätte er sich wegen Bedrohung in vier Fällen vor dem Strafrichter am Amtsgericht verantworten sollen. Eigentlich.

Die Vorgeschichte: Als Vermieter einer Wohnung hatte August T. sich mit einer Mieterin gezofft. Der Fall landete vor Gericht. Schriftstücke wurden verfasst und verschickt. Und soweit T. der Verfasser dieser Schriftstücke war, wurde es brenzlig: Unter Hinweis auf eine Vergangenheit als Panzerkommandant wies er seine Widersacher darauf hin, sie hätten "fürchterliche" und "tödliche" Konsequenzen zu fürchten, sollten sie nicht in seinem Sinne handeln. Ein Rechtsanwalt bekam zu lesen, er müsse damit rechnen, sich alsbald "eine Etage tiefer" zu befinden.

Wegen all dieser Ausfälle war gegen August T. ein Strafbefehl ergangen: 80 Tagessätze à 50 Euro. Er legte Einspruch ein. Zur Verhandlung darüber kam er nicht. Schon frühere Termine hatte er ignoriert. Diesmal teilte eine Verwandte dem Gericht mit, T. sei wegen Long Covid in Kur. Ein Beleg existiert nicht.

In weiser Voraussicht hatte der Richter für diesen einzigen Termin des Tages erst gar nicht sein legeres Freizeithemd gegen ein dienstliches Outfit getauscht: Nach einer Viertelstunde Plauderei ohne weißes Hemd und schwarze Robe mit Amtsanwältin und Protokollführerin wurde der Einspruch T.s gegen den Strafbefehl verworfen. Der angebliche Panzerkommandant a. D. muss die 4.000 Euro zahlen.

Wohlfühltermin vor Gericht: Mit 83 Verzicht auf den Führerschein

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Friedrich T. (Name geändert) ist 83 Jahre alt und das, was man einen unbescholtenen Bürger nennt. Nun stand er wegen Fahrerflucht vor der Strafrichterin am Amtsgericht Kamen. Am Nachmittag des 1. Juni 2022 hatte er auf der Heinrichstraße in Bergkamen mit seinem Mercedes beim Verlassen eines Grundstücks ein Auto auf der Straße gerammt. Dann fuhr er weiter.

Friedrich T. sagt: Er habe den Unfall nicht bemerkt - und er hätte schließlich auch keinen Grund gehabt zu verschwinden, wenn er ihn denn bemerkt hätte: Er sei ja gut versichert. Am Tag darauf hatte er mit dem Mercedes einen TÜV-Termin in einer Werkstatt an der Werner Straße. Dabei seien an dem Wagen keine Unfallspuren aufgefallen.
Bevor Richterin und Staatsanwalt sich nähere Gedanken zu machen brauchten, hatte Friedrich T. schon eine Lösung: "Ich fahr' nicht mehr." Den Mercedes bekomme seine Nichte, seinen Führerschein werde er abgeben, erklärte der 83-Jährige. Das war's. Die Juristen waren begeistert; das Verfahren wurde eingestellt mit der Auflage, dass T. seine Fahrerlaubnis tatsächlich binnen sechs Monaten beim Straßenverkehrsamt abgibt. Bei Bedarf, so Friedrich T., könne er sich künftig von der Nichte oder seinen erwachsenen Kindern chauffieren lassen. Ab und zu Taxifahren gehe mit seiner Rente wohl auch.

"Ein ganz toller Vorschlag" sei das mit dem Führerscheinverzicht gewesen, fand die Richterin. Und, ein bisschen gemein vielleicht: Sie werde ihrem Schwiegervater davon erzählen.

 

"Aus Versehen" Angeklagter: Betrugsvorwurf um Dialysefahrten

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amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Manchmal reicht eine Nachlässigkeit oder ein Versehen, um sich als Angeklagter in einem Strafprozess vor Gericht verantworten zu müssen. So war es jetzt im Fall des Bergkamener Kleinunternehmers Murat M. (Name geändert). Er soll sich eines Betrugs schuldig gemacht haben, und zwar in Zusammenhang mit der Abrechnung von Dialysefahrten für eine ältere Patientin.

An ein und demselben Tag Ende August 2021 gingen an die Knappschaft routinemäßig zwei Rechnungen seiner Firma raus, die eine über 1.858 Euro, die andere über 1.467 Euro. Beide wurden auch beglichen - obwohl die zweite, niedrigere Rechnung Fahrten enthielt, die schon in der ersten enthalten waren.

Der Prozesstermin vor der Kamener Strafrichterin war flott erledigt. Nicht nur, dass der Betrag aus der ersten, fehlerhaften Abrechnung sowieso schon längst an die Knappschaft zurückgeflossen war. Es stellte sich auch heraus: An jenem August-Tag vor knapp zwei Jahren wurde bereits eine Stornierung der ersten Rechnung versandt. Aber weil das Abrechnungssystem anscheinend eine Wissenschaft für sich ist, wurden die 1.858 Euro trotzdem angewiesen.

Ende der Geschichte: Das Verfahren gegen Murat M. wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt - ohne irgendwelche Auflagen. Strafe für den voreiligen Rechnungsversand bleibt damit das lästige Verfahren als solches. Dazu kommen Kosten für seinen Anwalt.

Geldstrafe für Vergewaltigungsvorwurf

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von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. In seiner Urteilsbegründung kam der Strafrichter auf den Begriff "toxische Beziehung" zu sprechen: Mit so etwas habe man es wohl gerade zu tun gehabt. Angeklagt war die Bergkamenerin Nicole F. (Name geändert). Am Vormittag des 11. Februar 2022 war sie zur Polizeiwache am Kamener Bahnhof gegangen und hatte ihren damaligen Freund angezeigt: Geschlagen und vergewaltigt habe er sie. Das Verfahren gegen den Beschuldigten stellte die Staatsanwaltschaft im Dezember ein. Stattdessen ermittelte sie nun gegen Nicole F. wegen falscher Verdächtigung.

Die junge Frau ließ vor Gericht ihren Verteidiger für sich reden. Der entwarf das Bild einer "komplexen, schwierigen Persönlichkeit". Es gebe den Verdacht einer Borderline-Störung. Die Beziehung mit dem vermeintlichen Sexualstraftäter war nach den Worten des Anwalts von Gewalt geprägt. Es habe einvernehmliche sexuelle Kontakte zwischen den beiden gegeben - auch noch nach der angeblichen Vergewaltigung - sowie nicht-einvernehmliche. Die Frage sei, ob Nicole F. dem "Partner" überhaupt immer deutlich machen konnte, was sie wollte - und was nicht.

Trotz all dieser Punkte und trotz des leeren Vorstrafenregisters der 35-jährigen Bergkamenerin: Der Vertreter der Staatsanwaltschaft machte klar, dass eine Verfahrenseinstellung mit ihm nicht zu machen sei. Dafür wiege der Vergewaltigungsvorwurf schlicht zu schwer: "Sowas kann existenzvernichtend sein."
Am Ende stand eine Geldstrafe: 80 Tagessätze à 10 Euro soll die Sozialhilfebezieherin zahlen. Sie stimmte zu; das Urteil wurde sofort rechtskräftig. Mittlerweile ist Nicole F. laut ihrem Anwalt mit einem netten Mann liiert. Gemeinsam besuchten sie eine Selbsthilfegruppe - es gebe in ihrem Leben wieder eine positive Perspektive.