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Musikkritik: Adventskonzert mit dem Pop-Kantor: Jazziges und Souliges mit Einfühlsamkeit und Schwung

am . Veröffentlicht in Musik

Pixabay.comvon Dr. Götz Heinrich Loos

Kamen. Der Zweite Advent brachte ein besonderes Adventskonzert in die Evangelische Kirche zu Heeren-Werve. Es war nicht nur ein jazziges und souliges Konzert, sondern auch mit einem besonderen Ensemble, nämlich dem des ersten Pop-Kantors der Evangelischen Kirche von Westfalen sowie Komponisten und Arrangeurs zahlreicher Kirchenlieder Professor Matthias Nagel. Es war allerdings nicht der erste Auftritt des langjährig in Kamen wohnenden Kirchenmusikdirektors in Heeren-Werve, da bestehen schon freundschaftliche Bande zur örtlichen Kirchengemeinde.

Das Ensemble bestand weiterhin aus absolut professionellen und bedeutenden Musikerinnen und Musikern, überwiegend aus Nagels Familie: Rebecca Nagel-Weissink (Gesang), Christian Mews (Gesang, Keyboards), Peter Weissink (Drums) sowie Marianne Nagel an der Kirchenorgel.

Sehr besinnlich begann das in vier Abschnitte gegliederte Konzert mit "Licht im Dunkel" des in Oslo sehr engagierten Kirchenmusikers Tore W. Aas. Rebecca Nagel-Weissinks Gesang war sehr einfühlsam und tiefgehend, ließ die souligen Qualitäten ihrer Stimme deutlich hervortreten, neben einem angenehm zurückgenommenen Orgelspiel. Dieser erste Abschnitt war mit "Opener" überschrieben, nun folgte Matthias Nagels "Opener" im eigentlichen Sinne, einem Instrumentalstück, wirklicher Jazz mit Anklängen an typisch kirchlichen Klängen wie Choralpartien etc. "Gottes Sohn voll Gnaden" und "SoulyGee" von Matthias Nagel waren die nächsten beiden Werke. Interpretationen durch den Komponisten selbst sind stets maßstabsgebend, aber auch bemerkenswert, wenn sie mit entsprechender Frische und Engagement vorgetragen werden. Sie beeindruckten hier in Allem. Die Gemeinde war danach aufgerufen, den Gospel "Open Up Wide" zu singen - das gelang allerdings nur mit großer Zurückhaltung, da der Song offensichtlich nur wenigen Anwesenden vertraut war.

Der zweite Abschnitt war etwas Glamouröser: "Winterwonderland". Thad Jones' "A Child Is Born" machte den Anfang - Jazzweihnachten pur mit kräftigem, angemessenem Gesang. Matthias Nagel spielte dann seine schwungvolle Boogie-Fantasie über "Am Weihnachtsbaume" mit boogietypischem Klang eines verstimmten Pianola - da gingen manche im Auditorium schon deutlich mit. Das klassische "Winterwonderland" wurde dann gesungen, in der deutschen Version von Peter Alexander: "Winterwunderwelt"; in einem schwungvollen Arrangement mit Improvisationen im Gesang. "Stern über Bethlehem", von der Gemeinde gesungen, beschloss diesen zweiten Abschnitt.

Waren die Musiker bislang auf der Orgelempore, kamen sie nun herunter und Matthias Nagel gab eine kleine Einführung in das, was war und das, was nun noch kommen sollte. Der dritte Abschnitt ("Christmas Soul") setzte mit "Es Ist Ein Ros Entsprungen" ein, aber auch nicht klassisch, sondern in einem Arrangement von Nagel, bei dem Christian Mews' phänomenale Jazzstimme alles gab und sich in unvorhersehbare "Blue Notes" entfaltete. Sehr schön war auch das nachfolgende Stück, das eigentlich mit Weihnachten nicht direkt etwas zu tun hat, aber wegen seinem Sehnen nach Jemandem, der einem in Not beisteht, zutiefst die christliche Seele bewegt: Bill Withers' "Lean On Me"; dieses durch seine ausgeprägten Tonleiterdurchgänge und Mehrstimmigkeit dramatisch bewegende Lied brachte das Trio Nagel/Nagel-Weissink/Mews gesanglich herausragend herüber. "Go, Tell It On The Mountains" war das letzte Werk dieses Abschnittes, ein durchaus bekanntes Kirchenlied, aber hier in einem Arrangement von Christian Mews, das seinerseits auf einem Arrangement von Israel Houghton beruht. Mews improvisierte auch hier derart stark, dass die ursprüngliche Melodie nur ansatzweise erkennbar war - aber durchaus beeindruckend, soulig und bewegend.

Die "Hymnsof Hope", also "Hymnen der Hoffnung" umfassten den letzten Abschnitt des Konzertes. Zuerst sang die Gemeinde das Weihnachtslied "Seht Ihr Unsern Stern Dort Stehen" mit seinem schönen "Gloria in excelsisdeo", das recht kräftig herüberkam. Das Gesangstrio Nagel/Nagel-Weissink/Mews lief nochmals zur Hochform auf, als "We Are The World" nunmehr anstand. Der von Michael Jackson und Lionel Richie für das Projekt "USA forAfrica" (zum Geldsammeln für die Opfer der Hungersnot in Äthiopien in den 1980ern) geschriebene Song ist freilich sicherlich eine der besten "Hymnsof Hope", ob nun Weihnachten ansteht oder nicht. Besonders Christian Mews konnte hier wiederum den Soul in seiner Stimme bestens ausleben - es war durchaus ein Genuss, wenn auch der Vortrag noch engagierter hätte sein können. "Wie die Sonne" von Eberhard Rink und "Father" von Tore W. Aas beschlossen das hörenswerte, qualitativ sehr bemerkenswerte und ansprechende Konzert; zum Abschluss wurde noch das Mottolied als Zugabe intoniert, mit dem das Konzert insgesamt überschrieben war: "Da berühren sich Himmel und Erde". Wie bereits betont, überzeugten alle Musikerinnen und Musiker dieses professionellen Ensembles; aber eine besondere Erwähnung verdient noch Schlagzeuger Peter Weissink, dessen Virtuosität höchst bewunderswert war: Mit allen vier Extremitäten nicht selten unterschiedliche Rhythmen spielend... was soll man da noch sagen?

Angesichts dieser Güte erscheint nur etwas bedauerlich, dass das Konzert nicht stärker beworben wurde, so war die Zuhörerschaft zwar nicht zu klein, aber es gab doch noch viel Platz in den Kirchenbänken.