Rat stimmt Haushaltsentwurf mit acht Gegenstimmen und drei Enthaltungen zu

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kommunalpolitik

: Bürgermeisterin Elke Kappen und Kämmerer Christian Völkel stellten im November im Rat den städtischen Haushaltsentwurf für 2024 und den Stellenplan für 2025 vor. Mit einem Rekorddefizit von 13,1 Millionen Euro ist die Stadt so hoch in den "Miesen", wie noch nie. Foto: ArchivBürgermeisterin Elke Kappen und Kämmerer Christian Völkel stellten im November im Rat den städtischen Haushaltsentwurf für 2024 und den Stellenplan für 2025 vor. Mit einem Rekorddefizit von 13,1 Millionen Euro ist die Stadt so hoch in den "Miesen", wie noch nie. Foto: Archiv

Kamen. (AG) Der Entwurf für die städtische Haushaltssatzung 2024 wurde am Donnerstag vom Rat der Stadt Kamen mit acht Gegenstimmen und drei Enthaltungen verabschiedet. Am Abstimmungsergebnis kann man erkennen, wie kontrovers das Thema angesichts eines Rekorddefizits von 13,1 Millionen "Miesen" innerhalb des Rates betrachtet wird. Die Sorgenfalten in den Reihen von Rat und Verwaltung werden allmählich tiefer, und ein Ende der finanziellen Schieflage ist noch lange nicht in Sicht.

SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Heidler prangerte in seiner Haushaltsrede erneut die chronische Unterfinanzierung der Kommunen durch Bund und Land an. "Entlastungen für die Kommunen, wo bleiben sie? Ein weiteres beitragsfreies Kitajahr, wo bleibt es? Geld für Straßenbau, wann kommt es? Geld für die Qualität der frühkindlichen Bildung? Für den vereinbarten Rechtsanspruch auf OGS? Direkt gestrichen" fasst Heidler die aktuelle Situation nicht nur in Kamen, sondern in mittlerweile fast allen mehr als 10.000 deutschen Kommunen zusammen. Statt dessen drohten Kürzungen im Sozialbereich, und das bei einem Rekordlandeshaushalt von 105 Milliarden Euro für 2025 - "bei allen Schwierigkeiten genug Geld, um Ambitionen umzusetzen, die man eigentlich versprochen hatte", so Heidler. Dass Kamen immer noch eine Stadt des Vereinslebens und des Sports, der Bildung und Kultur, der Jugendarbeit und des Klimaschutzes sei, habe die Stadt einerseits durch die Sparanstrengungen in der Haushaltskonsolidierung ab 2012 erreicht, andererseits durch die Zumutung der Grundsteuererhöhung.

"Wir sind dankbar, dass die Menschen an mehreren Stellen zurückgemeldet haben, dass sie bereit sind, mehr Steuern aufzubringen, wenn dafür soziale Strukturen erhalten bleiben", sagt Heidler.

Doch damit sei es nicht getan, denn glaubte man im letzten Jahr noch, dass mit der mühsam erarbeiteten Ausgleichsrücklage und der Grundsteuererhöhung feste Perspektiven geschaffen werden könnten, mache die erneute Explosion der Verbandsumlagen, die Inflation und die Vernachlässigung des Konnexitätsprinzips dem Wunsch nach Verlässlichkeit einen Strich durch die Rechnung, so Heidler. "Wir werden zusätzlichen Belastungen nur noch zustimmen, wenn daraus verlässlich Perspektiven entstehen können, für die ganze Stadt", plädiert Heidler für mehr Gerechtigkeit bei der Erhebung der Umlagebeiträge. Seine Fraktion werde das Thema spätestens nach der Kommunalwahl im September wieder auf die Tagesordnung holen, so Heidler. Es müsse "dauerhaft und verlässlich für Entlastung gesorgt werden", so der SPD-Fraktionschef.

Sein Amtskollege von CDU-Fraktion, Ralf Eisenhardt, bezeichnete den Haushaltsentwurf als "ernüchternd, aber wenigstens ehrlich", da er einem nach der Zeit der geschönten Zahlen im Rahmen des Corona/Ukraine-Isolierungsgesetzes und der Verfügbarkeit der Ausgleichsrücklage die Augen öffne, so Eisenhardt. Die Aussichten seien düster und die finanzielle Lage werde sich in absehbarer Zeit kaum verbessern. Die Gründe dafür liegen für Eisenhardt auf der Hand: Die Einnahmen stagnierten oder brächen sogar weg, während die Ausgaben explodierten.

"Wir erleben steigende Sozialkosten und Zinsen, wir erleben Pflichtaufgaben, die die Städte und Gemeinden erdrücken, der Kämmerer sagte 'erdrosseln'", resümiert Eisenhardt. "Bund und Land übertragen den Kommunen dazu noch Aufgaben, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen", so der CDU-Ratsfraktionschef und Bürgermeisterkandidat für die Kommunalwahl 2025.

Als Beispiele nannte er die unzureichende Mitfinanzierung der Ganztagsbetreuung in den Grundschulen, ab 2026 sogar mit einem Rechtsanspruch, die Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen sowie die Umlagebelastungen durch Kreis und Landschaftsverband, insbesondere in Bezug auf die Eingliederungshilfe, aber auch die vom Bund auferlegte Verpflichtung zum Wärmeplanungskonzept, das 2028 stehen müsse und dessen Kosten noch niemand einschätzen könne. Auch nötige Klimaanpassungsmaßnahmen könnten noch nicht konkret benannt, geschweige denn in Euro beziffert werden, so Eisenhardt. Seine Fraktion stimme dem Haushalt zu, aber "nicht aus Überzeugung, sondern aus Verantwortung". Es gelte jetzt, zumindest das zu "erhalten, was wir haben", wer jedoch jetzt noch zusätzliche Forderungen stelle, handele politisch unvernünftig - dies habe die CDU-Fraktion "im Haushalt nicht wahrnehmen" können, so Eisenhardt. Dennoch warf er Bürgermeisterin Elke Kappen zum Abschluss seines Kommentars vor, im Haushaltsplanentwurf "klare Worte, mutige Entscheidungen und ein Konzept für die Zukunft" vermissen zu lassen. "Kamen braucht Perspektiven - und zwar jetzt", so Eisenhardt.

Bündnis90/Grüne-Fraktionsvorsitzende Anke Dörlemann stellte gleich klar, dass ihre Fraktion den Haushaltsentwurf ablehne, da aus ihrer Sicht "keine ausreichenden Weichen für den Weg in eine klimafreundliche Stadt gestellt" würden. Sie erhoffe sich im neuen Jahr "mehr Mut und Entschlossenheit", so Dörlemann. Was künftige Klimaschutzkonzepte betreffe, verharre die Stadt in einer Haltung des Zögerns und Abwartens, so Anke Dörlemann. Auch in Zeiten multipler Krisen müssten neue Wege beschritten werden, dazu gehöre auch eine Umverteilung im Bereich Klimamanagement, damit die Kommunen zumindest teilweise entlastet würden, sagte Dörlemann. Im Bereich Schule und Bildung sei die Stadt gut aufgestellt, doch der Klimaschutz komme zu kurz und künftige Generationen gingen leer aus, so Dörlemann. Klimaschutz müsse für die Stadt oberste Priorität haben, sonst werde es für die Kommune in Zukunft noch teurer, so die Fraktionsvorsitzende der Rats-Grünen.

FDP-Fraktionsvorsitzender Alfred Mallitzky erschien in der Ratssitzung ganz in schwarz - und dies sei "kein Zufall", denn so sehe er die Zukunft, so Mallitzky in seinem Haushaltskommentar. Die Erhöhung der Grundsteuer B habe ursprünglich einen auf Jahre ausgeglichenen Haushalt ermöglichen sollen - "war ja wohl nix", so Mallitzky mit einem Seitenhieb auf SPD-Fraktionschef Heidler, der die Erhöhung maßgeblich eingeleitet hatte. Ohne die 22 Millionen aus der allgemeinen Rücklage wäre die Stadt schon jetzt erneut in der Haushaltskonsolidierung, "spätestens 2027 sind wir da sowieso", prognostizierte Mallitzky.

Kreis, Land und Bund hätten zur finanziellen Schieflage der Kommunen beigetragen. "Wäre die Stadt ein Unternehmen, wäre das Insolvenzverschleppung", so Mallitzky. Es gebe "keinen Masterplan, kein Konzept für den Weg heraus aus der Misere", kritisierte Mallitzky und stellte klar, dass seine Fraktion "keinem Konzept zustimmen kann, das die finanzielle Lage noch verschlimmert", schloss Mallitzky.

Dennis Kobus, Vorsitzender der Wählergemeinschaft, kritisierte den Entwurf der Haushaltssatzung als „riskante Wette auf die Zukunft.“ „Anstatt den Haushalt zu konsolidieren und konkrete Maßnahmen zur langfristigen Stabilisierung der Finanzen einzuleiten, setzt die Verwaltung auf das Prinzip Hoffnung“, begründete Kobus die Ablehnung seiner Fraktion. Auch er bemängelte, dass das Defizit der Stadt "ein nie dagewesenes Rekordhoch erreicht" habe, ohne dass ein erkennbarer Plan vorliege, wie diese Lücke geschlossen werden soll.

„Wir stehen vor einer dramatischen Schieflage, die wir nicht länger ignorieren können“, appellierte Kobus an Rat und Verwaltung, zügig Maßnahmen zur Haushaltssicherung auf den Weg zu bringen.

Während Linke/GAL-Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Grosch die Enthaltung seiner Fraktion damit begründete, dass zur Entlastung der Kommunen eigentlich andere Maßnahmen wie die Erhöhung des Steuerverbund- und des Spitzensteuersatzes angesagt wären, lehnte AfD-Einzelvertreter Ulrich Lehmann den Haushalt mit Blick unter anderem auf die immensen Kosten für Geflüchtete, Bürgergeldempfänger und den "Klimawahnsinn" bei gleichzeitiger ruinöser Entwicklung in der Industrie und auf dem Arbeitsmarkt rundweg ab.

Eigentlich gehöre die Debatte in den Wahlkampf, sagte Bürgermeisterin Elke Kappen zum Abschluss der Haushaltsdebatte, denn "eine Verwaltung ist nun einmal kein Unternehmen", so Kappen.