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Tost-Nachfolger Völkel startet mit positivem Haushalt und Gewerbesteuer-Rekord, aber auch schweren Herausforderungen ins Amt des Kämmerers

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kommunalpolitik

von Alex Grün

12.11.22 rat haushaltChristian Völkel (l.), künftiger Nachfolger von Kämmerer Ralf Tost, wird mit Wirkung zum 1. Dezember von Bürgermeisterin Elke Kappen in sein neues Amt bestellt. Foto: Alex Grün für KamenWeb.deKamen. Nicht nur mit einem buchhalterisch ausgeglichenen Haushalt, sondern sogar mit einem Rekordergebnis bei der aktuellen Gewerbesteuereinnahme, die fünf Millionen Euro höher ist als erwartet, kann der künftige Kämmerer der Stadt Kamen, Christian Völkel, in seine Amtszeit starten, die am 1. Dezember beginnt. Am Donnerstag wurde im Rat die Haushaltssatzung für 2023 eingebracht - eine der letzten Amtshandlungen des bisherigen Kämmerei-Chefs Ralf Tost.

Sogar eine Ausgleichsrücklage im Eigenkapital von immerhin 80.000 Euro ist seit langer Zeit wieder drin und die Grundbesitzabgaben sollen um 1,84 Euro im Jahr sinken. Das klingt alles erst einmal gut, hat aber auch - mit Blick auf die schuldenbehaftete Bilanzierungshilfe und die Unwägbarkeiten im Zuge des Ukraine-Krieges - seine Schattenseiten, um die der langjährige Leiter des Fachbereichs Finanzen und zweite Mann hinter Kämmerer Ralf Tost nur zu gut weiß. Noch bis vor drei Wochen, berichtet Demissionär Tost, wäre man seitens der Stadt nicht in der Lage gewesen, den bestehenden Haushaltssatzungsentwurf einzubringen. Die weltpolitischen Ereignisse überschlagen sich ebenso, wie die letzten Meldungen über innenpolitische Veränderungen. So liege etwa bis heute kein Orientierungsdatenerlass vor, über den Bund und Länder die Schlüsselzuweisungen für die Kommunen neu regeln wollen - was die Arbeit in der Stadtkämmerei natürlich nicht gerade erleichtert, da sie kaum mit konkreten Beträgen planen kann. Auch habe der Landschaftsverband Westfalen-Lippe noch keine - eigentlich verpflichtende - Bilanzierung vorgelegt, sodass man noch nicht einmal mit konkreten Summen für die Transferumlage an den LWL rechnen könne, einem der größten Ausgabenposten im kommunalen Haushalt. Daher habe man sich mit den Planwerten für unbekannte Größen am laufenden Jahr orientiert. In dem lief es bei der Gewerbesteuer immerhin geradezu rekordverdächtig: mit 21 Millionen Euro lag man 4,5 Millionen über der Planung, was sich in Zeiten von Krise, Krieg und Inflation geradezu paradox anhört.

Aber: "Wäre es anders, hätten wir noch größere Probleme", sagt Bürgermeisterin Elke Kappen im Vorfeld der Ratssitzung. Die Tatsache, dass die Stadt mit einem Jahresergebnis von rund 930.000 Euro ins kommende Jahr startet, hat sie nämlich in erster Linie der Bilanzierungshilfe zu verdanken, die der Gesetzgeber den Kommunen als Ausnahmeinstrument zur Verfügung gestellt hat, um die Belastungen durch Corona und später den Ukraine-Krieg abzufedern. So dürfen Aufwendungen für Verlustübernahmen für die coronagebeutelte Wirtschaft und für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zusammen mit Einkommen- und Vergnügungssteuer sowie den Schlüsselzuweisungen vom Land als Erträge verbucht werden. Damit ergeben sich im Produktplan 2023 Erträge von insgesamt 7,6 Millionen Euro - die eigentlich Schäden aus Coronakrise und Krieg sind.

Als Erfolg verbucht wird im Rathaus die Senkung der Nettoneuverschuldung: das Volumen der Liquiditätskredite sank im Laufe der letzten vier Jahre um 9 Millionen Euro auf 65 Millionen. Im laufenden Jahr seien mehr als acht Millionen Euro an Schulden getilgt worden. Der Trend solle sich in der Planung bis 2026 und möglichst darüber hinaus fortsetzen. Die Sanierung des Gymnasiums werde sich erwartungsgemäß als üppiger Kostenfaktor in der Planung 2023 für städtische Investivmaßnahmen erweisen. Mit geschätzten vier Millionen Euro ist sie der "Big Mac" unter den Maßnahmen, die mit einem Gesamtvolumen von 12.176.000 insgesamt zu Buche schlagen. In Angriff genommen werden außer dem Gymnasium das Parkhaus am Bahnhof, die Umkleideräume am Jahnstadion, neues Interieur für die Stadthalle, der Sportplatz an der Jahnstraße und die Gesamtschule. Weitere Maßnahmen sind neue Einsatzfahrzeuge für die Rettungswache West, verbesserte Fahrgastwartehallen im Stadtbereich sowie die Ausstattung der Kindertagesstätte an der Gutenbergstraße und weiterer Schulen, außerdem fällt der Investitionskostenzuschuss für die Gemeinschaftsstadtwerke GSW in die Gesamtauszahlung. Im Stellenplan 2023 sind 14,6 neue Stellen vorgesehen, die im Bereich von Verwaltung, Sozialarbeit und Rettungsdienst eingerichtet werden und die unter anderem durch die anstehende Wohngeldreform, die Flüchtlingslage und den neuen Rettungsdienstbedarfsplan notwendig werden. Auch die Schulsozialarbeit werde davon profitieren, freut sich Tost, denn endlich könne man den langjährigen Mitarbeitern seitens der Stadt Festanstellungen anbieten.

Der scheidende Kämmerer Tost ist angesichts wachsender Herausforderungen gegenüber seinem Amt froh, bald aus der Nummer 'raus zu sein und mit Frau und Campingmobil die deutschen Lande erkunden zu können. Seinem Nachfolger und langjährigen Mitarbeiter Christian Völkel, um dessen Erhalt bei der Stadt Kamen er sogar ein wenig habe kämpfen müssen, wünschte er in der Ratssitzung am Donnerstag viel Erfolg - und viel Glück. Dieses wird der neue Mann an der Stadtkasse, der seit 38 Jahren bei der Stadt Kamen beschäftigt ist, angesichts der nicht enden wollenden Welle von Krisen und Unwägbarkeiten auch brauchen. Doch jetzt ist man mit der eingebrachten Haushaltssatzung erst einmal weitgehend zufrieden - auch im Rat.