Kraftvoll, warm und professionell: Mozarts Requiem in der Pauluskirche

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Paulus1118agKraftvoll, warm und professionell: Mozarts Requiem in der Pauluskirche. Foto: Christoph Volkmer für KamenWeb.de

von Dr. Götz Loos

Kamen. Die Grenzen zwischen den Konfessionen sind in der Kirchenmusik längst überwunden. Die katholischen Requien mit ihren lateinischen Texten sind ebenso in den evangelischen Kirchenkonzerten zu finden wie Bachs Orgelmusik in der katholischen Kirche. Trotzdem wird Mozarts Requiem generell eher auf dem Konzertpodium geboten als in der Kirche. Dass sich die Chöre der Kamener Evangelischen Kirchengemeinde daran gewagt haben, ist erfreulich - die ungeheure Professionalität, die sich Evangelische Kantorei und Evangelischer Kammerchor hier schon seit Jahren erarbeitet haben, ließen ohnehin Gutes erwarten. Gemeinsam musizierten am Samstag in der Pauluskirche beide Chöre mit der Neuen Philharmonie Westfalen sowie den Solisten Antje Bischof (Sopran), Silke Weisheit (Alt), Johannes Klüser (Tenor) und Gustav Muthmann (Bass). Die Leitung hatte Kirsten Schweimler-Kreienbrink, welcher - das sei hier einmal deutlich und schon vorab betont - ganz wesentlich die Qualitätserreichung der Ensembles der Evangelischen Kirchengemeinde zu verdanken ist.

Vor dem Requiem doch noch eine elegische, herzanrührende Komposition Paul Hindemiths: Seine Trauermusik für Viola und Streichorchester von 1936. Die dunklen Klangfarben des Werkes gleiten nicht in die Verzweifelung ab, sondern bringen eher eine leise Melancholie und auch die Partien im 12/8-Takt sind im Zeitmaß zurückgenommen. Viola-Solist Eric Quirante Kneba harmonierte perfekt mit dem Orchester, seinem Orchester, wo er sonst zu den Viola-Solisten des Klangkörpers gehört. Allein dieses kleine Werk war schon meisterhaft in der Ausführung.

Danach kam aber die Stunde des Gesangs: Mozarts Requiem, eigentlich unvollendet und in dieser Form von seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr fertiggestellt. Mozart und Süßmayr orientierten sich in Vielem an Händels Oratorien, auch bediente man sich teilweise auch an Melodiepartien seines "Messias". Das hat dieser tragischsten Komposition Mozarts keinen Schaden getan. Die Frage ist nun, wie diese Interpretation gelang... Dazu können zwei Schlagworte eingebracht werden: Kraftvoll und warm! Das Requiem wird vom Gesang bestimmt, verlangt außerordentlich ausdrucks-, dynamik- und rhythmikstarke Vorträge, dann wieder sanft-verhaltene Abschnitte. Das gelang sowohl den Solistinnen und Solisten, auch im Quartett bestens abgestimmt - wie auch der Chorgemeinschaft. Zu keinem Zeitpunkt wirkte der Gesang hinsichtlich der oben genannten Aspekte unangemessen. Stattdessen gelang es allen vier Stimmlagen in gleichwertiger Stärke den Anforderungen gerecht zu werden - kraftvoll insgesamt, jedenfalls keine Stimme zu irgendeinem Zeitpunkt kraftlos. Zwei Abschnitte seien herausgehoben: Im "Rex tremendae" ist ein staffelartiger oder besser Schichten erzeugender Effekt für die Stimmgruppen im Chor eingebaut, wodurch ein einzigartiger Raumklang erzeugt wird - kam hier optimal heraus! Zweitens: Das "Lacrimosa" gehört zu den auch gelegentlich aus dem Requiem-Kontext herausgenommenen Chorstücken - deshalb darf es nicht zu süßlich herauskommen, sondern verlangt nach angemessener Zurückhaltung: war hier bestens gelöst Und was die Wärme anbelangt: So ausgeglichen waren die Chorstimmen, dass Über- und Ausschläge vermieden wurden, selbst im "Dies irae". Dies erzeugte nahezu eine meditative Stimmung; ist aber zugleich Ausdruck einer professionellen Vorbereitung. Wenn man schließlich das Verhältnis Anspruch versus Erfüllung diskutieren möchte, das sich ergibt, weil zahlreiche Aufführungen durch prominente Orchester, Dirigenten usw. existieren, so sei hier als Fazit gezogen, dass diese Aufführung keine falsche Bescheidenheit eingehen muss: Sie kann sich in das professionelle Level einreihen.