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von Andreas Milk
Kamen. Im Juli 2017 gab Markus P. (Name geändert) bei einer Bergkamener Autowerkstatt eine Reparatur seines Zafira in Auftrag. Kostenpunkt: 1.400 Euro. P.s Kontostand zu der Zeit: 16 Euro - und zwar im Minus. Der Werkstattinhaber, ein selbstständiger Kfz-Meister, hat sein Geld bis heute nicht. Diese Woche sahen sich die beiden Männer vor dem Kamener Amtsrichter wieder: Markus P. war des Betrugs angeklagt.
"Ich bin davon ausgegangen, dass ich bezahlen kann", sagte er. P. lebte von Hartz IV, hatte aber wohl einen Job in Aussicht. Dem Mann in der Werkstatt gegenüber gab er sich als bereits berufstätig aus. Von zwei möglichen Auspuff-Varianten wählte er ausdrücklich die teurere. Als er den Zafira wieder abholen wollte, erzählte er dem Kfz-Meister, gerade kein Geld bei sich zu haben - ob er den Wagen trotzdem schon haben könne? "Doof, wie ich bin, hab' ich den Wagen rausgegeben", so der Betrogene vor Gericht.
Markus P. erklärte, die Sache tue ihm leid, und er wolle das Geld zurückzahlen. Die letzten vier Wochen hat er in Haft verbracht, weil er einen früheren Termin ignoriert hatte. Das sei hoffentlich ein Denkzettel gewesen, hofft der Richter. Er verhängte gegen den mehrfach vorbestraften Mann sechs Monate Haft auf Bewährung. Dazu kommt die Auflage, die 1.400 Euro auch wirklich abzustottern.
Weitere außergerichtliche Strafe: "Komm du mir nach Hause, dir zieh ich die Hammelbeine lang" - Zitat von Markus P.s Lebensgefährtin, die den Prozess im Zuschauerraum verfolgt hatte.
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von Andreas Milk
Kamen. 21. Juli 2017, später Abend, Weststraße, Höhe Willy-Brandt-Platz: Ein älterer Mann auf einem Fahrrad wird von drei jungen Männern angegriffen, vom Rad getreten, geschlagen. Der 23-jährige Murat K. (Name geändert) saß jetzt als Angeklagter im Amtsgericht: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Körperverletzung vor, begangen mit Komplizen, die nicht namentlich bekannt seien. Aber Murat K. sagt: Er habe den Mann auf dem Rad nicht attackiert - vielmehr sei er eingeschritten, ihn zu schützen, und habe die Schläger sogar noch verfolgt.
Vorweg: Geklärt wird die Sache frühestens im Februar. Denn der Richter setzte die Verhandlung aus. Er selbst wäre wohl jetzt schon zu einem Urteil gekommen, deutete er an. Murat K.s Verteidiger will aber noch Zeugen hören - darunter das Opfer. Der geprügelte Radfahrer hatte zwar schon zum Termin an diesem Mittwoch eine Ladung bekommen, das Schreiben des Gerichts aber ignoriert. Einem Nachbarn soll er gesagt haben, er werde nicht aussagen. Bleibt er beim nächsten Verhandlungstermin dabei, droht Beugehaft. Und noch zwei weitere Zeugen vermisste das Gericht diesmal.
Nur einer war da, der ganz klar sagte: Murat K. "hat geschlagen und getreten". Dieser Zeuge ist Gastwirt Michael Wilde, "Kümpers"-Chef, an jenem Abend Gast im Biergarten des "82 West", in Sichtweite des Schlägerei-Schauplatzes. Den Angeklagten Murat K. "kannte ich schon von früher, vom Sehen". Als Fachmann wusste Wilde zu berichten, dass es sich bei einer Flasche, die der Radler über den Kopf gezogen bekam, um "Jack Daniel's" gehandelt habe. Derart detaillierte Angaben vor Gericht sind selten.
Vom Richter wurde Wilde gelobt, dass er sich offenbar nicht einschüchtern lasse. Wie das bei den Co-Zeugen aussieht, ist noch die Frage. Zumindest einer soll von einem der mutmaßlichen Schläger "gebeten" worden sein, eine belastende Aussage zurückzunehmen.
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von Andreas Milk
Kamen. "Kranke Scheiße", "der Islam sollte ausgerottet werden": Für einen Facebook-Kommentar mit diesen Aussagen hat Jennifer M. (39, Name geändert) eine Anklage bekommen. Denn die Schmähung religiöser Bekenntnisse steht unter Strafe. Die Bergkamenerin musste sich vor dem Kamener Amtsgericht verantworten.
Es seien wohl "die Emotionen mit mir durchgegangen", erklärte sie. Am 15. Februar, morgens gegen zwei Uhr, war Jennifer M. in dem sozialen Netzwerk auf ein Video gestoßen, das die Verheiratung älterer Männer mit kleinen Mädchen zum Thema hatte. "Man muss doch die Kinder schützen", sagte sie nun vor Gericht.
Bei der Staatsanwaltschaft Köln befassen sich Juristen mit Fällen von Internet-Hetze in ganz NRW. So kam es, dass heute wohl zum ersten Mal eine Kollegin vom Rhein dort Platz nahm, wo sonst die Leute von der Staatsanwaltschaft Dortmund sitzen. Undifferenzierte Äußerungen wie die von Jennifer M. könnten zum (virtuellen) Flächenbrand führen, erklärte sie Kölner Strafverfolgerin. Das sei nicht zu akzeptieren.
Andererseits: Strafe genug war nach Überzeugung des Gerichts im Grunde schon eine Wohnungsdurchsuchung, die es bei Jennifer M. nach Bekanntwerden ihres Anti-Islam-Ausbruchs gab. "Das war ein Schock", erinnerte sich die Angeklagte an die Polizeiaktion morgens um sechs. Handy und Laptop wurden damals sicher gestellt. Gefunden wurde darauf nichts Verdächtiges.
Als Buße für den Facebook-Kommentar muss Jennifer M. 300 Euro an die gemeinnützige Aktion Lichtblicke überweisen. Ist das erledigt, wird das Verfahren eingestellt. Vorbestraft ist die Bergkamenerin damit nicht. Ihren Facebook-Account hat sie gelöscht.
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von Andreas Milk
Kamen. Am Bergkamener Busbahnhof hat sie herumgepöbelt; im Kamener Polizeigewahrsam hat sie später Beamte beleidigt und Widerstand geleistet. Und trotzdem: "Es gibt andere Leute, vor denen man Angst haben muss", so der Eindruck von Richter Christoph Hommel im Prozess vor dem Amtsgericht Kamen. Es gehe denn auch weniger ums Strafen, vielmehr ums Helfen.
Zu verantworten hatte sich Janine A. (Name geändert), 32, Mutter, Hartz-IV-Empfängerin, suchtkrank seit Jugendzeiten. Auf dem Busbahnhof neben Bergkamens Rathaus war sie am Nachmittag des 28. Juni 2017 ausgerastet: Sie beschimpfte und bespuckte Passanten. Eine Polizeistreife kassierte sie ein, wohl weniger, um Andere vor Janine A. zu schützen, eher zum Schutz der Frau vor sich selbst. Die hatte an dem Tag mehrere Flaschen Wein getrunken und fast 2,7 Promille Alkohol im Blut. Leicht hätte sie auf die Straße geraten und von einem Bus erfasst werden können. Den Polizisten - eine Beamtin, ein Beamter - verkündete sie im Suff, sie werde "die Bandidos informieren, damit ihr alle abgeknallt werdet", heißt es im Protokoll von damals.
Heute saß Janine A. auf der Anklagebank und erklärte unter Tränen, sie wisse von nichts mehr - aber was passiert sei, tue ihr leid. Seit dem 14. Lebensjahr habe sie getrunken. Später wurde sie heroinabhängig. Inzwischen wird sie substituiert - das heißt: Bei einem Arzt bekommt sie täglich Methadon. Sie nimmt Medikamente, damit sie keine Stimmen hört. Immer wieder sei sie mit Menschen nicht klar gekommen, habe sich ausgenutzt gefühlt. Wie Aschenbrödel fühle sie sich oft. Ein Gutachter sagte: "Sie lässt sich lieber schlecht behandeln, als alleine zu sein." In ihrem Leben habe sie "das volle Programm" gehabt, inklusive Prostitution und Obdachlosigkeit.
Das Positive: "Aktuell sieht es für sie so günstig aus wie nie" - was unter anderem daran liegt, dass Janine A. sich mit der Frau von der Diakonie gut versteht und ihre Hilfe annimmt. Ambulantes betreutes Wohnen nennt sich das. Daneben geht Janine A. zu den Anonymen Alkoholikern. Die Diakonie-Mitarbeiterin sagt: Janine A. hat noch Arbeit vor sich. "Das wird ein paar Jahre brauchen."
Einige Vorstrafen gibt es wegen Diebstahls und Erschleichens von Leistungen. Der Ausraster vom Busbahnhof im Zustand verminderter Schuldfähigkeit bleibt ungesühnt: Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft stellte der Richter das Verfahren ein. Helfen statt strafen: Janine A. soll weiter daran arbeiten, mit dem Leben klar zu kommen.
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von Andreas Milk
Kamen. Ein Auto ist ein Auto ist ein Auto - und wird nicht einfach so zum Krankenfahrstuhl: eine teure Erkenntnis für den Rentner Joachim B. (Name geändert) aus Bergkamen. Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hatte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen ihn erwirkt. B. erhob Einspruch, der Fall kam vors Kamener Amtsgericht. Und dort machte der Richter B. schnell klar, dass er schlechte Chancen habe, mit seiner Geschichte vom Krankenfahrstuhl durchzukommen.
Ende März war B. mit dem Fahrzeug der Marke Fiat am Oberadener Römerberg in Richtung Aldi unterwegs. Polizisten hielten ihn an, wollten einen Führerschein sehen. Den brauche er nicht, erwiderte B., denn technisch sei der Fiat eigentlich nur ein Mofa und er selbst alt genug, dieses "Mofa" führerscheinfrei zu steuern.
Von wegen. Zwar war der Fiat durch bauliche Veränderungen tatsächlich nicht in der Lage, schneller zu fahren als ein Mofa. Aber: Das ändere weder etwas an der Zahl der Sitze (4) noch am Gewicht (805 Kilogramm), und beides passe so gar nicht mit der Bezeichnung "Krankenfahrstuhl" zusammen, erklärte der Richter. Da halfen Joachim B. auch seine mitgebrachten Gesetzestexte nicht weiter: Sie hatten mit seinem Fall schlicht nichts zu tun. Launig schlug ihm der Richter noch vor, sich doch einen 20-Tonner zuzulegen und auf Mofageschwindigkeit drosseln zu lassen: Ob er mit dem dann auch zum Einkaufen führe, das sei doch praktisch wegen der großen Ladefläche?
Schon drei Mal war Joachim B. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Schon deshalb hätte er es nach Überzeugung des Richters besser wissen können - und müssen. Den Einspruch gegen den Strafbefehl zog B. am Ende zurück. Er muss nun 1.800 Euro zahlen.