Parkdeck Kamen Quadrat: "Pissnelke" vs. "Spast"
von Andreas Milk
Kamen. Das sei doch mal was anderes als der weit verbreitete "Hurensohn", fand der Richter. Als "Pissnelke" soll Tobias T. (36, Namen geändert) am 8. Februar auf dem Parkdeck des Kamen Quadrats seinen Widersacher Markus G. bezeichnet haben. Vor dem Amtsgericht hatte er sich darum wegen Beleidigung zu verantworten. Das Heikle an seiner Situation: das Vorstrafenregister. Im September 2023 zum Beispiel war gegen T. eine Bewährungsstrafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verhängt worden.
Und jetzt also die Nummer auf dem Parkdeck an der Kamener Kampstraße. Tobias T. stand - seinen kleinen Sohn auf dem Arm - auf dem Parkplatz und wartete darauf, dass seine Frau den Wagen in die Box bugsierte. Gleich nebenan: Markus G., auch er in weiblicher Begleitung. Irgendwie kamen sich die beiden Fahrzeuge beim Rangieren in die Quere. Gekracht hat es allerdings nicht. Aber vielleicht hatte Tobias T. sich das eingebildet. Jedenfalls schimpfte er drauf los. Und das gab er im Gerichtssaal auch ohne Umschweife zu, verbunden mit einer Entschuldigung an Markus G. Er sei sehr impulsiv, erklärte Tobias T. - das wisse er, das belaste sein Familienleben, und darum habe er sich inzwischen auch Hilfe bei Fachleuten gesucht. Und übrigens: Dass "Pissnelke" eine Beleidigung sei, habe er gar nicht recht gewusst. Erst das Googeln des Begriffs habe Klarheit gebracht.
Markus G. fühlte sich an jenem Februar-Nachmittag immerhin ausreichend beleidigt, dass er gleich zur Polizei fuhr und T. anzeigte - das Kennzeichen hatte er ja. Was allerdings erst in der Verhandlung bekannt wurde: G. hatte mindestens zurück geschimpft, indem er T. einen "Spast" nannte. Vielleicht war er es sogar, der mit dem Beleidigen anfing, weil ihm T.s aufbrausendes Verhalten zu viel wurde. Man weiß es nicht genau. Markus G.s Freundin, als Zeugin der Wahrheit verpflichtet, machte dazu widersprüchliche Angaben. Keine Frage: Die junge Frau war beim Prozess in einer unglücklichen Lage.
T.s Verteidigerin forderte am Ende einen Freispruch für ihren Mandanten, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe. Und diese Geldstrafe kam auch - etwas milder als beantragt: 40 Tagessätze à 15 Euro verhängte der Richter gegen T., der derzeit kein eigenes Einkommen hat und fürs erste beim Vater wohnt. Ohne die Vorstrafen hätte es wohl auch eine Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldbuße getan.