-Anzeige-

Anzeige

Wenn Temposünder tricksen: Großer Aufwand - hohe Strafe

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Beeindruckend, was ein Mitarbeiter des Kreises Unna in einem Strafprozess am Kamener Amtsgericht zu erzählen hatte: Hunderte von Ermittlungen gelte es Monat für Monat zu führen - und zwar wegen ganz banaler Tempoverstöße. Das Problem: Immer wieder behaupten Fahrzeughalter, nicht sie seien es gewesen, die da hinterm Steuer saßen.

Rückblende: Am 15. März fährt ein Kleintransporter, der einer Kamener Immobilienfirma gehört, durch eine Tempo-30-Zone in Hamm - mit Tempo 55. Es blitzt. Die Firma zahlt nicht. Vielmehr bekommt die Stadt Hamm auf dem Anhörungsbogen mitgeteilt, der Fahrer sei unbekannt. Folge: Die Stadt Hamm bittet die Kreisverwaltung Unna, einen Mitarbeiter samt dem Blitzer-Foto zu der Kamener Firma zu schicken.
Das geschah am 19. Mai. Bei seinem Besuch in den Firmenräumen geriet der Mann vom Kreis an den Geschäftsführer. Genau der saß jetzt auf der Anklagebank. Denn er nannte seinerzeit als angeblichen Fahrer einen Mann, der deutlich jünger war als der geblitzte Temposünder auf dem Foto.

Er sei an dem Tag ziemlich gestresst gewesen, sagte der Firmenchef zu seiner Verteidigung. Und: Er selbst habe den - tatsächlichen - Fahrer gar nicht persönlich gekannt, sondern bloß von einem Abteilungsleiter eine Auskunft eingeholt und die dann an den Kreis-Ermittler weitergegeben. Das fand die Staatsanwältin so glaubhaft, dass sie einen Freispruch beantragte: Eine bewusst falsche Angabe sei nicht nachzuweisen, fand sie. Der Verteidiger war - natürlich - derselben Ansicht.

Bloß der Richter nicht. Er verhängte wegen falscher Verdächtigung eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen, bemessen nach der Höhe des Einkommens. Die Auskunft an den Kreis-Mitarbeiter sei eindeutig falsch gewesen. Wer könne schon sagen, ob der Abteilungsleiter nicht ausdrücklich Order hatte, den falschen Namen zu nennen? Die Möglichkeit, doch noch korrekte Angaben zu "Ross und Reiter" zu machen, habe der Angeklagte auch beim Gerichtstermin nicht genutzt.

Der Aufwand, den Tricksereien mit der Fahrer-Identität auslösen können, scheint enorm. Im konkreten Fall hatte der vermeintliche Temposünder seinen Wohnsitz in Dortmund. Das heißt: Nach der Stadt Hamm und dem Kreis Unna hätte sich auch noch die Stadt Dortmund in die Ermittlungen einklinken müssen, falls der Dortmunder nicht seines jugendlichen Äußeren wegen als Verdächtiger ausgeschieden wäre.