"Was wollten Sie damit?" - "Mich abfüllen"

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Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk
Kamen. Immerhin: Die Sache mit den zwei Flaschen Raki war unstrittig. Ja, die habe er mitgehen lassen im Edeka an der Adenauerstraße, erklärte der Angeklagte Martin Sch. (37) heute vor dem Kamener Amtsrichter. Und er hatte auch eine absolut einleuchtende Antwort auf die Frage, was er denn mit seiner Beute vorgehabt habe: "Mich abfüllen."

Sch., drogenerfahren und fürs Gericht ein alter Bekannter, soll aber noch mehr geklaut haben - und zwar ein Navi und ein Handy, jeweils in einer Privatwohnung. Diese Taten allerdings bestritt er. Tatsächlich räumte die rechtmäßige Handy-Eigentümerin ein, das Telefon könnte auch jemand anders genommen haben. Die Frau selbst hat ein Verfahren wegen Missbrauchs von Notrufen an den Hacken. So viel zum Thema Glaubwürdigkeit. Die Sache mit dem Navi hingegen - die sah der Richter am Ende als erwiesen an. Aus der Wohnung schaffen konnte Sch. das Teil wohl dank üppig geschnittener Beinkleider: "Er hatte immer so breite Hosen an", gab das Opfer zu Protokoll.

Das Urteil: sechs Monate Haft - ohne Bewährung. Sch., der in Handschellen aus der Haft in den Gerichtssaal geführt worden war, durfte nach der Verhandlung aber erst mal wieder nach Hause. Denn den Haftbefehl hatte der Richter nur erlassen, weil Sch. einen ersten Termin geschwänzt hatte. Und die sechs Monate "ohne" müssen jetzt erst einmal rechtskräftig werden.

Alter, Torheit, Autofahren: "Der Oma die Batterie abklemmen"

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Kamen. "Wir wollen der Oma nichts Böses", versichert der Schwiegerenkel - selbst schon fast 50 - glaubhaft vor Gericht. Trotzdem: Er und seine Frau haben die Oma angezeigt. Aus Sicherheitsgründen. Denn die alte Dame hat zwar ihren Führerschein abgegeben, kann aber wohl der Versuchung nicht recht widerstehen, sich ab und zu doch noch hinters Steuer zu klemmen.

Dann kurvt sie durch Südkamen und kriegt dabei anscheinend manche Kurve nicht. Zum Glück ist noch nichts Schlimmes passiert.
Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wollte Richter Christoph Hommel heute im Kamener Amtsgericht gegen die betagte Fahrerin verhandeln. Nur: Die kam nicht. "Das Verfahren interessiert sie nicht", erklärte die Enkelin, die allerdings selbst schon länger keinen Kontakt mehr zu ihr hat. So wurde der Gerichtstermin zur informellen Plauderrunde. "Batterie abklemmen", empfahl Richter Hommel. Problem: Dazu müsste man erst mal in die Garage der Frau gelangen. Außerdem hat sie einen Schwager, der sich mit Autos bestens auskennt - und sicher in der Lage wäre, die Batterie wieder anzuschließen.

In Abwesenheit erging ein Strafbefehl gegen die Angeklagte: 20 Tagessätze zu 30 Euro muss sie zahlen. Vielleicht geht ihr dann ja wenigstens das Benzingeld aus.

Der Coach muss wohl zum Idiotentest

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Kamen. Zwei Herren aus Bergkamen und ihr Umgang mit Drogen beschäftigten heute das Kamener Amtsgericht. Wobei der eine in eher kleinen Mengen illegales Zeug gehortet hatte - und der andere in beachtlicher Menge legalen Alkohol geschluckt. Aber der Reihe nach.
Carsten B. (Namen geändert) bekam im vergangenen August Besuch von Drogenfahndern. Die hatten von mehreren seiner Kunden Hinweise bekommen. Gefunden wurden bei ihm Ecstasy-Pillen, Amphetamin, Marihuana-Krümel. B., Mitte 30 und nicht vorbestraft, gab zu, er selbst habe Marihuana geraucht, um mit dem Frust der - inzwischen überwundenen - Arbeitslosigkeit klar zu kommen; auch habe er etwas an Bekannte abgegeben, sprich: verkauft. Und weil er eben diesen Handel getrieben hatte, verurteilte ihn das Gericht zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 30 Euro.
Und damit weiter zu Felix K. - der rauschte am 24. November 2016 mittags "blau" durch Bergkamen: rund 2,2 Promille ergab die Auswertung der Blutprobe. Den Gerichtstermin heute nahm er nicht wahr - denn er ist vielbeschäftigter Coach und weilt gerade in Berlin. Sein Verteidiger saß im Gerichtssaal, und die Strafprozessordnung lässt ein Urteil auch ohne Angeklagten zu. Es lautete: 30 Tagessätze à 40 Euro Geldstrafe, dazu weitere sieben Monate Führerscheinsperre. Sehr wahrscheinlich kommt auf K. die berühmte MPU zu, die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, im Volksmund Idiotentest. Der Anwalt wusste zu berichten, K. lebe "gegenwärtig abstinent" und lasse regelmäßig die Leberwerte checken.

Schwarz gefahren - oder Geburtstag gefeiert?

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Kamen. Der 54-jährige Martin E. (Name geändert) ist oft mit der Bahn unterwegs - aber er scheint nicht unbedingt fürs Fahren zu bezahlen. Wegen zwei Fällen von "Beförderungserschleichung" stand er heute vor dem Amtsgericht, wieder einmal. Aber beim Prozesstermin ging es weniger um die mutmaßlichen Schwarzfahrten an sich - sondern eher darum, wie die Bahn ertappte Schwarzfahrer behandelt. Zwei Schaffner, korrekt: Zugbegleiter, waren als Zeugen geladen.
Sie sollten zum einen sagen, ob sie sich konkret an Martin E. erinnern konnten - das konnten sie nicht; wen wundert's, sie haben täglich mit Schwarzfahrern zu tun. Zum anderen ließ das Gericht sie schildern, was im einzelnen passiert, wenn sie jemanden ohne gültige Fahrkarte schnappen. Denn nicht jeder Ertappte hat einen Personalausweis dabei. Manche tragen bloß eine Karte der Krankenversicherung mit sich rum, manche bloß eine Kopie vom "Perso". Und es gibt welche, die haben gar nichts - und sofern es keine Gründe für ein Hinzuziehen der Polizei gibt, lässt sich die Bahn oft auf eine mündliche Selbstauskunft ein. Die mag dann stimmen - oder auch nicht.
Martin E. erklärte nun vor Gericht: Er sei nicht schwarz gefahren, weder am 23. April 2016 zwischen Kamen und Soest noch am 21. Mai zwischen Dortmund und dem Lüner Preußenbahnhof. Jemand anders habe da wohl seine Personalien missbraucht. Für den April-Tag lasse sich das sogar beweisen - denn da sei er, E., bei einer Bekannten zum Geburtstag gewesen, weit weg von der Linie Kamen - Soest.
Diese Frau soll nun bei einem weiteren Termin im Mai vernommen werden. Für heute hatte sie sich kurzfristig entschuldigt - Begründung: Panik-Attacken. Konsequenz: Der Richter verhängte ein Ordnungsgeld und behielt sich vor, die Frau nächstes Mal von der Polizei vorführen zu lassen.

Ikea: Selbst eingescannt war halb geklaut

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Kamen. Das junge Paar wollte einkaufen für die gemeinsame Wohnung: Allerhand Leuchten und andere Einrichtungsgegenstände standen auf der Liste. Also: ab zu Ikea. Nach Überzeugung des Kamener Amtsrichters wurde aus der Einkaufs- allerdings eine  (versuchte) Diebestour in Ikeas SB-Kassenzone. Heute setzte es für den 31-jährigen Thomas F. (Namen geändert) eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 50 Euro. Freundin Jessica (25), die als Zeugen zu seiner Entlastung ausgesagt hatte, muss mit einem Verfahren wegen Falschaussage rechnen.
Die beiden waren am 5. Juli 2016 zu Ikea ins Kamen Karree gefahren. Ein Detektiv beobachtete sie beim Einscannen der Waren an der SB-Kasse. Und ihm fiel auf, dass da längst nicht alles erfasst wurde, was im Einkaufswagen lag. Konkret: 36 Artikel für insgesamt rund 200 Euro wurden gescannt. Acht Artikel für insgesamt rund 240 Euro dagegen wurden "übersehen".
Es sei so einiges durcheinander gelaufen an der Kasse, sagte Thomas F. dem Richter zur Entschuldigung. Aber: Stehlen wollen hätten er und Freundin Jessica nichts. Eine Aussage, die sowohl  Richter als auch Staatsanwältin für unglaubwürdig hielten.  Der Detektiv hatte betont, das Kassendisplay zeige überdeutlich an, wenn eine Ware erfasst worden sei - und hätte es Probleme gegeben, etwa mit einem beschädigten oder unlesbaren Barcode, dann hätte das Paar dies zweifellos mitbekommen. Obendrein wäre es schon ein merkwürdiger Zufall, wenn ausgerechnet die teureren Sachen beim Scannen übersehen worden sein sollten.
Es war nicht das erste Mal, dass Ikeas SB-Kasse als "Tatort" vorm Kamener Gericht eine Rolle spielte - schon vergangenen Herbst war ein ähnlicher Fall verhandelt worden.

Ikea: Die Tücken des Selbst-Einscannens