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Selbst Tretroller tabu: Haft für betrunkenen Radfahrer

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Der Fall des 60-jährigen Karel H. (Name geändert) ist bitter: H. ist alkoholkrank, hat kaputte Knie - und darf nach einem Beschluss der Straßenverkehrsbehörde seit Februar 2016 nicht einmal mehr Fahrrad fahren. Selbst ein Tretroller wäre tabu. Das gilt auch, wenn H. nüchtern ist. Ein Fall, wie ihn Amtsrichter Martin Klopsch in rund 30 Jahren noch nicht erlebt hat.

Heute hatte er über Karel H. zu urteilen. Dessen Vorstrafenregister umfasst sechs Fälle von Trunkenheit auf dem Fahrrad. Jetzt also Nummer sieben: Am Vormittag des 7. September fuhr H. im Bereich Westenmauer/Humboldtstraße und stürzte. Eine Passantin half ihm auf und rief die Polizei. Eine spätere Blutuntersuchung ergab, dass H. zum Unfallzeitpunkt mit etwa 3,6 Promille unterwegs gewesen sein muss.

Die Verfügung der Verkehrsbehörde war zu dem Zeitpunkt längst in Kraft. Genau erinnern konnte sich H. vor Gericht an den 7. September nicht. "Wahrscheinlich" habe er seinerzeit noch ein Fahrrad besessen. Es sei ihm dann aber gestohlen worden. Was er denn immer so trinke, wollte der Richter wissen. Antwort: "Bier und Doppelkorn."

H. war schon einmal in Haft. Heute kam eine weitere Freiheitsstrafe dazu: Fünf Monate, so das Urteil. Diese Strafe betrifft genau genommen nicht die Fahrt selbst - denn wegen der 3,6 Promille war H. wohl schuldunfähig. Aber dass er es so weit hatte kommen lassen - genau das wird mit den fünf Monaten bestraft.

Karel H. hat einen Betreuer. Der saß während der Verhandlung im Saal und erklärte, er wolle versuchen, H. in eine geschlossene Einrichtung zu bringen. Freiwillig werde H. nicht gehen. Aber eine andere Möglichkeit zu helfen sehe er nicht.