von Andreas Milk
Kamen. Ein Nachmittag im vergangenen September, kurz nach 16 Uhr vor dem Rewe-Markt an der Lünener Straße: Das Ehepaar Susanne und Dimitri K. (alle Namen geändert), beide in den 40-ern, legt sich mit ein paar Kindern im Grundschulalter an. Als "Scheiß-Ausländer" sollen die K.s die Kurzen bezeichnet haben. Dazu hätten sie den Hitlergruß gezeigt. So steht es in der Anklageschrift, über die jetzt im Kamener Amtsgericht verhandelt wurde - und die sich nach Überzeugung von Richter und Staatsanwalt bestätigte. Die K.s wiesen die Vorwürfe zurück.
Weil am selben Tag Mitte September Dimitri K.s Geburtstag begossen worden war, hatten die Eheleute Alkohol im Blut. Das immerhin steht aufgrund eines Tests objektiv fest. Was die ausländerfeindlichen Beleidigungen und den Hitlergruß angeht: Das könne gar nicht stimmen, fand Dimitri K., denn er sei ja selbst nicht deutscher Herkunft. Susanne K. erzählte, sie sei von den Kindern beleidigt worden - unter anderem als Hure -, habe ihnen Kontra gegeben und mit einer Geste klar gemacht, sie sollten sich verziehen. Diese Geste sei womöglich als Hitlergruß fehlinterpretiert worden.
Blödsinn sei das, gab ein zweites Ehepaar zu Protokoll, Erol und Natascha M. Die M.s waren im Auto unterwegs, mit runtergelassener Scheibe, als sie Zeugen des Vorfalls wurden. Der Hitlergruß - und es sei ohne jeden Zweifel einer gewesen - veranlasste sie anzuhalten. Erol M. telefonierte mit der Polizei und behielt die K.s im Auge; Natascha M. sprach mit den Kindern. "Seid ihr etwa auch welche von denen da", hätten Susanne und Dimitri K. wissen wollen. Als die Polizei eintraf, nahm ein Beamter die K.s als "deutlich alkoholisiert" und "verbal aggressiv" wahr.
Dimitri K. hat eine Reihe von Vorstrafen - Susanne K.s Register war bislang leer. Ihre Beteuerungen, dass vorm Rewe nichts Strafbares gewesen sei, halfen ihnen nicht: Die Schilderungen von Erol und Natascha M. überzeugten die Juristen als glaubhaft und schlüssig. Begegnet waren die Paare sich vor dem Septembernachmittag nicht.
Das Urteil: eine Strafe von 90 Tagessätzen à 15 Euo für Dimitri K., 50 Tagessätze in gleicher Höhe für Susanne K. Sollten sie Berufung einlegen, muss sich das Landgericht Dortmund nochmal mit dem Fall befassen.