Ein rundum netter Kerl - trotzdem: Gefängnis
von Andreas Milk
Kamen. Es half alles nichts: Zwar sei er "ein sympathischer, netter Mensch", gestand der Amtsrichter dem Angeklagten zu. Trotzdem verurteilte er ihn zu vier Monaten Haft. Sedat K. (Name geändert) war ohne Führerschein Auto gefahren. Es war nicht das erste Mal.
An einem Abend im Oktober 2018 wurde K. auf der A 1 in Richtung Köln geblitzt. Er war rund 30 km/h zu schnell. Klingt nach einem Hallodri. K.s Vorgeschichte sagt etwas anderes - und das machte sein Verteidiger in einem engagierten Plädoyer deutlich. Seit 18 Jahren ist Sedat K. in Deutschland, er ist geschieden, hat eine Tochter, für die er Unterhalt zahlt und die auch der Grund sei, warum er nicht in die Türkei zurückgeht, wo seine Familie ist und wo es wohl leichter für ihn wäre. K. lebt von seiner Arbeit als Schlosser in Zeitarbeit, will kein Geld vom Staat, "er geht malochen und macht immer weiter", sagt sein Anwalt. Als er nachts auf der A 1 geblitzt wurde, war das keine Spritztour aus Lust und Laune - K. kam von einem Job. Montage-Einsätze und ÖPNV, das passe nicht zusammen, erklärte der Anwalt und spielte damit auf einen Rat der Staatsanwältin an. Sie hatte empfohlen, Bus und Bahn zu fahren, statt sich immer wieder illegal hinters Steuer zu setzen.
"Sie dürfen schlicht nicht fahren", erklärte ihm am Ende nochmals der Richter. Ohne Freiheitsstrafe gehe es in diesem Fall nicht mehr. Hilfreich könnte eines Tages noch K.s in der Türkei lebender Bruder sein: Er hat angeboten, einen Führerschein zu finanzieren. Fürs erste gilt jetzt aber laut dem Kamener Urteil eine einjährige Sperre. Und dann wäre da auf dem Weg zur Fahrerlaubnis auch noch die MPU zu meistern.