Datei: #176696959 | Urheber: abstract | fotolia.comEine überragende Reise "at the movies" querbeet trotz erkranktem Chef
von Dr. Götz Loos
Die Stadthalle Unna bot wieder einmal den Raum für ein hervorragendes Crossover-Konzert der Neuen Philharmonie Westfalen mit Filmmusik diverser Genres. Das Publikum war begeistert - und das absolut rechtens. Leider war das Konzert nicht ausverkauft - schade angesichts des populären Trips abseits der reinen Konzertmusik. Aber was heißt das schon? Freilich gibt es Puristen, die Filmmusik nichts abgewinnen können. Wer jedoch offen ist, wird hier sinfonische Meisterwerke finden, die ihresgleichen suchen! Aber die NPW war nicht abonniert auf rein "klassische" Musik. Einziger Makel an dem Abend: GMD Rasmus Baumann war erkrankt, aber sein Ersatz Bernhard Stengel, Kapellmeister am Musiktheater im Revier und somit Vertrauter des Chefs, meisterte seine kurzfristig aufgebürdete Rolle mit maximaler Güte.
Auf dem Programm standen Musik aus "King Kong", "Der Mann, der zuviel wusste", "Psycho", "Hook", "Cinema Paradiso", "Bram Stoker's Dracula", "Avatar", "Fluch der Karabik", "Rawhide", "Winnetou" (vom vor wenigen Tagen verstorbenen Martin Böttcher), "Hatari", "The Mission", "Titanic", "Alien", "Star Trek", "Dallas" und "Flashdance"... puuh, Blockbuster und beliebte Serien im Überfluss... und alles Film- und Fernsehkomponisten, was Rang und Namen hat. Auch interpretatorisch fast alles bestens, mitunter vielleicht etwas langsamer als im Original. Das störte allerdings nur bei Bernhard Herrmanns "Psycho"-Musik, wo die hastig unangenehme Titelmusik und besonders das Streicherkreischen aus der legendären Duschen-Mord-Szene zu sehr ausgebremst waren. Dagegen Herrmanns Prelude aus "Der Mann, der zuviel wusste": atemberaubend! Daneben faszinierte mich das Thema aus "Rawhide" von Dimitri Tiomkin - lebendiger Wilder Westen! Und auch Mancinis "Baby Elephant Walk" aus "Hatari" war mitreißend genial, ein besonderes Lob an die Klarinettistin! Aus der von Calvin Custer arrangierten, von verschiedenen Komponisten (u.a. Jerry Goldsmith) geschriebenen "Star Trek"-Suite begeisterte mich insbesondere der "Voyager"-Teil grenzenlos. Zwei Zugaben gab es; die "Peter Gunn"-Musik (wieder Mancini), die die NPW auch schon beim Kamener Open-air gegeben hatte, war quasi (Fast-) Abschluss und Höhepunkt zugleich. Einige Orchestermusiker durften dabei solistisch improvisieren, u.a. Torsten Müller auf dem Vibraphon - virtuos bis zum Äußersten!
WDR-Moderator und vielfacher Kunst- und Kulturprotagonist Dominik Freiberger moderierte den Abend, oben elegant, unten in kurzer Sporthose... seine Hose war im Verspätungstrubel vorab angeblich in Köln liegen geblieben... Neben seinen heiteren Ausführungen sorgte zusätzlich Schauspieler Mark Weigel für erstklassige Unterhaltung - er schlüpfte in Filmfiguren; als Norman Bates und Jack Sparrow besonders gut ausstaffiert. Außerdem verkörperte er Karl May, der im breitesten Sächsisch aus "Winnetou" vorlas - einfach köstlich. Rundum war es eine gelungene Unterhaltung und ein Musikgenuss, der erneut die hohe Qualität der Neuen Philharmonie Westfalen belegte. Und Ohrwürmer produzierte - ich war wohl nicht der einzige, der auf dem Weg zum Parkplatz vor mich hin pfiff...