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880 Euro Schaden - 800 Seiten Gerichtsakten

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Es geht um einen Sachschaden von 880 Euro. Die Gerichtsakten zu dem Fall umfassen inzwischen etwa 800 Seiten - fast eine pro Euro. Am Ende haben wenigstens die Westfälischen Kinderdörfer etwas davon.

Der Reihe nach.
Vor rund vier Jahren gab es einen Unfall auf dem Ikea-Parkplatz. Ein parkendes Auto wurde beschädigt: Der Beifahrer eines anderen Wagens soll mit der Tür dagegen gestoßen und abgehauen sein. Dieser Beifahrer wurde mittlerweile wegen Unfallflucht verurteilt. In seinem Prozess sollen die Frauen, bei denen er mitgefahren war, falsch - zu seinen Gunsten - ausgesagt haben. Drum saßen sie - Mutter und Tochter aus Soest - nun gemeinsam wegen uneidlicher Falschaussage selbst auf der Anklagebank.

"Wir haben es nicht nötig, zu lügen oder einfach wegzufahren", erklärte die Mutter. Auch die Schilderung ihrer Tochter ließ zumindest Zweifel an der Version von einer Unfallflucht aufkommen. Tatsächlich sei ihr eigener Wagen bei Ikea vollkommen zugeparkt gewesen. Nur mit Mühe habe sie selbst es geschafft, sich hinein zu bugsieren, erzählte die zierliche junge Frau. Ihr Beifahrer dagegen - der Mann, der die Tür gegen das Nachbarauto gerammt haben soll - sei dafür schlicht zu dick gewesen. Deshalb hätten er und ihre Mutter auch mit dem Zusteigen gewartet, bis sie ihr Fahrzeug aus der Lücke heraus manövriert habe.

Zwei Gutachten existieren schon zu der Sache. Ein zivilrechtliches Verfahren hat zu einem Vergleich geführt. Strafrechtlich ist die Angelegenheit nun auch abgehakt: Mutter und Tochter zahlen jeweils 200 Euro an den Verein Westfälische Kinderdörfer in Paderborn - danach wird die Akte ohne Verurteilung zugeklappt. Die 1000-Seiten-Grenze wegen des Bagatellschadens auf dem Ikea-Parkplatz wird also nicht mehr erreicht.