„Die Musik ist für mich der schönste Beruf“ – KamenWeb.de im Interview mit Johannes Oerding
Kamen. Johannes Oering war der Hauptact der gestrigen Antenne Unna Altstadtparty (17.0
6.2017). Mit Marie Fuhr hat er vor seinem Auftritt über seine Kindheit am Niederrhein gesprochen, das neue Album und sein Können in Ruhrgebietsdeutsch unter Beweis gestellt.KamenWeb.de: Johannes, du bist ja in NRW ausgewachsen, hattest du vorher schon mal etwas von Kamen gehört?
Johannes Oerding: Ja, ich kenne Kamen natürlich. Und nicht nur vom Kamener Kreuz. Aber ich war noch hier, als Jugendliche waren wir manchmal im westlichen Ruhrgebiet unterwegs, aber nie hier. Höchstens mal zum Fußballspiel nach Dortmund.
KW: Der Song „Hundert Leben“ spricht vermutlich vielen Kamenern aus dem Herzen. Für die Menschen hier ist Kamen ja die Stadt, in der sie aufgewachsen sind. Darum geht es auch in deinem Song. Wie hast du deine Kindheit in einer Kleinstadt empfunden?
JO: Es war schon fast ein Dorf, 2000 Einwohner. Aber die nächste Kleinstadt hatte auch 45.000 Einwohner, fast so wie Kamen. Ich habe gerade noch gelesen, dass ihr aktuell 44.000 Einwohner habt. Und Herrmann Hupe ist der Bürgermeister.
KW: Sehr gut informiert!
JO: Und Kamen liegt 67 Meter über dem Meeresspiegel. Ich habe mich gut vorbereitet (lacht).
Aber für mich war es ein Glücksfall auf dem Land aufzuwachsen, denn ich finde, dass die Werte dort eine gute Grundausbildung für das Erwachsenwerden sind. Das hat mir auch für meine Zeit jetzt in der Großstadt sehr gut getan.
KW: Du wohnst ja in Hamburg. Könntest du dir vorstellen, die Großstadt irgendwann Richtung Kleinstadt zu verlassen?
JO: Im Moment ist das richtig weit weg, muss ich sagen. Mein Beruf bedingt natürlich auch, dass man am Puls der Zeit ist, in der Großstadt, da wo die Bühnen sind und wo Anonymität herrscht. Einfach dass man immer wieder neuen Gesichter und Geschichten begegnet. Daher ist das momentan weit weg, aber ich habe niemals nie gesagt. Vielleicht im Alter, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen, wenn ich denn alt werde.
KW: Das neue Album „Kreise“ reißt auch neue Themen an, aber trotzdem ist noch der alte Stil erkennbar. Gilt das auch für dich? Vielleicht etwas erwachsener geworden aber trotzdem noch der Alte?
JO: Würde ich schon sagen. Zwangsläufig erwachsener, weil ich einfach zweieinhalb Jahre älter bin und so viel passiert ist. Nicht nur privat und beruflich, sondern auch global. Das trägt dazu bei, dass man viel mehr nachdenkt und dass ist dann der Nährboden neuer Inspiration für mich. Nicht nur um über sein Innerstes zu singen, sondern auch über Themen, die die Menschen insgesamt berühren könnten.
KW: In deinem Song „Einfach nur weg“ hast du erzählt, wo du gerne mal hinmöchtest und du noch nie irgendwo in Afrika oder New York gewesen bist. Inzwischen mal dort gewesen?
JO: Ja, ich war tatsächlich in Südafrika und New York, das habe ich nachgeholt (schmunzelt). Alle Orte, die ich in dem Song besinge, habe ich jetzt abgegrast. Als ich den Song geschrieben habe, war das noch nicht der Fall.
KW: Wie hörst du heute eigentlich Musik? Bist du nur noch auf Streamingdiensten unterwegs oder kaufst du dir auch noch gerne eine Schallplatte?
JO: Ich bin ein kompletter Mix des Ganzen, ich bin sowohl mit CDs und Kassetten aufgewachsen, aber inzwischen habe ich natürlich auch Downloads und streame. Kassette höre ich nicht mehr, aber CDs noch im Auto. Und ich habe mein aktuelles Album zum ersten Mal auch auf Vinyl rausgebracht. Das ist schon etwas Besonderes, weil man etwas in der Hand hat. Das gibt meiner Meinung nach auch den Wert von Musik wieder, das kommt mir bei den Streams etwas zu kurz. Ich bin mir nicht sicher, wie die Musiker, gerade die kleineren, später damit Geld verdienen sollen und ob man die Qualität der Musik damit aufrechterhalten kann.
KW: Experimentierst du gerne mit anderen Musikgenres? Auf deinem Instagram Account hast du ein Video gepostet, auf dem du gerappt hast, macht dir das Spaß?
JO: Ja und schreibe gerne mit Musikern aus anderen Musikstilen. „Weiße Tauben“ habe ich mit Samy Deluxe zusammengeschrieben. Ich bin auf gar keinen Fall ein Rapper, aber ich finde es auch mal gut, um eine andere Farbe von sich zu zeigen.
KW: Du bist ja ziemlich aktiv bei Instagram und Facebook unterwegs, wie wichtig sind die Sozialen Medien für dich und die Musikbranche allgemein?
JO: Für mich ist das beruflich sehr wichtig. Ich versuche immer etwas zu posten, was eine unterhaltsame Form hat, ansonsten versuche ich mein Privatleben da so gut es geht rauszuhalten. Aber Fakt ist, dass Social Media ein wichtiges Tool für alle Musiker geworden ist und ich nutze es sehr gern, da man so sehr viele Menschen erreichen kann.
KW: Da wir hier im Ruhrgebiet sind, wollen wir doch mal testen, wie gut du dich mit der Sprache hier auskennst und ob du die folgenden Ruhrgebietswörter übersetzen kannst.
JO: Ein bisschen kenne ich mich tatsächlich aus (lacht).
KW: Was bedeutet denn „Killefit“?
JO: Killefit ist eine Kleinigkeit.
KW: Richtig, und „käbbeln“?
JO: Sich streiten.
KW: Gut und eine „Mantaplatte“?
JO: Pommes Currywurst... Rot Weiß!
KW: Was ist ein „Kawenzmann“?
JO: So ein richtiger Oschi (lacht). Kann auch ein großer Fisch sein. „Boar, der Kawenzmann, hömma!“
KW: Letztes Wort: Sperenzkes.
JO: Ja, also „mach hier keine Sperenzkes“ heißt... Ähm... Es ist eigentlich so etwas wie... Mach dich mal nicht so wichtig, oder... Mach keine Zicken?
KW: Die offizielle Bedeutung ist: Unnötige Scherze.
JO: Ah ja, war ja nicht schlecht. Ich komme ja nicht weit weg vom Ruhrgebiet. Ihr habt ja auch so ein paar typische Sachen wie „hommäker“. Oder „tu ich ma“ (lacht).
KW: Die Antenne Unna Altstadtparty gibt es in der Form jetzt seit 5 Jahren, wo siehst du dich in 5 Jahren? Eigentlich müsste es bis dahin ja ein Nummer 1 Album geben. Das aktuelle hat es auf Platz 2 geschafft, die beiden davor auf die Plätze 3 und 4. Bald also Platz 1?
JO: Der Druck steigt auf jeden Fall (lacht). Ich habe nie so weit im Voraus geplant und das ist auch schwierig in der Musik. Ich hoffe, dass ich in 5 Jahren immer noch Musik mache, regelmäßig meine Alben rausbringe und die Konzerte hoffentlich noch größer werden. Es ist für mich der schönste Beruf, den es gibt. Ich wüsste nicht, was ich sonst machen sollte.
KW: So, der Auftritt steht kurz bevor, gibt es vorher noch ein besonderes Ritual?
JO: Ja, wir trinken alle Ramazzotti mit der Band. Das haben wir vor 10 Jahren etabliert und dann gibt’s eine kleine Rede von mir und dann geht’s los.
KW: Dann viel Spaß beim Ramazzotti trinken und einen schönen Auftritt.
JO: Dankeschön.
Archiv: Johannes Oerding rockt die Antenne Unna Altstadtparty auf dem Kamener Markt