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von Andreas Milk
Kamen. Die adrette Mittfünfzigerin auf der Anklagebank wirkte nicht gerade wie ein Verkehrsrowdy. Aber sie soll sich wie einer verhalten haben am 21. November 2016 auf der A 1 am Kamener Kreuz. In Stichworten: Lichthupe, rechts überholt, Stinkefinger, vor dem überholten Wagen wieder eingeschert, abrupt abgebremst. Das volle Autobahn-Idioten-Programm. Der Verteidiger von Ilona K. (Name geändert), Unternehmerin aus dem Ostwestfälischen, redete heute beim Termin im Kamener Amtsgericht gar nicht drum herum: Ja, die Vorwürfe in der Anklageschrift seien korrekt. Mit zwei kleinen Ausnahmen: Es sei die A 2 gewesen, und beim vermeintlichen Stinkefinger habe es sich vielmehr um einen "Scheibenwischer" gehandelt.
Ilona K.s "Gegner" auf der Autobahn waren LKA-Beamte in einem Zivilfahrzeug. Statt ihren Ärger runterzuschlucken, wie es manch andere in der Lage getan hätten, platzierten sie das Blaulicht auf dem Dach ihres Mercedes und zogen Ilona K. in ihrem BMW aus dem Verkehr.
Unter Tränen schilderte die Frau jetzt im Gericht, es sei für sie ein hartes Jahr gewesen: Am Tag des Ausrastens auf der Autobahn habe sie erfahren, dass durch eine illoyale Mitarbeiterin ein siebenstelliger Schaden für ihr Unternehmen entstanden sei. Sie sei verantwortlich für gut ein Dutzend Mitarbeiter. "Ganz furchtbar" sei sie sich vorgekommen, nachdem die LKA-Leute sie gestoppt hatten. Von denen habe sie anfangs geglaubt, es handle sich um Halbstarke, die ein Spiel mit ihr spielten.
Ilona K. hat nach den Worten ihres Anwalts ein hartes Leben hinter sich. Erst seit kurzem hat sie Kontakt zu ihren leiblichen Eltern. Es gibt ein Vorstrafenregister, dessen Ausmaß wohl auch mit K.s seelischer Verfassung zu tun hat. Sie saß schon im Gefängnis.
Kurz nach dem Vorfall auf der A 2 gab sie widerspruchslos den Führerschein ab, nahm an verkehrstherapeutischer Beratung teil. "Kopf auf den Tisch", nannte das ihr Anwalt. Sie hat jetzt eine BahnCard 100 und fährt Rad. Richter und Staatsanwalt waren beeindruckt. Konsequenz: keine Verurteilung, sondern eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Buße. 3.000 Euro wird Ilona K. an die Aktion Lichtblicke überweisen - dann ist der Fall abgehakt.
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von Andreas Milk
Kamen. Die Anklage gegen die beiden Kamener Eheleute lautete: gewerbsmäßiger Betrug. Das klingt nach abgebrühten Kriminellen. Aber es saßen heute zwei zerknirschte Häufchen Elend im Verhandlungssaal des Kamener Amtsgerichts. Beide waren am Ende froh über ihr mildes Urteil.
Die Staatsanwaltschaft hatte Hannah und Patrick K. (Namen geändert) - beide um die 30 - vorgeworfen, gut ein Jahr lang Abzocke per Internet betrieben zu haben. 15 Mal wurden über die Plattformen ebay und dhd24 überwiegend iPhones und Samsung-Smartphones angeboten, dazwischen auch mal Schreckschusswaffen und eine Uhr. Käufer überwiesen Geld aufs gemeinsame Konto des Paares bei der Kamener Sparkasse: insgesamt rund 4.200 Euro. Nicht ein einziges Mal wurde die Ware versendet - es gab sie ja auch gar nicht.
Patrick K. nahm vor Gericht alle Schuld auf sich. Unter Tränen beschrieb er seine Lage: Es hätten Schulden gedrückt, "mit denen ich nicht fertig wurde". Das Paar hat ein Haus gekauft; monatliche Belastung: rund ein Tausender. Zwar sind beide berufstätig, aber riesig sind ihre Einkommen im Einzelhandel gerade nicht. Kurz: Es reichte nicht. An die viereinhalbtausend Euro Schulden hätten sich wohl angehäuft inzwischen, erzählte Patrick K. dem Richter.
Seine Frau erklärte weinend: "Mir wird richtig schlecht." Die Häufung der Anklagepunkte schockiere sie. Ihr Mann habe das eheliche Konto allein verwaltet. Mittlerweile habe sie ein eigenes.
Sie steht weiter zu ihrem Mann - obwohl "Vertrauen kaputt gegangen" sei, wie ihr Anwalt sagte. Dem Richter nötigte es Respekt ab, dass Patrick K. "so frank und frei" seine Verantwortung eingestanden habe. Da sei man in dieser Gesellschaft - und gerade auch von ihren "Eliten" - anderes gewohnt. Das Urteil für Patrick K.: 18 Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Seine Frau bekam, was die Verkaufsaktionen anging, einen Freispruch. Da war aber noch was: Sie hatte leichtfertig im so genannten Post-Ident-Verfahren einen Darlehensvertrag unterschrieben über 2.250 Euro, angeleiert wiederum von ihrem Mann. Sie hätte stutzig werden können - wurde es aber nicht, weil sie darauf vertraute, alles habe schon seine Richtigkeit. Dafür wurde sie vom Richter verwarnt. Wiederholt sich ein solcher Fehler, droht ihr eine Geldstrafe.
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von Andreas Milk
Kamen. Mit Strafrichtern hatte der 26-jährige Sebastian H. (Name geändert) schon oft zu tun. Derzeit läuft eine Bewährungsfrist aus einer früheren Verurteilung. Heute kamen am Amtsgericht nochmal drei Monate Haft hinzu, ohne Bewährung: Nach Überzeugung von Richter Martin Klopsch hatte sich H. am 14. Juni in Bergkamen der Beleidigung schuldig gemacht. Das Opfer: ein Altenpflege-Azubi.
Der wollte mittags von der Schule zu seinem Auto gehen, als er hinter sich Stimmen hörte: Sebastian H. saß da zusammen mit einem Freund. Es fiel das Wort "Schwuchtel", sehr laut, sehr deutlich. Der Azubi ging zu den beiden, fragte, was das eben gewesen sei, und rief die Polizei. Später stellte er Strafantrag.
Beim Gerichtstermin erklärte Sebastian H., am Anfang habe sein Freund zu ihm gesagt: "Guck mal, was für eine Schwuchtel." Damit habe der Freund "nur seine Meinung geäußert". Niemand könne doch etwas dafür, dass der Azubi sich angesprochen fühlte. Er selbst - H. - benutzte den Begriff allerdings ebenfalls: Das sagten übereinstimmend der Azubi und eine Mitschülerin, die in der Nähe war. Und der Richter hatte daran keinerlei Zweifel.
Am Ende also das Urteil: Gefängnis. Schon vor der Verkündung hatte H. angekündigt, "auf jeden Fall in Berufung" zu gehen. Sogar mit dem - weit komplizierteren - Rechtsmittel der Revision kenne er sich aus.
Und was ist mit seinem Freund, der damals sozusagen Stichwortgeber war? Auch dem droht nun ein Strafprozess; auch für ihn wäre es nicht der erste. Auf dem Zeugenstuhl gab er zu, dass der Satz "Guck mal, was 'ne Schwuchtel!" von ihm stammte - nachdem Richter Klopsch ihn pflichtgemäß belehrt hatte, er brauche sich als Zeuge nicht selbst rein zu reiten.
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von Andreas Milk
Kamen. Ein Garagenöffner als Störsender: Diese Methode soll ein 23-Jähriger im Februar an der Kampstraße genutzt haben. Laut Anklage funkte er wohl buchstäblich dazwischen, als eine Frau ihr Auto abschloss. Oder: als sie dachte, sie schließe es ab, und weg ging. Drei Jugendliche bekamen mit, was ablief, erzählten später ihre Beobachtung der Polizei - und so hätte sich der High-Tech-Autoknacker heute vor dem Kamener Amtsgericht verantworten sollen. Eigentlich.
Aber er kam nicht zum Termin. Dass er dafür gleich zwei Gründe hatte, ergab die telefonische Recherche eines Polizeibeamten, der als Zeuge erschienen war: Es existierten zwei Haftbefehle gegen den 23-Jährigen; längst ist er zur Fahndung ausgeschrieben. Der Richter erließ prompt Haftbefehl Nummer drei.
Den drei Jugendlichen dankte er: "Klasse, dass Sie aufgepasst haben!" Sie müssen nochmal wiederkommen, wenn der Angeklagte gefasst ist und über die Anklage verhandelt werden kann.
Und schließlich ist da noch die Autobesitzerin, im Juristenjargon "die Geschädigte": Auch sie sollte als Zeugin kommen - tat es aber nicht. Deshalb muss sie einen weiteren Schaden verkraften: 200 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise vier Tage Haft.
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von Andreas Milk
Kamen. "Alle Achtung!" Das Lob von Richter Christoph Hommel heute vor dem Amtsgericht galt einem 49-jährigen Bergkamener. Der war am Abend des 23. September 2016 mutig dazwischen gegangen, als er mitkriegte, dass sich sein Nachbar Erdal M. (Name geändert) draußen mit seinem Schwager prügelte. M. saß heute wegen gefährlicher Körperverletzung auf der Anklagebank. Denn sein Schwager - inzwischen: Ex-Schwager - erstattete seinerzeit Anzeige.
Zwei Mal stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren schon ein. Aber der Schwager blieb zäh, sodass es zur Verhandlung kam. Nach deren Ende steht aber auch bloß fest: Die beiden haben sich halt gekloppt. Richter Hommel sprach M. frei.
Der hatte die Angelegenheit ungefähr so beschrieben: Seine Schwester hatte mit dem Schwager eheliche Probleme; der Schwager versuchte wieder und wieder, M. zu einer Einflussnahme auf die Schwester zu bewegen, und am 23. September stand er plötzlich vor der Tür. Es kam zur Prügelei, in der sich die Männer gegenseitig nichts schenkten. Das ging so lange, bis der Nachbar sie trennte: "Sie lagen aufeinander in einem Kellereingang."
Der Schwager schilderte das Geschehen anders: Er allein sei das Opfer. M. habe ihn sogar noch gegen den Kopf getreten, als er schon am Boden lag. Der Nachbar hatte das anders in Erinnerung. Also stand Aussage gegen Aussage.
Zwar erlitt der Schwager nachweislich schwere Verletzungen an der Schulter. Die könnte er sich aber auch zugezogen haben, als er die Kellertreppe hinunter fiel. Den Freispruch für seinen Widersacher kann er juristisch nicht anfechten. Eher scheint er einer höheren Instanz zu vertrauen: "Gottes Mühlen mahlen langsam", sagte er beim Verlassen des weltlichen Gerichtssaals.