Wenn das Handy alle Geheimnisse preisgibt – großartige Ensembleleistung begeistert in der Konzertaula
Kamen. (wol) Einen Abend lang jegliche Handy-Kommunikation Partnern und Freunden offenlegen – gute Idee oder Katastrophe? Eine sehr unterhaltsame Idee auf jeden Fall und grandios umgesetzt auf der Konzertaula-Bühne im Stück „Das perfekte Geheimnis“. Eine großartige Ensemble-Leistung begeisterte dort und erntete zu Recht stehenden Applaus.
Das Handy sei die „Black Box“ unseres Lebens lässt die schon als Film erfolgreiche Story einen der Akteure sagen. Allerdings: Während im Flugverkehr die Black Box nach einer Katastrophe aufklärt, klärt sie hier zuerst auf und erzeugt damit erst die Katastrophen selbst. Sieben Freunde darunter drei Paare beschließen bei einem Treffen, die Handys auf den Tisch zu legen und alle Nachrichten öffentlich zu machen. Die aber haben es in sich, weil der eine sich intime Fotos schicken lässt, die andere mit einem Unbekannten ebenso intim flirtet. Die eine wünscht sich die Schwiegermutter in eine Seniorenresidenz, der andere hat gerade eine Geliebte geschwängert. Und die Freundin des einzigen solo angereisten Teilnehmers heißt nicht Lucia sondern Lucio und ist nicht Freundin sondern Freund.
Aus einer toll entwickelten Geschichte zündet das mitreißende Ensemble ein klug entwickeltes Feuerwerk an humorvollen Spitzen und kommt so ganz ohne platt eingestreute Witzchen aus. Eine ordentliche Portion Schlüpfrigkeit entwickelt sich ebenso gut dosiert aus dem Thema – auch wenn eingangs noch irritiert, warum ein Schlüpfer in die Handtasche wandert. Zum Auftakt hatte ohnehin mancher im Publikum noch das Handy – lautlos gestellt - in der Hand. Ausnahmsweise verständlich: Die Spitzenreiter-Nachricht mussten sich BVB-Freunde halt noch final bestätigen lassen. Immerhin - trotz solcher Fußball-Konkurrenz war die Konzertaula recht gut gefüllt.
Auf der Bühne agierte ein offensichtlich perfekt eingespieltes Ensemble. Das a-gon-Theater hatte hier viele von TV-Bildschirmen bekannte Gesichter verpflichtet, ein weiteres entdeckten manche Besucher ungeklärter Weise im Publikum. Die Inszenierung kam ohne Hauptrollen aus, bot allen Akteuren Raum ihre Figuren zu entwickeln. Das Spiel um Beziehungen, Freundschaft, Sex und Vertrauen lud zu fulminanten Verwicklungen ein. Die Tochter, eher Nebenrolle, lieferte vor dem ersten Sex stehend - oder lieber doch nicht? – dennoch ein paar weitere thematische Akzente.
Ausgeklügelte Dramaturgie und überzeugend dargebotene Spielfreude ernteten am Ende Riesenbeifall – auch von dem Kollegen im Publikum - und lockten viele Konzertaula-Besucher von den Sitzen. Die Inszenierung lieferte gleich noch ein alternatives Ende mit und betonte umso mehr, wie zerbrechlich Freundschaften und Beziehungen sein können, wenn Vertrauen zerplatzt und Liebe, Freundschaft und Identität wanken.