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Kloppe am Berufskolleg: Späte Reue, milde Strafen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Die Klopperei auf dem Hof des Berufskollegs am Bergkamener Kleiweg liegt gut zweieinhalb Jahre zurück. Das Wiedersehen von Beteiligten und Zeugen im großen Verhandlungssaal des Kamener Amtsgerichts lief entspannt und in versöhnlicher Stimmung ab. Es gab Geständnisse - wenn auch in einem Fall mit Anlaufproblemen -, Entschuldigungen und ein mildes Urteil für die beiden Angeklagten aus Kamen und Bergkamen.

Die Geschichte beginnt am Abend des 16. August 2020. Ein lauschiger Sommerabend, an dem gefeiert und getrunken wurde. Dabei kam es zu einem Zwischenfall, der eigentlich nicht der Rede wert gewesen wäre. Ein Gast der Schulhofparty, ausgelassen und mit nacktem Oberkörper, rempelte einen anderen an - aus Versehen, und er entschuldigte sich auch prompt. Aber zwei junge Männer, seinerzeit 20 und 21 Jahre, nahmen das Missgeschick zum Anlass, den Mann zu vermöbeln. Diese beiden waren nun in Kamen angeklagt.

Einer von ihnen gab sofort alles zu, sagte, es tue ihm leid, er sehe sein Fehlverhalten heute als Jugendsünde und sei selbst schon einmal zusammengeschlagen worden. "Bemerkenswert" fand der Richter diese Offenheit. Der Co-Angeklagte dagegen bestritt zunächst, geschlagen oder getreten zu haben. Ein Angeklagter darf lügen - ein Zeuge nicht. Und Zeugenaussagen gab es mehrere mit dem Tenor, dass beide Männer zugelangt hätten. Nach einer Unterredung mit seinem Verteidiger gab schließlich auch Angeklagter Nummer zwei die Attacke zu und entschuldigte sich beim Opfer.

Dieses Opfer ist ein robuster Straßenbauer aus Lünen, inzwischen 26 Jahre und nach Einschätzung des Richters "hart im Nehmen". Jemand habe ihn umgehauen, erinnerte er sich - "dann weiß ich nichts mehr". Die unmittelbaren Folgen: lädiertes Gesicht, ambulante Krankenhausbehandlung, eine Woche Krankenschein. Spätfolgen: keine.

Dass die Keilerei erst jetzt das Gericht beschäftigte, lag laut Vorsitzenden auch an lückenhaften Ermittlungen der Polizei. Nachermittlungen seien nötig gewesen. Die lange Verfahrensdauer, vor allem aber die Geständnisse der beiden Angeklagten beeinflussten das Strafmaß: jeweils eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, was bei einem Angeklagten unterm Strich 2.700 Euro ergibt, bei dem anderen 5.400 Euro: Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen.

Wichtig ist noch die Zahl 90: Erst ab 91 Tagessätzen kommt eine Strafe ins Führungszeugnis, das zum Beispiel ein Arbeitgeber vom Bewerber um einen Job verlangen kann.

Bei Erdemli: Nichte verteidigt - Schlag eingesteckt

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Es ging um eine Anklage wegen Körperverletzung, am Ende gab es versöhnliche Töne und eine Entschuldigung: Gut ein halbes Jahr nach einer Keilerei am Erdemli-Supermarkt in der Bergkamener Präsidentenstraße sahen sich "Täter" und "Opfer" vor dem Kamener Strafrichter wieder. Beide Begriffe stehen hier in Anführungszeichen, weil sich nicht so wirklich aufdröseln lässt, wer von beiden Männern was war.

Angeklagt jedenfalls war Georgi T. (Namen geändert). Am frühen Abend des 5. Juli 2022 soll er Murat H. einen Faustschlag gegen das Jochbein versetzt haben. Der Kamener Murat H. war seinerzeit angerückt, um seine Nichte abzuholen, die bei Erdemli arbeitete und sich schon seit einer Weile von Georgi T. belästigt fühlte. Denn der Familienvater geisterte wohl immer wieder kurz vor Ladenschluss dort herum und behelligte die junge Frau mit aufdringlichen Fragen.

Vor Gericht erklärte T., er selbst sei seinerzeit von Murat H. angeschrien und angegriffen worden. Er habe sich bloß gewehrt. Tatsächlich macht T. auf Fotos vom Tatabend einen mitgenommeneren Eindruck als sein "Opfer" Murat H.; beide Männer ließen sich im Krankenhaus behandeln, nachdem die Polizei zur Präsidentenstraße gekommen war und den Fall aufgenommen hatte.

Auf das Anhören von Zeugen verzichtete der Richter: Er stellte das Verfahren gegen Georgi T. ein. Beide Männer hätten schließlich allerhand eingesteckt, fand er. Und Murat H. zeigte im Prozess auch kein besonderes Interesse daran, T. zu bestrafen - Hauptsache, es ist Ruhe und die leidige Geschichte erledigt. Schließlich erhob sich der ukrainische Staatsbürger Georgi T. und entschuldigte sich in aller Form bei dem aus der Türkei stammenden Murat H. - verbunden mit einem Ausdruck des Beileids für die Opfer der türkisch-syrischen Erdbebenkatastrophe. Im Zuschauerraum saß Georgi T.s Frau. Ihr wird er wahrscheinlich noch seine Zuneigung für Murat H.s Nichte erklären müssen.

Autonärrin ohne (echten) Führerschein: Geldstrafe

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Die 33-jährige Jenny M. (Name geändert) fährt gern Auto, sagt ihr Verteidiger. Das Problem: Sie besitzt keinen Führerschein. Und als sie doch mal einen besaß, war der falsch. Drum saß die junge Frau aus Hamm jetzt vor dem Kamener Strafrichter.

Mehrfach war sie am Steuer aufgefallen. Zwei Fälle stachen hervor. In Dortmund demolierte sie einen geparkten Wagen und beging Fahrerflucht; die Reparatur des gegnerischen Fahrzeugs kostete knapp 5.000 Euro. In dem zweiten Fall wurde sie zwischen Kamen und Hamm von der Polizei gestoppt und behauptete, ihre Papiere vergessen zu haben. Die Beamten bestellten sie zur Wache, damit sie ihren Führerschein nachreicht. Jenny M. fuhr also zur Polizei und legte eine angeblich irische Fahrerlaubnis vor. Eine Überprüfung zeigte: Sie stammte von irgendwo her - aber nicht von einer irischen Straßenverkehrsbehörde.

Ohne Umschweife und Ausreden gab Jenny M. vor Gericht diese und weitere "Schwarzfahrten" zu. Dass sie ohne Führerschein sei, liege vor allem an ihrer Prüfungsangst, sagte ihr Anwalt. In der Firma, wo sie arbeitet, habe sie sich sehr geschämt, nicht fahren zu dürfen, und sich ein ums andere Mal eben ohne Führerschein hinters Steuer gesetzt.

Ihre Hartnäckigkeit sei bemerkenswert, fand der Richter - und meinte das nicht als Kompliment. Er verurteilte Jenny M. zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Euro. Dazu kommt eine 18-monatige Führerscheinsperre. Ist die Zeit rum, kann sie versuchen, legal eine Fahrerlaubnis zu bekommen. Vor Gericht, erklärte sie, erscheine sie "garantiert nicht wieder". Falls doch, würde eine Freiheitsstrafe drohen.

"Direkt eine gescheuert": Buße an die Kinderdörfer

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Um mit dem Erfreulichen anzufangen: Die Westfälischen Kinderdörfer e.V. bekommen von Murat H. (Name geändert) 600 Euro. Nicht, weil er ein so großzügiger Mensch wäre - sondern weil der Kamener Strafrichter das zur Bedingung macht, ein Verfahren gegen H. wegen Körperverletzung und Bedrohung einzustellen. Am Abend des 28. Juni 2022 soll er vor dem Haus seiner Schwiegereltern in Weddinghofen der Cousine seiner Noch-Ehefrau eine Ohrfeige verpasst haben. Außerdem, so die Anklage, habe er der Frau gedroht, sie abzustechen, wenn er sie nochmal auf der Straße sehe.

Die Cousine sollte seinerzeit auf Bitten von Murat H.s Frau die kleine Tochter des Paars abholen. Die Frau hatte wohl vor, noch länger bei ihren Eltern - Murat H.s Schwiegereltern also - zu bleiben. Es hatte Streit gegeben zwischen den Eheleuten. Und glaubt man Murat H., so will die Cousine ihm eins auswischen - weil sie selbst etwas von ihm wolle, er aber nicht von ihr.

Vor Gericht wurde es laut und emotional, und mit letzter Gewissheit hätte wohl nicht geklärt werden können, wer wen wie beschimpft und angegriffen hat. H. sagt: Er habe nichts getan, was eine Anklage rechtfertigen könne. Die Cousine sagt: Sie habe durchs offene Seitenfenster ihres Wagens "direkt eine gescheuert bekommen", und überhaupt sei Murat H. ein aggressiver Mensch. Nach einem Nervenzusammenbruch habe sie entschieden, Anzeige gegen ihn zu erstatten.

Seitdem das Ganze passierte, gehen die Beteiligten sich aus dem Weg. Sobald H. die Buße an die gemeinnützige Einrichtung überwiesen hat, wird die Akte geschlossen.

Wohnwagen abgekärchert: "Unfallflucht" an der Waschanlage

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. 13. Juli 2022, früher Abend. Bevor es ab auf die Insel ging, fuhr der Bergkamener Thomas M. (Name geändert) mit seinem Wohnwagen schnell nochmal in die Waschanlage Am Schlagbaum. Kurz nach Beginn des Urlaubs kam dann eine unerfreuliche Mail von seiner Versicherung. Die Rede war von einem Schaden in Höhe von mehreren tausend Euro, den er in der Anlage angerichtet haben soll. Es gab eine Anzeige wegen Unfallflucht. Folge war jetzt ein Verhandlungstermin vor dem Kamener Strafrichter.

"Er hat's nicht mitbekommen", erklärte M.s Verteidiger für seinen Mandanten. Und nachdem auch M. selbst sich geäußert hatte, erschien das durchaus nachvollziehbar. Familienvater M. - Mitte 50, unbescholten - erinnerte sich, er habe an jenem Tag den verschmutzten Wohnwagen anlässlich des Starts in die Ferien nochmal wacker "abkärchern" wollen. Bei der Einfahrt in die Waschanlage seien Schläuche der sogenannten Waschlanze am Außenspiegel hängen geblieben. M. setzte zurück, befreite die Schläuche, setzte die Waschprozedur fort und fuhr schließlich weg. Dass die Technik der Waschanlage beschädigt worden war, habe er gar nicht wahrgenommen.

Sehr gut möglich sei das, waren sich die Juristen einig. Drum gab es für M., obwohl er streng genommen Mist gebaut hatte und abgehauen war, keine Verurteilung: Der Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmte einer Einstellung des Verfahrens zu. Tragen muss Thomas M. nur die Kosten für seinen Anwalt - der erkennen ließ, dass er sogar noch eher für einen Freispruch gewesen wäre.