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Musikkritik: Ein besonderes Passionskonzert: Sascha Möllmann spielt in Asselner Lutherkirche

am . Veröffentlicht in Musik

von Dr. Götz Loos

Kamen / Dortmund. Passionsmusik von Bach zu hören, ist im Moment nicht schwierig. Dabei gibt es auch geistliche Passionswerke anderer Komponisten, deren Breitenwirkung aber gering ist, weil sie zu wenig aufgeführt oder in den Medien präsentiert werden. Einen anderen Weg ging am Sonntag der Methleraner Musiker Sascha Möllmann, der für die Kirchenmusik in der Lutherkirche in Dortmund-Asseln zuständig ist. Seine Programme sind schon dafür bekannt, dass sie geistliche und weltliche Werke miteinander verbinden - bei einer dem Anlass angemessenen Auswahl, aber nicht nur konventionellen Wegen folgen. Durch den kurzfristigen Ausfall einer Sängerin ergab sich dieses Mal die besondere Herausforderung, dass das Programm noch kurz vor dem Konzert umgestrickt werden musste. Davon war aber bei der Umsetzung nichts zu merken. Sascha Möllmann spielte souverän und die Mezzosopranistin Simone Asua-Honert sang mit weicher, aber starker Stimme optimal. Einmal mit den Arien angefangen: Vivaldis "Domine Deus" und Pergolesis "Quae moerebat" aus seinem Stabat Mater waren für mich nicht so aufregend, weil sie nicht in barocknaher Aufführungspraxis interpretiert waren. Hingegen regelrecht hin- und mitreißend das "Inflammatus" aus Dvořáks Stabat Mater - die starke Stimme konnte hier ihre Fülle voll auskosten. Das "Agnus Dei" aus Mozarts Krönungsmesse war mir etwas "zuviel Mozart", sein Komponierstandard - ein Umstand, für den die Interpretierenden aber nichts können: sie holten Bestes heraus! Bei allen Gesangsstücken begleitete Sascha Möllmann am Klavier. Dessen Virtuosität wurde aber erst bei den rein instrumentalen Werken deutlich, die er am Flügel interpretierte. Da war zuerst das Andante aud Bachs Italienischem Konzert - eher romantisch gespielt, aber sehr berührend. Zu Richard Strauss' seltenen Klavierwerken zählen seine 5 Klavierstücke op. 3, von denen das Largo zu Gehör kam - emotional sehr eindrücklich. Ganz unkonventionell dann zwei Teile aus der "Ángel"-Suite von Astor Piazzolla. Sascha Möllmann vollführte auf dem Klavier Höchstleistungen mit Piazzollas Bandoneon-geführten Harmonien - schier unglaublich! Meine zwei Favoriten kamen aber noch: eine Klaviertranskription des "Agnus Dei" aus Faurés Requiem - einem Lieblingswerk von mir. Emile Naoumoff hatte bei der Transkription das Wunder vollbracht, den vielschichtigen Chor- und Orchesterklang in der Zweihändigkeit einzufangen - und Möllmann schaffte es, die tief bewegenden, ja erschütternden Melodien in Ausdruck, Tempo und Dynamik ideal anzupassen. Schließlich trug Sascha Möllmann noch ein ganz besonderes Highlight vor: Er hatte "Moonlight at sea" auf das Programm gesetzt, ein Werk des hierzulande wenig beachteten britischen Komponisten Alec Rowley - ein sehr einfühlsames romantisch-musikalisches Gemälde, das von Möllmann feierlich und sanft gespielt wurde. Für die Orgel blieb dann leider nur ein Werk, aber auch das ein ganz Außerordentliches: Mendelssohns Orgelsonaten-Fragment in d, von dem nur eine Partiturenseite überliefert ist, auf dessen Grundlage Rudolf Lutz aber im Originalstil die Sonate "fertig" komponiert hatte. Der Clou aber bei Möllmanns Interpretation: etwa nach der Hälfte des Werkes improvisierte er frei bis zum Ende - unter Zuhilfenahme eines breiten Klangspektrums der Stimmen der Furtwängler & Hammer-Orgel wurde dies ein mächtiges Akkord- und Melodienfest! Als Zugabe spielte er dann noch im Gedenken an einen unlängst verstorbenen Mentor aus der Klaviertranskription von Faurés Requiem das "In paradisum" - wiederum in originalnaher Umsetzung, mit großem Feingefühl, so dass es ein sehr ergreifendes Konzertende wurde. Programm und Interpretationen überzeugten insgesamt sehr und machten dieses Konzert wieder einmal einmalig.