Das Jugendkulturcafé in der Poststraße fehlt nicht nur als Jugendtreff schmerzlich, auch als Event-Location für die Musikerszene ist es praktisch unersetzlich. Foto: ArchivKamen. (AG) Auf Antrag der CDU-Fraktion stellte der Fachbereich Jugend und Soziales der Stadt Kamen dem Sozialausschuss des Rates sein Streetwork-Konzept vor.
Die Arbeit der insgesamt vier städtischen Mitarbeiter, die im Rahmen eines gewissen Wochenstundenkontingents für den Bereich Streetwork zuständig sind, finde vorrangig auf der Straße und in sozialräumlichen Objekten statt, wie Fachbereichsleiter Johannes Gibbels erläutert. Die von der Stadt extern beauftragten Streetworker sehen in ihrer Arbeit eine Art Schnittstelle zwischen der mobilen Jugendarbeit und dem Jugendamt, so Gibbels. Dabei spiele die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadt, Jugendeinrichtungen, (Sport-)Vereinen oder kirchlichen Einrichtungen eine große Rolle. Die Aufgabe des städtischen Streetworkings sei nicht Kontrolle, stellte Gibbels klar, sondern Angebote zu machen, sei es in Form von Freizeiten und Ferienprogrammen oder in der Vermittlung an betreuende Einrichtungen, wenn es sich bei den Jugendlichen um Problemfälle handele. Drei Faktoren machen Streetworkern und Fachbereich gleichermaßen Sorgen: Die Abwanderung der Jugend aus den Sportvereinen, die fehlenden Freizeitstätten – das Jugendkulturcafé in der Poststraße etwa droht als eine der wichtigsten Jugendeinrichtungen wegzubrechen - und die geistige Borniertheit, die durch übermäßigen Konsum von sozialen und weniger sozialen Medien entsteht und sich in mangelnder Sozialkompetenz seitens der Stadtbewohner unter 27 Jahren niederschlägt, welche die erklärte Zielgruppe der städtischen Street-Arbeit sind.
Diese seien immer schwerer zu motivieren, sich in Vereinen oder bei Aktionen einzubringen, auch die Corona-Krise, die zur Selbstisolierung vieler Kinder und Jugendlicher beigetragen habe, sei ein möglicher Faktor, die Tendenz sei jedoch schon vorher da gewesen. Auch das schrumpfende Angebot an Freizeiteinrichtungen sei nicht zielführend, seit fünf Monaten etwa sei das Jugendkulturcafé in der Poststraße, als jahrzehntelanger Treffpunkt eine der wichtigsten Einrichtungen in der Kamener Jugendarbeit, schon nicht mehr betretbar. Der Wegfall reiße „ein Riesenloch“ ins Gefüge der Jugendsozialarbeit in der Stadt. Und es sei nicht absehbar, dass der Laden noch einmal aufmacht: „Der Eigentümer spricht nicht mit uns“, bedauert Fachbereichsleiter Gibbels. Positiv zu vermerken sei die hohe Akzeptanz der neuen Skateranlage gegenüber im Postpark. Nach der Neugestaltung werde das Angebot an dieser Stelle überaus gut angenommen, berichtet Gibbels. Insgesamt aber werde es immer schwerer, Jugendliche zu erreichen, dabei sei gerade Kontinuität in der Jugendarbeit ein wichtiger Faktor zum Erfolg. Leichter werde es sicherlich nicht, größere Defizite in der Jugendarbeit im Ganzen sehe sie indessen nicht, so SPD-Fraktionsvize Christiane Klanke. Gut möglich, dass sich das Thema auch auf einer der nächsten Tagesordnungen des Jugendhilfeausschusses wiederfindet.
Die Fraktion Wählergemeinschaft Kamen hatte im Vorfeld der Sozialausschusssitzung eine nach ihrer Auffassung bestehende „Doppelmoral“ in der städtischen Sozialpolitik beklagt, da sie einen fast identischen Fragenkatalog bereits im November 2023 als Antrag eingebracht habe, der mit den Stimmen der Christdemokraten als aktuelle Antragssteller abgelehnt worden sei. Dies sei „kein verantwortungsvoller Umgang mit einem so sensiblen Thema, sondern reine Symbolpolitik“, so die WG. Zudem kritisierte sie unnötigen Mehraufwand, der der Stadtverwaltung durch solche widersprüchlichen politischen Signale entstehe. Man brauche „keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die Verwaltung“, sondern mutige politische
Entscheidungen und klare Konzepte. „Die Probleme auf dem Kamener Markt und anderswo in der Stadt lassen sich nicht durch Anfragen verwalten, sondern nur durch kluge und zielgerichtete Maßnahmen lösen“. Die WG Kamen erneuere ihre Forderung nach einem ausgewogenen Maßnahmenmix aus Ordnung, Sicherheit und Sozialarbeit. „Verdrängung und Bußgelder allein lösen keine sozialen Probleme - sie verschieben sie nur“, heißt es seitens der Wählergemeinschaft.