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Flaschenwurf im Bahnhof: Noch kein Termin - wegen Corona

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

BahnhofKamen17KWvon Andreas Milk

Kamen
. Vor genau einem halben Jahr - am 1. November 2019 - erlitt ein 2-jähriges Mädchen im Kamener Bahnhof lebensgefährliche Verletzungen am Kopf. Eine herumfliegende Whisky-Flasche hatte die Kleine getroffen. Ein Mann aus Moers soll verantwortlich sein. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund liegt im Kamener Amtsgericht. Dass es noch keinen Prozesstermin gibt, hat mit Corona zu tun.

Das hat uns Christoph Hommel gesagt, stellvertretender Gerichtsdirektor und als Strafrichter für den Fall zuständig. Erst seit dieser Woche wird in Kamen nach wochenlanger Pause wieder gegen mutmaßliche Straftäter verhandelt. Dabei gilt: Abstand halten. Die Stuhlreihen fürs Publikum sind deutlich gelichtet, zwei von drei Plätzen müssen frei bleiben, Richter und Protokollführer haben eine Plexiglasscheibe vor sich.

Bei Verhandlungen um Ladendiebstahl, Unfallflucht oder Kneipenschlägereien sind die Anti-Corona-Regeln kaum ein Problem: Das Interesse der Öffentlichkeit ist überschaubar oder gleich null; selten sind mehr als ein oder zwei Pressevertreter da; häufig braucht es nicht mal Zeugen oder einen Verteidiger. Beim Prozess um den Vorfall im Kamener Bahnhof dürfte das völlig anders aussehen. Der Fall hatte deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Und nicht bloß Medienvertreter brauchen Platz: Es gibt Zeugen und Nebenkläger.

Der Angeklagte aus Moers, ein 32-Jähriger, soll die Flasche aus einem fahrenden Partyzug geworfen haben. Bei der Polizei sagte er später, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass der Zug gerade einen Bahnhof passierte. Das kleine Mädchen musste operiert werden: Fraktur und Gehirnerschütterung, lautete die Diagnose. Nach der Operation bestand keine Lebensgefahr mehr.

Einen Zeitdruck gibt es in der Angelegenheit für das Gericht nicht. Das wäre anders, wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft säße. Dafür besteht aber kein Grund.
Die Folgen des Flaschenwurfs waren zwar übel - aber niemand unterstellt dem mutmaßlichen Täter gezieltes Handeln oder eine böse Absicht. "Fahrlässige Körperverletzung" heißt das juristisch - diesem Vorwurf ist auch ausgesetzt, wer im Straßenverkehr einen Unfall baut, bei dem jemand verletzt wird. Es drohen eine Geldstrafe oder - in Sachen Flaschenwurf eher unwahrscheinlich - eine Freiheitsstrafe.