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Kunst in Coronazeiten

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kunst & Gestaltung

heinrichpeuckmann19Heinrich Peuckmann - Foto: Archivvon Heinrich Peuckmann

Künstler und ihre Werke sind etwas für Fensterreden. Da wird ihnen mit Pathos in der Stimme bestätigt, wie wichtig sie sind. Wie sehr sie das Leben bereichern, es überhöhen, wie oft sie Denkanstöße geben und mit ihrer Kritik auf Fehlentwicklungen hinweisen. Es wird der Mut gepriesen, mit denen Künstler gegen Diktatoren und Autokraten in aller Welt Stellung beziehen und nicht selten dabei ihr Leben riskieren. Fühlen sich Künstler durch solche Reden geschmeichelt? Da und dort bestimmt, aber inzwischen zunehmend weniger. Denn wenn es hart auf hart kommt wie jetzt in Zeiten der Pandemie, wenn ihnen an allen Ecken und Enden das Geld zum Leben fehlt, hören die Künstler seitens der Politik hauptsächlich Beschwichtigungen. Nein, wir haben euch nicht vergessen, wir werden euch auch helfen, habt noch ein bisschen Geduld.

Dann werden ihnen bei Anträgen zur Unterstützung riesige bürokratische Hürden in den Weg gestellt, etwa bei dem Vorschlag, dass sie Hartz 4 beantragen sollen. Da wird insgesamt nur wenig Geld bereitgestellt, das zur Rettung der Lufthansa zum Beispiel vorhanden ist. Zur Rettung der Banken, die sich durch eigene Schuld, durch Verzocken aus reiner Gier vor einigen Jahren selbst in die Bredouille gebracht haben, sowieso. Die Wirtschaft muss laufen, soll sie ja auch, aber insgesamt scheint sich das Bild vom geistig anregenden, mutigen Künstler zu wandeln zu Spitzwegs armen Poeten in der Dachkammer. Dem genügt doch auch ein Bett und vor dem Regen, der durchs undichte Dach dringt, schützt ihn ein Schirm. Die Kunst kann also warten. Geht ins Bett und lasst euch nicht nassregnen.

Die Künstler haben es an platten Beispielen in beiden Zeiten des Lockdowns erfahren. Während Buchhandlungen geschlossen blieben, ebenso Bibliotheken, durften Baumärkte geöffnet bleiben, in manchen Regionen auch Sexshops. Kirchen mussten auch geschlossen bleiben, während der Fußball als modernes sinnstiftendes Medium, wenn auch ohne Zuschauer aber begleitet von Fernsehübertragungen, rollte. Dabei ist das Argument mit der Wirtschaft gar keines, das Kunst ausschließen oder als zweitrangig behandeln müsste. Die Kunst selber ist ein milliardenschwerer Wirtschaftszweig und steht im Ranking weit oben.

Immerhin hat das Bundesministerium für Kultur und Medien dann doch Geld bereitgestellt. Milliarden, für Schriftsteller über den Literaturfonds in Darmstadt immerhin Millionen. Die werden nun umständlich verteilt für Projekte, die man beantragen kann, für Lesungen, Podcasts usw. Einerseits gut, aber wie lange kann ein Schriftsteller von einem 500-Euro Lesehonorar leben, das ihm bestenfalls aus dem Unterstützungsfond zufallen wird? Und da sowieso im Moment keine Lesungen stattfinden, heißt es nicht nur Geduld zu haben bis wieder eine möglich ist, die Schriftsteller verkaufen in der Zwischenzeit auch entsprechend weniger Bücher. Bei Lesungen, ja, da ist einiges an Umsatz möglich, der nun entfällt.

Die kleinen, privaten Theater stehen auf der Kippe, es ist eben nicht nur der Einzelhandel, über dessen Probleme täglich in den Nachrichtensendungen berichtet wird. Und die Schauspieler, und die Bühnentechniker und all die anderen? Wenn alles irgendwann und vor allem hoffentlich bald vorbei sein wird, wer von den Künstlern wird dann noch da sein? Wer wird endgültig in seinen Ersatzberuf als Taxifahrer oder Pizzaausträger eingetaucht sein?

Wir brauchen tiefer greifende Lösungen, wir brauchen sie sowieso in der gesamten Gesellschaft. Ein bedingungsloses Grundeinkommen für Künstler, mindestens in Krisenzeiten, wäre mal eine Alternative, über die man nachdenken müsste. Kriterium für Künstler, die so eines erhalten könnten, wäre Teilhabe an der Künstlersozialkasse. Notnägel sind ja schön und gut, aber sie halten die Last, die an ihnen hängt, nicht lange. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde eine ausreichende, auf Dauer angelegte Hilfe sein, über deren Ausweitung in die gesamte Gesellschaft wir genauso nachdenken müssten.

Ein ganzer Berufszweig leidet, einer, den die Menschen dringend brauchen für ihre Entwicklung zu einem komplexen Menschen, für ein sinnerfüllteres Leben jenseits des konsumistischen Weltbilds, aber die es bemerken, sind hauptsächlich die Künstler selber. Die anderen spenden trostreiche Worte, die sich schnell als leer oder halbleer erweisen. In Abwandlung eines Verses von Lessing könnte man sagen:

Wer wird nicht einen Künstler loben

doch wird man ihn auch unterstützen? Nein.

Wir wollen weniger erhoben

doch mehr gefördert sein.