Zwei Monate Haft - für Cappuccino, Salami, Bauchspeck

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Gregor L. (36, Name geändert) soll zwei Monate ins Gefängnis - und zwar für den Diebstahl von Cappuccino, Salami und Bauchspeck im Wert von 21,44 Euro am Abend des 12. Mai bei Netto an der Weststraße. Dass das Kamener Amtsgericht nun diese Haftstrafe für eine Bagatelltat verhängte, liegt vor allem an L.s Vorgeschichte. Der aus Georgien stammende Familienvater hatte schon mehrfach mit der Justiz zu tun. Zum Zeitpunkt der Tat bei Netto waren gleich zwei Bewährungsstrafen aus früheren Verfahren offen.

Er sei in einer Notsituation gewesen, erklärte Gregor L. dem Richter: "Zu Hause gab es nichts zu essen." Gleichwohl wisse er, dass er etwas Falsches getan habe.
Gregor L. lebt seit vier Jahren in Deutschland. Und er hat nach Kenntnis der Behörden einiges durchgemacht - in seiner Heimat soll er Folter erlitten haben. Von Suizidgefahr war die Rede. Leise, fast schreckhaft wirkt L.s Auftreten. Sein Aufenthaltsstatus - und der seiner Frau und seiner beiden Kinder - ist nach Angaben seiner Bewährungshelferin unklar. Dringend nötig wäre ein Deutschkurs: Obwohl er eben bereits 2019 in Deutschland ankam, musste vor Gericht eine Dolmetscherin alles übersetzen.

"Es geht nicht vorwärts bei Ihnen", fasste der Richter nach der Urteilsverkündung zusammen. L. erklärte, er werde die Haftstrafe akzeptieren. Vielleicht überlegt er es sich aber noch anders. In einem Berufungsprozess könnte das Landgericht Dortmund entscheiden, ihn noch einmal ohne Haftverbüßung davonkommen zu lassen - diese Chance gäbe es womöglich, falls L. sich doch noch zu einem Deutschkurs oder einer ähnlich "handfesten" Integrationsmaßnahme aufrafft. Eine Arbeitserlaubnis hat er nicht. Schlimmstenfalls werden neben der zweimonatigen Haftstrafe auch noch die beiden früheren, zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen vollstreckt.