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"Serenade mit Mozart" - Abschluss am Abend nach dem längsten Tag

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Musik

9. Konzert der Sinfonischen Reihe der Neuen Philharmonie Westfalen

von Dr. Götz Loos

Musik Datei176696959 Urheber abstract fotoliaDatei: #176696959 | Urheber: abstract | fotolia.comKamen. Das passte. Ein Serenadenkonzertabend nach dem längsten Tag des Jahres - quasi ein Einläuten, dass die Abende wieder länger werden. Und zwei dermaßen unterschiedliche Serenaden in einem Konzert unterzubringen, war mutig und spannend, nicht nur wegen der unterschiedlichen Epochen, aus denen sie stammen. Aber so stimmte auch die Zweiteilung des Konzertes in jedem Fall.

Der erste Teil umfasste Werke von Benjamin Britten bzw. eine Bearbeitung und seine bekannte Serenade. Die Bearbeitung betraf Henry Purcells Chaconne g-moll Z. 730. Britten hatte das barocke Werk für Streichorchester arrangiert - eine von mehreren Purcell-Bearbeitungen Brittens. Brillant in der Ausführung, gelang der Neuen Philharmonie Westfalen unter ihrem Chef Rasmus Baumann eine angemessene, beschwingte Interpretation.

Es folgte Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher op. 31, eines der populärsten Werke des Komponisten. Abend und Nacht werden durch Vertonungen sechs sehr unterschiedlicher Gedichte aus verschiedenen Zeiten (vom 15. bis 19. Jahrhundert) nahegebracht, vom Schattenspiel des Sonnenuntergangs, dem Untergang des Tages mit Todesgedanken, malerischer Metaphern der Nacht bis hin zur Milde der Nacht, bei der aber dennoch zermürbende Gedanken des Tages da sind, die durch Schlaf gedrosselt werden sollen. Der Tiefgang der Gedichte verweist letztlich immer auf Abgründe der Seele. Das Nocturne (zweiter Satz) gehört zu meinen Lieblingswerken, so dass ich besonders genau hinhörte - und in keiner Weise enttäuscht wurde. Wie übrigens von der ganzen Interpretation; das Orchester fand wirklich einen glänzenden Klang, die Solisten Adam Temple-Smith (Tenor) und Rodrigo Ortiz Serrano (Natur- und Ventilhorn) fanden in der Verwobenheit ihrer Parts, in der Melancholie der gesamten Teile und in der Ausdrucksstärke haargenau den passenden Ton. So brauchte ich einige Sammlung, um danach wieder klare Gedanken fassen zu können. Vorträgen, die so etwas bewirken, kann man nur die höchste Meisterschaft zuerkennen.

Nach der Pause dann Mozarts Serenade Nr. 9 D-Dur KV 320 mit dem Beinamen "Posthorn". Das Posthorn taucht zwar erst und einzig im vorletzten Satz, dem zweiten Minuetto, auf - aber wie so oft wird dann ein wenn auch noch so kleines Alleinstellungsmerkmal zur Kennzeichnung des gesamten Werkes verwendet. Und das vorweg: der zurückgenommene, nicht zu schmetternde Vortrag des Posthorns war sehr überraschend angenehm. Ansonsten ist diese letzte Salzburger Serenade Mozarts insgesamt eine festliche Angelegenheit und beweist eine musikalische Reife des Komponisten. Sicher, der mit modernen Instrumenten zu perfekte, zu geschliffene, zu... "mozartige" Mozart erscheint in einigen der sieben Sätze auch wieder, allerdings überrascht er hier mit sehr gegensätzlichen, teilweise neuen Einfällen.

So verwundert - sofern man das Werk nicht kennt - in positivem Sinne die Ausgestaltung von Soloparts der Holzbläser bis hin zu einem kurzen, vergnüglich hoch angelegten Piccolosolo im zweiten Minuetto, erstes Trio (gewissermaßen ein Gegenpart zum Posthornsolo im zweiten Trio). Zudem erscheinen etwas schräge Triller sowie schier zeitlose Melodien, kurz und wie selbstverständlich eingefügt in die mozarttypischen Elemente - nicht zu vergessen die fast übertrieben eingesetzten "Mannheimer Raketen" im ersten Satz. Dirigent und Orchester agierten mit sichtlichem Vergnügen. Zwar schien es bei den ersten Takten, dass man sich erst einfinden musste, danach jedoch eine Interpretation ohne Abstriche; bei den kritischen Stellen genau hingehört - perfekt! Geboten wurde ganz zweifellos ein bestens gelungener Saisonabschluss.