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Landwirt kann sich nicht mehr "vom Acker machen": Abgelastete Brücken sorgen sprichwörtlich für Engpass

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kommunalpolitik

brueckeDernerStr 0123KWErst im Zuge der Planung für die adventliche Lichter-Treckertour im letzten Jahr hatte Landwirt Frank Bowinkel Wind von den Ablastungsplänen für die umliegenden Brücken bekommen - und entsprechende Probleme auf sich zukommen sehen. Foto: Archiv KamenWeb.de

von Alex Grün

Kamen. Die Lebensdauer der Brücken im Stadtgebiet soll künftig durch Ablastungsmaßnahmen verlängert werden. Die Verwaltung erklärte jetzt im Mobilitäts- und Verkehrsausschuss des Rates der Stadt Kamen, welche Gewichtsbeschränkungen demnächst für welche Brücken gelten. Einer, der von den Maßnahmen existenziell betroffen ist, erschien erwartungsgemäß auch zu der Sitzung: Landwirt Frank Bowinkel, dessen Hof an der Derner Straße von ablastungsbedürftigen Brücken sozusagen "eingekesselt" ist, machte im Ausschuss seine Misere deutlich und zeigte Alternativen auf.

Vier Brücken auf Kamener Stadtgebiet sollen nach einer Bestandsanalyse der Autobahngesellschaft Westfalen aufgrund ihrer Altersschwäche abgelastet werden, von denen drei die Derner Straße und damit Landwirt Bowinkel und seine Arbeit direkt betreffen. Das zugelassene Höchstgewicht soll herabgesetzt werden auf der Autobahnbrücke über die A1 zwischen Ortsausgang und Bahnbrücke im Westen, auf der Brücke über die Seseke im Süden und auf der Autobahnbrücke über die A2 an der Feldstraße in Richtung Rottum, die auf eine Traglast von maximal 40 Tonnen beschränkt werden soll - was für die ansässigen Landwirte auch schon 'mal knapp werden kann und außerdem bei der Feldarbeit einen Riesen-Umweg bedeutet. Außerdem betroffen ist die Körnebrücke an der Westicker Straße in Höhe der Bauarbeiten für die Südkamener Spange. Sie alle sollen eine sogenannte Brückenklasse herabgestuft beziehungsweise auf eine Maximallast von 40 Tonnen beschränkt werden, um sie noch möglichst lange nutzen zu können. Mit der kommen die schweren Gerätschaften vom Hof Bowinkel aber nicht aus. Die Maximallast etwa auf der Sesekebrücke soll, bezogen auf eine beidseitige Befahrung, auf zwölf Tonnen herabgesenkt werden - und ein Mähdrescher wiege nun einmal mindestens 20 Tonnen, sagt Bowinkel, der sich fragt, wie er so sein schweres Ackergerät künftig von A nach B transportieren soll, zumal die Sesekebrücke an der Derner Straße dabei den wichtigsten Übergang zu seinem Hof ausmacht, weil nur hier Fahrzeuge mit einer Höhe von mehr als vier Metern queren können. Und dann wäre Bowinkels wichtigste Zufahrt zu seinem Hof versperrt, sollte es nicht zu der vorgesehenen Lösung kommen, die Brücke mit Vorrangregelung und Gewichtsbeschränkung einspurig zu machen, so dass jeweils nur ein Schwerlastfahrzeug die Brücke überqueren könnte, um die maximale Traglast von 24 Tonnen nicht zu überschreiten. Bei einer Fahrzeugbreite von teilweise mehr als 3,5 Metern, etwa bei Mähdreschern, sei dies auch gar nicht anders machbar, erläuterte Bowinkel im Fachausschuss und schlug vor, die Brücken mit Klapptafeln für den Vorfahrtsverkehr zu versehen, die drei bis viermal jährlich zu den Einsatzzeiten der schweren Landmaschinen einfach hoch- und anschließend wieder heruntergeklappt würden.

Aufgefallen ist Bowinkel dieser Umstand bei der Planung für die adventliche Trecker-Lichterfahrt im Dezember, die er federführend mitorganisierte. Erst auf Nachfrage der Kreispolizei, die sich nach dem Gewicht der Trecker erkundigte, kam heraus, dass die Belastungsgrenze von zwölf Tonnen für Seseke- und Autobahnbrücke bereits inkraft getreten waren, obwohl noch keine Hinweisschilder installiert waren. Da wurde der Landwirt nervös und wandte sich an die Stadt. Diese versuche, so Sylwia Bugiel-Lake, Gruppenleiterin im Fachbereich Verkehr der Stadt Kamen, "für jede Brücke die bestmögliche Lösung zu finden". Die Einbahnstraßen-Regelung mache durchaus Sinn, alleine wegen der Breite der Fahrzeuge. Bowinkels Kollege und Nachbar Gerhard Wedel wies im Ausschuss darauf hin, dass es für schweres Anbaugerät mit einer zur Verfügung stehenden Fahrbahnbreite von nur 3,50 Metern nicht getan sei. Aber welche Regelung auch für die nähere Zukunft getroffen wird, auf lange Sicht werden Lippeverband und Stadt als Eigentümer wohl nicht um eine Sanierung der Brückenbauwerke herumkommen, denn die Traglasten können schließlich nicht unendlich herunterbeschränkt werden. Daher stellte Landwirt Bowinkel im Ausschuss die Frage, ob es sich um tatsächliche Schäden oder lediglich um die Einhaltung von Richtlinien gehe. Denn im ersten Fall sei es wohl nur eine Frage bis zur nächsten Ablastungsmaßnahme, sähen die Baulastträger von handfesten Sanierungen ab, befürchtet Bowinkel. Durch die vorgesehenen Maßnahmen könne die Lebensdauer der betroffenen Brücken "deutlich verlängert werden", so die Antwort des Ersten Beigeordneten Dr. Uwe Liedtke. Ansonsten müssten die Bauwerke komplett erneuert werden, was, wie Beigeordnete Hanna Schulze betonte, mit langfristigen Sperrungen einhergehen würde. Auf jeden Fall sei die Bereitschaft und der Wunsch da, Landwirte und Anwohner in die Planung der Brückenablastungen mit einzubeziehen, so Schulze.

Die Beschränkungen für die vier betroffenen Kamener Brücken, die aktuell mit den entsprechenden Hinweisschildern versehen werden, sehen derzeit folgendermaßen aus: Die Fahrbahn der Sesekebrücke über die Derner Straße soll eingeengt und auf eine Maximaltraglast von 24 Tonnen beschränkt werden, wobei auch Fahrzeuge von einer Breite von bis zu vier Metern passieren können sollen. Die Brücke, die die Derner Straße über die A1 führt, darf künftig nicht mehr von Fahrzeugen mit einem Gewicht von mehr als 16 Tonnen befahren werden. Die A2-Brücke am der Feldstraße wird ebenfalls durch eine Fahrspur mit Vorrangregelung eingeengt, wobei die Gesamtlast auf 40 Tonnen beschränkt ist. Die Körnebrücke an der Westicker Straße hält nur noch bis zu 30 Tonnen aus, wobei leere 40-Tonner sie sogar mit Gegenverkehr noch überqueren dürfen. Wer beladen aus dem Gewerbegebiet kommt, sollte demnächst den Weg über die Südkamener Spange nehmen.